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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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wenn sie sie nicht beiseitewischte.
    Zwei, drei Meter weit versuchte sie es im Vierfüßlergang. Doch dabei hatte sie Probleme mit dem Gleichgewicht. Also wieder auf die Knie und hoffen, dass sie die Richtung hielt und dass nicht zu viele Keime oder Bakterien im Dreck steckten. So war sie hauptsächlich damit beschäftigt, ihren Weg zu entschärfen und nicht an den astähnlichen Grundstock für ihre Fackel zu denken. Was ihr Ziel anging, verließ sie sich aufs Gehör. Marianne wurde lauter – ebenso das Plätschern in der nächsten Pause.
    Ihr Herz machte sich vor lauter Erwartung mit unangenehm dumpfen Schlägen bemerkbar. Und jeder Herzschlag pochte in den höllisch schmerzenden Knien. Sie biss die Zähne zusammen, bemühte sich, schneller zu räumen, um schneller kriechen zu können, und fluchte genervt: «Halt doch endlich mal deine Klappe, du blöde Tussi», als die Musik wieder einsetzte.
    Hinter dem Torbogen befand sich die Dusche. Sie hörte es, spürte es, je näher sie dem Graben kam. Den musste sie noch einmal überwinden, um die Quelle oder den Wasserfall zu erreichen und endlich trinken zu können. Ein Rinnsal war es bestimmt nicht. Das plätscherte ganz ordentlich dahinten.
    Aber zuerst kam der Graben, und an der Stelle, die sie erreichte, war er zu breit, um hinüberzusteigen. Und zu tief, um hinunter- und auf der anderen Seite wieder hinaufzuklettern. Sie warf zwei Steine, weil sie sich nicht sofort damit abfinden wollte, erneut ein Stück an der Kante entlangkriechen zu müssen. Aber was blieb ihr anderes übrig?
    Völlig auf das Plätschern ausgerichtet, schob sie sich vorwärts. Es war jetzt sogar während der Musik zu hören, sie musste auf gleicher Höhe mit dem Durchlass sein, streckte denlinken Arm zur Seite, tastete ins Leere. Keine gegenüberliegende Kante zu erreichen. Weiterkriechen, wieder tasten. Immer noch keine Kante. Weiterkriechen, noch ein Stück. Das Plätschern wurde schon wieder leiser. Kein Grund zur Verzweiflung. Jetzt wusste sie doch, wie sie ans Wasser kam. Irgendwo über den Graben und zurückkriechen. Sie könnte es gar nicht verfehlen, würde es hören. Nur die Knie mussten durchhalten.
    Ehe sie eine schmale Stelle am Graben erreichte, bemerkte sie auf der gegenüberliegenden Seite wieder das schwache grüne Glimmen und spürte eine Mischung aus Wut und Furcht. Dieser elende Mistkerl! Er stand wohl nicht unmittelbar am Graben, das Glimmen war weiter entfernt, aber doch näher als vorhin. Und sie musste an ihm vorbei.
    Automatisch tastete sie nach dem scharfkantigen Stein in ihrer Jackentasche und suchte am Boden einen, der leicht genug war, um ihn mit Schwung zu schleudern, und schwer genug, um Schaden anzurichten, wenn er ins Ziel traf. Das tat er kaum, vermutlich schlug er etliche Meter davor auf und jagte dem Mistkerl nicht mal einen kleinen Schrecken ein. Das Glimmen wackelte jedenfalls kein bisschen.
    Sie behielt es im Auge, während sie weiterkroch. Und für einen kurzen Moment sah sie auch etwas Rotes, es war winzig – wie kreisförmig angeordnete Nadelstiche. Infrarot, dachte sie. Der verfluchte Mistkerl hatte tatsächlich eine Infrarotkamera. Aber es brauchte nur eine kleine Bewegung, um die kreisförmigen Nadelstiche wieder aus dem Blick zu verlieren.
    Als ihr ein ekliger Geruch in die Nase stieg, lenkte der sie von dem grünen Glimmen ab. Sie näherte sich nicht etwa wieder der Stelle, an der sie sich Stunden zuvor entleert hatte. Zuerst roch es, wie der Mülleimer in der Küche im Hochsommer einmal gerochen hatte, nachdem sie ein mit Fleischsaft durchtränktes Einwickelpapier von Schnitzeln hineingeworfen undvergessen hatte, den Beutel sofort hinaus zur Tonne zu bringen. Dann wurde der Gestank so intensiv, dass er ihr Würgereiz verursachte.
    Sie atmete nur noch flach durch den Mund und bemühte sich, nicht darüber nachzudenken, was da so entsetzlich stank. Schwächer wurde der Geruch erst wieder, als ihre ausgestreckt suchenden Finger die gegenüberliegende Grabenkante ertasteten.
    Obwohl es keinen Anhaltspunkt gab, hätte sie geschworen, dass der Mistkerl sich währenddessen um keinen Zentimeter von der Stelle gerührt hatte. Er stand dahinten und erwartete sie.
    «Was dagegen, wenn ich mir einen Schluck Wasser hole?», rief sie dem grünen Glimmen zu.
    Keine Antwort, auch sonst keine Reaktion. Er tat so, als sei er ein Pfahl in der Landschaft oder eine Felsnadel in einer Höhlenkathedrale.
    «Dann lassen wir es eben darauf ankommen», murmelte sie und

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