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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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Rondano.«
    Ich halte ihr den Umschlag hin.
    »Hier, Signora Teresa. In diesem Umschlag sind die Papiere, von denen ich gesprochen habe. Sagen Sie Paolo, dass er unterschreiben soll, wo ich mit Bleistift ein Kreuzchen gemacht habe.«
    Sie wiederholt meine Worte, um sicherzustellen, dass sie richtig verstanden hat.
    »Unterschreiben, wo die Bleistiftkreuzchen sind.«
    »Genau. Danke, Signora.«
    Ich trete zurück, als wollte ich gehen. Dann bleibe ich stehen und ersticke ihren Abschiedsgruß im Ansatz, indem ich meine Hand hebe und auf die Uhr schaue. Ich setze das besorgte Gesicht einer Person auf, der etwas Wichtiges eingefallen ist.
    »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten, Signora?«
    »Ja?«
    »Ich muss jemanden anrufen, und das muss ich jetzt tun, sonst wird derjenige nicht mehr im Büro sein. Würden Sie mir erlauben, kurz zu telefonieren? Es ist auch kein Ferngespräch.«
    Menschen eines bestimmten Alters achten auf ihre Telefonkosten. Ich habe dieses Detail hinzugefügt, um sie zu beruhigen, dass die Sache sie nichts kosten wird.
    »Wenn es ein Ortsgespräch ist, gerne. Paolo bezahlt das Telefon für mich, und ich möchte nicht, dass er zu hohe Kosten hat.«
    Ich könnte ihr erzählen, dass ihr Sohn beim Spiel in fünf Stunden verliert, was sie in fünf Jahren an Pension bekommt. Das wäre aber eine sinnlose Gemeinheit und außerdem Zeitverschwendung. Manche Mythen lassen sich nicht zerstören.
    Signora Teresa bittet mich in einen Flur, der gemalt wirkt, so sauber ist er. In der Luft hängt ein Duft, der an Eukalyptusbonbons erinnert. Die Möbel glänzen, obwohl sie alt und vermutlich noch die aus ihrer Ehe sind. An den Wänden hängen billige Bilder, wie man sie auf Märkten kaufen oder bei Wohltätigkeitslotterien gewinnen kann. Über dem Telefon hängt ein Schulfoto von ihrem Sohn mit seinen Klassenkameraden. In das gehäkelte Passepartout ist ein Text eingestickt: Achte Klasse. Hätte ich gar nicht gedacht, dass Daytona es so weit gebracht hat. Als ich den Apparat sehe, seufze ich erleichtert auf. Es ist einer dieser schwarzen mit Wählscheibe, in die man den Finger steckt, um die Nummer zu wählen. Er steht auf einem nicht identifizierbaren Einrichtungsgegenstand mit zwei Fächern oben und zwei kleinen Türchen unten.
    Ich lege den Terminkalender in das untere Fach.
    Dann wähle ich meine Nummer zu Hause, fingiere ein angespanntes Gespräch mit einem nichtexistenten Kunden und hinterlasse auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht, bis ein piep das Ende der zugestandenen Zeit verkündet. Ich beende das Telefonat, als hätten mich die Worte meines Gesprächspartners in Schwierigkeiten gebracht.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, in zehn Minuten bin ich bei Ihnen. Piazzale Maciachini, nicht wahr?«
    Ich lasse Zeit für eine Antwort, die nicht kommen kann.
    »6, wunderbar. Wir sehen uns gleich.«
    Ich drehe mich zu der Signora um, die das Gespräch von der Küche aus mitverfolgt hat. Auf dem Küchentisch liegt klein geschnittenes und noch zu schneidendes Gemüse für eine Minestrone. Ein aufwendiges, aber gesundes und vor allem preisgünstiges Gericht. Ich spiele einen Mann, dem der Teufel im Nacken sitzt.
    »Geschafft. Ganz herzlichen Dank. Leider muss ich jetzt sofort verschwinden. Grüßen Sie Paolo von mir und sagen Sie ihm, er soll sich melden.«
    Sie tritt einen Schritt auf mich zu.
    »Machen Sie sich keine Mühe, ich kenne den Weg. Und danke noch einmal, Signora.«
    Ihr ›Auf Wiedersehen‹ erreicht mich, als ich schon am Ende des Flurs bin. Sie hat keine Ahnung, wie schnell sich dieser Abschiedsgruß als wahr erweisen wird. Wenn alles gutgeht, werden wir uns bereits in einer Viertelstunde wiedersehen.
    Ich schließe die Tür, verschwinde schleunigst und fürchte, sie könnte jederzeit die Tür wieder öffnen und mich zurückrufen. Zum Glück kommt es nicht dazu. Ich betrete die nächstbeste Bar, trinke einen Kaffee, rauche eine Zigarette und blättere im »Corriere della Sera«, der zusammen mit der »Gazzetta dello Sport« auf der Eistruhe liegt.
    Die Seiten sind übersät mit Schriftzeichen und Fotos. Sie alle sind dem gewidmet, was in einer reichen Behausung in Lesmo bei Monza passiert ist. Tatsachen und Unterstellungen, Geschichten von Personen, lächelnde Gesichter von schönen Mädchen, ernste Gesichter von Männern in offiziellen Zusammenhängen, Körper auf dem Boden, die Laken über den Körpern getränkt mit Blut, das vom Schwarzweiß in bloße Flecken verwandelt wird. Was auch immer man

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