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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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anzusteuern.
    «Würden Sie sich trotzdem auf einen Kaffee mit mir treffen? Es muss nicht gleich heute sein, aber viel Zeit habe ich leider nicht mehr. Ich muss den Artikel bald abliefern, sonst verliert Der Spiegel das Interesse. Wie wäre es morgen Nachmittag? Sagen wir vier Uhr, das ist eine gute Zeit für einen Kaffee, finden Sie nicht? Ich komme auch gerne zu Ihnen, wenn Sie es anders nicht einrichten können.»
    Das fehlte noch. Ehe sie ablehnen oder protestieren konnte, sprach er bereits weiter: «Sie haben mir gestern einen ganz anderen Blickwinkel eröffnet. Dieser Vergleich mit der Gemütslage von Hartz-I V-Empfängern war wirklich beeindruckend. Wer kommt schon auf die Idee, dass Leute, die von vielen beneidet werden, eigentlich zu bedauern sind? Aber wenn Sie seit Kindesbeinen mit Heidrun Merz befreundet waren, haben Sie Mona Thalmann bestimmt auch gut gekannt.»
    Nun wäre es höchste Zeit gewesen, die Sache mit der Freundschaft richtigzustellen, doch dazu kam Marlene vorerst nicht.Er ließ sie nicht zu Wort kommen, redete und redete, bis sie schließlich sagte: «Morgen ist Samstag. Da ist mein Mann zu Hause.»
    Das schreckte ihn nicht ab. Zwar sagte er in schuldbewusstem Ton: «Natürlich. Unsereins kennt kein Wochenende, da vergisst man schon mal, dass andere Leute ein Familienleben haben. Aber ich halte Sie nicht lange auf, versprochen. Ein Stündchen, dann bin ich wieder weg.»
    «Nein», sagte Marlene. «Morgen geht es wirklich nicht. Wir haben einiges zu erledigen und sind nicht da. Ich kann Ihnen auch gar nichts über Mona Thalmann erzählen, weil ich nicht mit Heidrun Merz befreundet war. Das war ein Missverständnis. Ich bin mit der Buchhändlerin   …»
    Er lachte wieder und unterbrach sie damit: «Ein Missverständnis? Über volle drei Stunden? Und das soll ich Ihnen jetzt glauben?» Sein Ton bekam etwas Gönnerhaftes: «Frau Weißkirchen, ich bitte Sie!» Mit dem nächsten Satz bestimmte er, wie sie es von Werner gewohnt war: «Wir sollten uns doch heute noch treffen. Bis morgen haben Sie Ihren Mann instruiert, dann bestätigt der das Missverständnis. Jetzt geben Sie sich einen Ruck.»
    Den Ruck hatte er ihr mit seinen Worten schon gegeben. Volle drei Stunden! Er hatte also die ganze Sendung gehört! Auch die letzten dreißig Minuten, in denen sie behauptet hatte, er hätte sie auf dem Parkplatz nach dem Laborergebnis gefragt und anschließend verfolgt. Gut, verfolgt hatte er sie – bis zur nächsten Ampel. Aber dass sie Angst gehabt hatte, er könne zu ihr ins Auto springen   … Er hatte ihr nicht die geringste Veranlassung gegeben, sich vor ihm zu fürchten. Was mochte er von ihr denken?
    Ehe sie riskierte, dass er morgen Nachmittag vor der Tür stand, was ihm bei seiner Hartnäckigkeit zuzutrauen war, und dass Werner auf die Weise erfuhr, was sie sich im Studio geleistethatte, lenkte sie ein. «Also gut, um vier Uhr am Kölner Hauptbahnhof.»
    Wenn Werner morgen gemeinsam Wochenendeinkäufe machen wollte, brauchte sie sich darum heute nicht zu kümmern, hatte sozusagen den Nachmittag frei. Der Kölner Hauptbahnhof schien ihr als Treffpunkt besser geeignet als irgendein gemütliches Café. Keiner kannte sie, keiner würde besonders auf sie achten, rundum herrschte ein stetiges Gedränge. Und sie konnte sich jederzeit verabschieden mit der Behauptung, sie müsse ihre Bahn erreichen. Gegen die vorgeschlagene Uhrzeit war auch nichts einzuwenden.
    Bis zur nächsten S-Bahn -Station waren es mit dem Auto zehn Minuten, mit der Bahn nochmal zwanzig bis zum Kölner Hauptbahnhof. Wenn sie um Viertel nach drei aus dem Haus ging, war das bequem zu schaffen. Sie brauchte nicht mit dem Mittagessen zu hetzen, hatte danach sogar noch die Zeit, die Küche aufzuräumen.
    «Einverstanden», sagte Fischer. «Dann sehen wir uns um vier Uhr an der Espressobar in den Markthallen. Da gibt es einen sehr guten Kaffee.»
    «Mehr als eine Stunde Zeit habe ich aber wirklich nicht», erklärte sie noch. Dann wäre sie kurz vor sechs wieder daheim und müsste Werner gar nichts davon erzählen.

Nummer neun
    Es war kaum möglich, die Felsbrocken und Dellen im Boden, die sie kurz vorher mit den Augen umrundet oder durchquert hatte, in Einklang mit dem zu bringen, was sie fühlte, als sie sich auf den Weg zu dem torartigen Durchlass machte, den sie im Schein ihrer provisorischen Fackel entdeckt hatte: wiedernur kleine, spitze Steinchen, die sich in ihr wundes, blutendes Fleisch bohrten und fürchterlich wehtaten,

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