Der Fotograf
Nachruf fand.
Er las: »Es trauern ihre Eltern, ein jüngerer Bruder, Michael, eine Tante, Mercedes Barren aus Miami Beach, und eine Reihe Cousins und Cousinen. Statt Blumen bittet die Familie um Spenden an die Cousteau-Gesellschaft.«
Auch diesen Artikel las er noch einmal.
Das erklärt einiges, dachte er.
Ihm kam noch ein Gedanke. Er kehrte zu der Bibliothekarin an der Theke zurück und händigte ihr den Mikrofilm aus. »Ist es möglich«, fragte er lächelnd, »herauszufinden, ob es irgendwelche nachfolgenden Artikel zu einem Thema gibt? Ich meine, könnte ich Ihnen einen Namen geben, und Sie könnten überprüfen, ob es dazu spätere Artikel gibt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wenn wir ein Zeitungsarchiv wären, dann natürlich schon. Da wird das Material so geordnet. Das wäre einfach. Aber wir verfügen nicht über solche Computerprogramme. Die
Times
stellt einen jährlichen Index zu ihren Berichten zusammen, aber der diesjährige ist noch nicht veröffentlicht. Wofür interessieren Sie sich speziell?«
Er zuckte die Achseln und beschloss, zu einer der örtlichen Zeitungen hinüberzufahren und sich irgendwie Zugang zum Archiv zu verschaffen. »Ach, nicht so wichtig«, sagte er. »Nur ein Verbrechen unten in Florida.«
»Welches?«, fragte die Bibliothekarin.
»Jemand, den sie den Campus-Killer nennen.«
»Ach so«, erwiderte sie lächelnd. »Den Kerl haben sie geschnappt. Ich weiß noch, dass ich das in den Nachrichten gesehen habe.« Sie verzog das Gesicht. »Ein echter Mistkerl. Fast so schlimm wie dieser Bundy.«
»Geschnappt?«
»Ja, letzten Herbst. Ich weiß das so genau, weil meine Schwester an die University of South Florida wollte und es sich daraufhin anders überlegt hat. Als sie den Kerl verhaftet hatten,wollte sie dann doch wieder hin. Er ist ins Kittchen gewandert.«
Martin Jeffers brauchte noch eine halbe Stunde, bis er den kurzen Artikel zur Verhaftung von Sadegh Rhotzbadegh in der
New York Times
fand, außerdem etwas längere Versionen in den beiden Blättern von Trenton. Er las sie sorgfältig durch und prägte sich die Fakten ein. Anschließend machte er sich Fotokopien.
Er bedankte sich überschwenglich bei der jungen Frau. Sie schien enttäuscht zu sein, dass er sie nicht nach ihrer Telefonnummer fragte. Er legte ein blasses Lächeln auf und versuchte ihr mit einem Blick zu sagen, dass er nie Frauen um ihre Telefonnummer bat, was der Wahrheit entsprach. Dann ließ er seinen Gedanken freien Lauf und vergaß augenblicklich den enttäuschten Ausdruck im Gesicht des Mädchens. Stattdessen ordnete er seine Gedanken und versuchte, seinen nächsten Schritt zu planen, zu verarbeiten, was er erfahren hatte, und die Frage zu beantworten, weshalb die Tante eines Mordopfers in einem aufgeklärten Fall bei ihm auftauchte, um mit ihm über seinen Bruder zu sprechen.
Er wusste, dass er normalerweise hätte empört reagieren müssen. Er hätte schreien können: Wieso belästigst du mich? Was soll das Ganze? Was habe ich mit diesem Verbrechen zu schaffen? Wer betreut den Fall?
Aber er wusste, dass er sie nicht zur Rede stellen würde.
Er sah sich die Fotokopien an. CAMPUS-KILLER IN MIAMI FESTGENOMMEN: ANKLAGE WEGEN MEHRFA CHEN MORDES. Sie haben den Mann geschnappt, dachte er. Was also hat Doug damit zu tun?
Er weigerte sich, seine Frage zu beantworten. Stattdessen kroch Angst in ihm hoch, ein unbehagliches, mulmiges Gefühl. Eigentlich hätte er sich über seine Funde freuen sollen,doch es kam keine Entspannung auf. Vielmehr wuchs seine Nervosität. Überall schienen Gefahren auf ihn zu lauern und ihn zu erdrücken, als ob jeder Schritt, jede Bewegung beträchtliche Risiken barg.
Er eilte zu seinem Wagen zurück und dachte: Es wird Zeit, die Kripofrau abzuschütteln. Er wusste, dass keine zwingende Notwendigkeit dafür bestand, außer dem dringenden Bedürfnis, mit seiner Angst allein zu sein. Er wollte nicht, dass sie ihn beobachtete. Er musste ganz und gar allein sein.
Er bog rasch in die Broad Street ein, dann wieder scharf links und gleich wieder rechts, die Perry entlang, am Redaktionshaus der
Trenton Times
vorbei. Auf der Zufahrt zur Route I gab er Gas, um gleich darauf die Ausfahrt zur Olden Avenue zu nehmen. Am Ende der Ausfahrt machte er eine unerlaubte Kehrtwende und fuhr denselben Weg zurück, den er gerade gekommen war. In dem Moment glaubte er, die Polizistin im dichten Verkehr zu entdecken, und er drückte noch einmal aufs Tempo.
Martin Jeffers versuchte, seine Gefühle zu
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