Der Frauenjäger
ein Motorrad fuhr, als er Mona nach dem zweiten Zusammentreffenin den Schadow Arkaden verfolgte und später, als er sich mit ihr an einer Autobahnraststätte traf.
Andreas konnte sich im April 2006 durchaus den einen oder anderen freien Tag gegönnt und ein Motorrad geliehen haben, um mal bei Tageslicht in einer Großstadt auf die Suche nach Abenteuern zu gehen. Mit so einer Maschine war man wendiger als mit einem uralten Jeep. Er war nach Düsseldorf gefahren, hatte Mona entdeckt, die mit ihrem Pagenkopf und den schwarzen Haaren entschieden mehr von Kleopatra hatte als Karola seit Stefanies Geburt.
Dass Josch Thalmann und Heidrun Merz nach Monas Verschwinden keine Kleidung vermisst hatten und Monas Kosmetikartikel vollzählig im Bad standen … Andreas hatte genug Geld dabeigehabt, um alles kaufen zu können, was sie brauchten, ohne E C-Karten einzusetzen, mit denen man ihnen bald auf die Spur gekommen wäre.
Es musste doch kein Schauermärchen gewesen sein. Das traute sie ihm einfach nicht zu. Kein krankes Hirn, nur ein Träumer. Kein Serienmörder, der sein neues Opfer zu abartigen Spielchen animierte, ehe er es genüsslich umbrachte. Nur ein Mann, den die Wüste faszinierte, der eine depressive Frau kennenlernte …
Mona hatte sich zwischen riesigen Sanddünen keinen lange gehegten Traum erfüllen wollen wie Andreas. Sie hatte nur einen Albtraum überwinden und Wege aus der Wüste ihres Lebens finden wollen. Fernab der Zivilisation konnte ein Beinbruch leicht zur Tragödie werden.
Andreas hielt bei Mona aus, ließ sie ihre Bitte um Vergebung auf Band sprechen, weil sie ihren Mann unbedingt um Verzeihung bitten wollte, und schickte die Kassette an Josch Thalmann, sobald er Spanien erreicht hatte. Geographisch war das naheliegend.
Und so hatte es nichts vom Gestank eines Männerklos, nichtsvon einer Horde haariger Affen. So war es nur romantisch und melodramatisch. Und die Sache auf der Autobahn war ebenso frei erfunden wie die Raststättenepisode. Das hatte Heidrun Merz sich ausgedacht, um das Buch so scharf zu würzen wie das Gulasch von heute Mittag.
Und wie passte der tödliche Unfall an der Kiesgrube ins Bild? Ganz einfach. Andreas wollte Heidrun Merz zur Rede stellen, ihr untersagen, ihn noch länger öffentlich als Buhmann hinzustellen. Er rief ein paarmal bei ihr an und probierte es schließlich mit einem persönlichen Gespräch nach der Lesung in der Bücherstube. Als Heidrun Merz merkte, dass er ihr folgte, geriet sie in Panik und verwechselte in der Aufregung die Zufahrt zur Kiesgrube mit der Autobahnauffahrt. Oder es kam zu einem kleinen Zusammenstoß, weil sie vor Andreas fliehen und er sie aufhalten wollte.
Das war die harmlose Fassung. In die passten nur der Alkohol, Karolas nicht mehr schließende Kellertür und die Anrufe im Studio nicht hinein. Gestern:
« Killing Me Softly
mit einem schönen Gruß von Mona», weil Weiber, die auf Kosten eines Mannes lebten, unter die Erde gehörten. Heute:
« Killing Me Softly
mit einem schönen Gruß von Barbara». Und Barbara König wurde erneut vermisst. Wenn sie damals keine Affäre mit Andreas gehabt hatte, vielleicht hätte er gerne eine gehabt und war immer noch sauer, weil Barbara ihn abgewiesen hatte.
Annette hatte am vergangenen Abend beim Italiener erklärt, dass Serienmörder wie Ted Bundy, Ed Kemper und der Modefotograf aus Sindorf einen hohen Intellekt hatten und deshalb so schwer zu fassen gewesen waren. Dumm war Andreas nie gewesen, konnte er gar nicht gewesen sein, wenn er es all die Jahre verstanden hätte, dem gesamten Freundeskreis das Bild des Träumers vorzugaukeln. Sogar die Melancholie hatte er überzeugend dargeboten.
Es wurde höchste Zeit heimzufahren, ehe der ganze Unsinn aus ihr herausplatzte. Vielleicht war Werner schon da. Er würde sich um alles kümmern, wenn sie ihm erzählte, dass Ulla einem Mann, der sie Ulli nannte, erlaubte, in der Werkhalle ein Motorrad zu reparieren, mit dem der Mann die Karre einer besoffenen Kuh gestreift hatte. Und dass Karolas Kellertür aussah wie nach einem Einbruch, dass aber nichts gestohlen oder durchwühlt worden war.
Es gab bestimmt eine harmlose Erklärung für alles. Altersschwäche am Schließblech der Kellertür. Und der Mann in der Werkhalle war ein Arbeiter, der Ullas Hilfsbereitschaft ausnutzte, weil er es sich nicht leisten konnte, sein Motorrad in einer Fachwerkstatt reparieren zu lassen. Oder weil er Unfallflucht begangen hatte und befürchtete, dass die Polizei
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