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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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nicht beirren. «Nach allem, was ich eben gehört habe, könnte ich mir gut vorstellen, dass Karola recht hat. Er fuhr schon ein Motorrad, als Mona auf ihn aufmerksamwurde. Den Jeep zu behalten wäre riskant gewesen, wenn man es richtig bedenkt. In so einer alten Kiste fällt man auf. Er hat Mona angesprochen, eine Woche nachdem er abgehauen war. Das war Werners Geburtstag. Da haben wir über nichts anderes gesprochen. Barbara König ist auch wieder weg.»
    «Entschuldige», sagte Ulla nun sichtlich genervt. «Aber wenn du jetzt wieder vom Hölzchen aufs Stöckchen kommst, kann ich dir beim besten Willen nicht folgen. Vielleicht erzählst du mir erst mal, was dich so durcheinandergebracht hat.»
    Was gab es denn da zu erzählen? Marlene zeigte mit ausgestrecktem Arm zur Werkhalle hinüber. «Andreas. Ich habe ihn dadrin reden hören.» Dann fragte sie zum dritten Mal: «Seit wann ist er wieder hier?»
    Ulla zuckte mit den Achseln. Gleichzeitig sagte sie: «Hier seit gestern Abend. Seit wann er wieder im Land ist, weiß ich nicht. Viel hat er noch nicht erzählt, ich wollte ihn auch nicht ausquetschen. Er sieht nicht aus, als hätte er eine traumhafte Zeit hinter sich. Und Karola sollte nichts davon erfahren. Sonst macht sie sich vielleicht Hoffnungen, die er nicht erfüllen kann. Er will nur seine Maschine in Ordnung bringen und dann weiter.»
    «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Karola sich noch Hoffnungen auf ihn macht», sagte Marlene.
    Ulla lächelte geringschätzig. «Ich glaube, du kannst dir eine Menge nicht vorstellen. Wirst du den Mund halten?»
    «Wenn ich weiß, welche Karre er gestreift hat und wann das passiert ist», erklärte Marlene.
    Mit einem langen Blick zur Werkhalle bat Ulla: «Warte eine Sekunde, ich hol nur schnell meine Sachen aus dem Büro und sag ihm Bescheid, dass ich wegmuss.»
    Natürlich dauerte es länger als eine Sekunde. Allein fürs Bescheidsagen brauchte Ulla geschlagene zehn Minuten, in denenMarlene ihren Van in einen Kleintransporter verwandelte und immer wieder in Versuchung geriet, noch einmal an der Hallentür zu lauschen. Aber sie hatte Angst, erneut überrascht zu werden, und diesmal nicht von Ulla.
    Dann kam Ulla endlich zurück, ohne den Schlüssel zum Bürogebäude. Teeküche, Waschraum und die Besuchercouch im Vorzimmer waren keine Hotelsuite, aber besser als eine Nacht im Freien, falls Andreas Zeit für eine Mütze voll Schlaf fand. So explizit erklärte Ulla es nicht, aber Marlene war wirklich nicht so naiv, wie alle dachten.
    Ulla löste das Kettenschloss vom Rad, hob es in den Van und ließ ein Kompliment hören: «Ich wusste gar nicht, dass du so geschickt bist.»
    «Nun weißt du es», sagte Marlene knapp, schloss die Hecktür und stieg ein.
    Ulla folgte ihrem Beispiel und ließ die Werkhalle nicht aus den Augen. Es schien fast, als fürchte sie, Andreas könne beim Tor auftauchen und sie aufhalten.
    «Er stand gestern Abend plötzlich vor mir», begann Ulla, während sie den Sicherheitsgurt anlegte. «Ich hatte einiges nachzuarbeiten, weil ich den ganzen Vormittag im Krankenhaus war. Um neun wollte ich Feierabend machen, und als ich die Tür öffnete   … Ich dachte, ich sehe einen Geist. Er grinste mich an wie in alten Zeiten, fragte: ‹Hast du es eilig, Ulli, oder kannst du mir noch einen Kaffee machen?› Als wäre er nie weg gewesen.»
    Marlene fuhr zur Straße. Im Rückspiegel wurden Werkhalle und Flachbau kleiner. Ulla entspannte sich. «Er sagte: ‹Glück muss der Mensch haben.› Er hatte sich schon den Kopf zerbrochen, wie er in die Halle kommen könnte, hatte das Gelände sondieren wollen, dabei das Rad gesehen und das Licht in meinem Büro.»
    Ulla hatte ihm erst mal Kaffee gemacht und einen Pizzadienstbemüht, weil er aussah, als hätte er seit Tagen nichts in den Magen bekommen. Dann hatten sie bis Viertel vor zwölf zusammengesessen. In Thrillern nannte man das ein Alibi, im alltäglichen Polizeijargon wohl ebenso.

Nummer neun
    Nach langem Zögern machte Marlene sich daran, auf die andere Seite des Grabens zu wechseln. Sie brauchte einige Zeit, ehe sie auf der gegenüberliegenden Kante ihre Spur ertastet hatte. Dass sie nicht der erste oder einzige Mensch war, der sich hier unten aufhielt, bewies das kleine Ding, das ihr dabei zwischen die Finger geriet. Der Nikotingeruch verriet ihr, dass es eine Zigarettenkippe sein musste. Sie steckte sie in eine Jackentasche. Ein Beweisstück! Und Beweise galt es zu sichern! Vielleicht war über dem Filter

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