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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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waren so etwas wie Papiertaschentücher im Drogengeschäft: Sie wurden ein paarmal in Gebrauch genommen und dann entsorgt.
    Ihr Blick wanderte an dem Killer vorbei zur Rückseite des Gerichtssaals, wo eben Lieutenant Burns eintrat. Einen Moment lang brachte sie ihn mit dem laufenden Mordprozess in Verbindung, doch dann sah sie, wie er ihr heimlich den Siegesdaumen zeigte.
    Ihre Phantasie machte Bocksprünge.
    Sie sah, wie der Lieutenant den Mittelgang des Gerichtssaals entlang nach vorne kam, sich über die Schranke lehnte und einem gelangweilt dreinschauenden Staatsanwalt ein paar Worte zuflüsterte. Der saß augenblicklich senkrecht, drehte sich auf seinem Sessel herum und stand auf.
    Detective Barren sah den Lieutenant gespannt an und erhielt ein verhaltenes Lächeln zurück – ein Zucken um die Mundwinkel, nicht mehr.
    »Euer Ehren«, meldete sich der junge Staatsanwalt, »können wir kurz zur Beratung vortreten?«
    »Ist es wichtig?«, fragte der Richter zurück.
    »Ich glaube ja«, erklärte der Staatsanwalt.
    Der Verteidiger, der Gerichtsstenograph und der Staatsanwalt begaben sich auf die andere Seite der Richterschranke, wo die Geschworenen sie nicht hören konnten.
    Sie besprachen sich einen Moment, dann kehrten die drei zu ihren Plätzen zurück. Der Richter wandte sich an die Geschworenen.
    »Die Verhandlung wird kurz unterbrochen; danach wird die Staatsanwaltschaft den nächsten Zeugen vorladen.« Er sah Detective Barren an. »Detective, offenbar werden Ihre Dienste anderweitig benötigt. Sie sind auf Abruf, vergessen Sie also bitte nicht, dass Sie weiterhin unter Eid stehen.«
    Detective Barren nickte. Sie schluckte.
    Der Richter runzelte die Stirn. »Detective, der Stenograph kann ein Kopfnicken nicht ins Protokoll aufnehmen.«
    »Ja, Euer Ehren, unter Eid, ich verstehe.«
    Detective Barren und der Lieutenant verließen zügig den Saal. Auf dem Weg durch die Eingangshalle und einen Metalldetektor sagte der Lieutenant: »Sie haben den Kerl vor ungefähr anderthalb Stunden kassiert. Sie verhören ihn derzeit im Morddezernat. Sie stellen sein Haus auf den Kopf und filzen sein Auto. Durchsuchungsbefehl haben wir heute Morgen bekommen. Da waren Sie wahrscheinlich gerade auf dem Weg ins Gericht. Wir haben versucht, Sie zu erreichen, aber Sie saßen schon im Zeugenstand. Deshalb bin ich selbst hergekommen, um Sie zu holen.«
    Detective Barren nickte.
    Die beiden eilten aus dem Gebäude. Es herrschte der Herbst von Florida, das heißt, die drückende Sommerhitze hatte einwenig nachgelassen. Die Flaggen vor dem Gerichtsgebäude flatterten in der milden Brise.
    »Wieso haben sie zugeschlagen?«
    »Sie beschatten den Typen seit einer Weile. Ein Beamter hat gestern Nacht beobachtet, wie der Mistkerl in einem rund um die Uhr geöffneten Kaufhaus zwei Damenstrumpfhosen gekauft hat. Die hat er an der University of Miami zusammen mit einem Schlosserhammer in ein Schließfach gepackt.«
    »Was ist er für einer?«
    »Ausländer und ziemlich irre. Araber oder so. Eine Art ewiger Student, hab ich mir sagen lassen. Hat sich außerdem unter verschiedenen Namen eingeschrieben. Sicher wissen wir bald mehr.« An der Tür eines Zivilfahrzeugs blieb der Lieutenant stehen. »Wollen Sie lieber bei der Vernehmung des Knaben oder bei der Durchsuchung seiner Wohnung dabei sein?«
    Sie überlegte einen Moment.
    »Machen wir erst mal einen Abstecher zu ihm nach Hause und fahren dann zum Dezernat hinüber.«
    »Geht klar.«
    Auf dem Weg zum Haus des Tatverdächtigen rauschte die Stadt an der Windschutzscheibe vorbei. Der Lieutenant fuhr schnell und schweigend. Detective Barren versuchte, sich den Festgenommenen vorzustellen, doch es wollte ihr nicht gelingen.
    Sie schimpfte mit sich; gute Polizeiarbeit setzte voraus, dass Verdacht und Schlussfolgerungen sich auf Fakten stützten. Sie wusste nichts über diesen Mann. Warte. Lass dir nichts entgehen. Sammle Informationen. Auf diese Weise würde sie ihn kennenlernen. Der Lieutenant drosselte das Tempo und nahm die Ausfahrt zum Flughafen, um jedoch ein paar Häuserblocks davor in eine unscheinbare Straße abzubiegen.Kleine Schlackensteinhäuser beherrschten das Viertel, in dem vornehmlich lateinamerikanische und schwarze Familien wohnten. Es gab viele Maschendrahtzäune und große Hunde, die dahinter patrouillierten. Das gehörte zur urbanen Normalität: Die größten Hunde wurden in den Randbezirken gehalten, in den Arbeitergegenden, in denen beide Eltern berufstätig waren und ihr Heim

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