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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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Tauschgeschäft mit Frontini, das Gespräch mit Tano Casale, die Nachricht von dem Massaker, die Ankunft der Polizei.
    Viele Dinge, wenig Zeit. Die immer weniger wird, steht zu befürchten.
    Ich komme an einem Kiosk vorbei, der soeben schließt. Die Tageszeitungen hat man den Leuten heute vermutlich aus den Händen gerissen. Ich kaufe eines der letzten Exemplare von »La Notte«, die praktisch vollständig dem ›Blutbad von Lesmo‹ gewidmet ist, wie die erste Seite titelt. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass ich niemanden dort kenne, lasse ich mich in einem Restaurant nieder. Ich habe keine Lust auf den Unsinn, den Personen eines bestimmten Typs verzapfen, wenn sie auf interessant oder witzig machen wollen.
    Während ich auf den Kellner warte, schlage ich die Zeitung auf. Der Artikel lässt mehr Fragen offen, als er beantwortet, was darauf hindeutet, dass der Journalist etliche Verrenkungen gemacht haben muss, um mit seinen wenigen Informationen etwas anzustellen. Informationen, die vor allem in den Namen der Opfer bestehen. Lorenzo Bonifaci, Finanzier, Mattia Sangiorgi, christdemokratischer Abgeordneter, Ercole Soderini, Bauunternehmer, jeweils mit Archivbild.
    Dann folgen die Namen der drei Mädchen. Nach wie vor fehlt der von Carla. Ich bewundere die Fähigkeit des Journalisten, so zu schreiben, dass der Fantasie des Lesers zu der Frage, was die Anwesenheit von drei Männern und drei Frauen zu bedeuten haben könnte, Tür und Tor geöffnet werden, ohne dass irgendeine Behauptung eine Klage rechtfertigen würde.
    Wenige Worte über die Sicherheitsleute, die nicht einmal namentlich genannt werden. Vielleicht aus Nachlässigkeit, vielleicht aber auch, um sie nicht in diesen ganzen Schmutz mit hineinzuziehen.
    Viel Platz räumt der Artikel Überlegungen dazu ein, was Italien im Moment durchmacht, wobei er unter anderem die Frage aufwirft, ob es eine Verbindung zwischen dieser erneuten Bluttat und der Entführung von Aldo Moro und dem Prozess gegen Curcio und Konsorten geben könnte. Denn bislang hat sich noch niemand zu der Tat bekannt.
    Hätte es jemand getan, und hätte dieses Verbrechen erklärtermaßen unter terroristischen Vorzeichen gestanden, dann wäre ich nicht so schnell aus dem Kommissariat herausgekommen. Staatsfeinden gegenüber haben die polizeilichen Gepflogenheiten die Tendenz, sich nicht allzu sehr an Regeln und Prozeduren zu halten.
    Ich sitze in dem Restaurant, denke nach und lese den Artikel noch ein paar Mal, als könnten sich die Tatsachen dadurch verändern. Das, was ich esse, ist von akzeptabler Konsistenz, aber den Geschmack nehme ich nicht wahr. Zwei Fragen martern mein Gehirn.
    Warum Laura und nicht Carla?
    Warum ein Umschlag mit Zeitungspapier statt Geld?
    Eine Antwort bekomme ich nicht. Stattdessen bekomme ich die Rechnung, ohne dass ich darum gebeten hätte. Das Lokal schließt. Es ist keines von denen, die bis spät in die Nacht Essen und Gastfreundschaft anbieten, wie fast alle Restaurants in der Gegend.
    Ich finde mich auf der Straße wieder, wo sich nichts geändert hat, weder in mir drin noch um mich herum. Nur eine plötzliche Entschlossenheit ist hinzugekommen. Ich möchte die Sache aufklären, bevor es jemand anders tut und am Ende nicht die Wahrheit ans Licht kommt, sondern etwas, das die Wahrheit zu sein scheint.
    Ich gehe zum Taxistand. Dort steht eine Telefonzelle. Ich betrete sie, werfe eine Münze ein und wähle Daytonas Nummer. Um diese Uhrzeit könnte ich glatt Gefahr laufen, ihn zu Hause anzutreffen. Das Telefon klingelt lange, aber es nimmt niemand ab.
    Ich steige in ein Taxi und lasse mich zum Ascot Club fahren.
    Der Taxifahrer redet nicht, und ich halte ebenfalls den Mund: der perfekte Fahrer und der perfekte Fahrgast. Am Ziel lässt er mich heraus und sagt nichts als den Fahrpreis.
    Die Via Monte Rosa erlebt einen der üblichen verkehrsreichen Abende. Autos parken, und Frauen stehen am Straßenrand. Ich stelle mich unter einen Baum an der Ecke Via Tempesta, von wo ich sowohl den Eingang des Ascot als auch den der Costa Britain im Blick habe.
    Ich weiß nicht, wie lange ich warten muss, aber ich habe keine Lust, es in Begleitung irgendeines neugierigen Stammgasts zu tun. Mittlerweile würden alle wissen, was geschehen ist, und jene, die Laura, Cindy, Barbara und meine Beziehung zu ihnen kennen, würden alles tun, um Informationen aus erster Hand zu bekommen. Obwohl die Vorstellung erst um elf beginnt und man vorher wohl kaum jemandem begegnen dürfte, ziehe ich

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