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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Auto gesetzt. Er hatte ein Talent, aufzutauchen, wenn nichts mehr ging.
    Aber du darfst dich jetzt nicht fallen lassen. Rebecca ist in höchster Gefahr!
    Er setzte sich neben sie, schaltete den Motor aus und knipste das kleine Lämpchen über dem Rückspiegel an. Sie konnte sehen, wie er bei ihrem Anblick, den er jetzt zum ersten Mal richtig wahrnahm, erschrak.

    »Mein Gott«, sagte er, »Ihr Gesicht … wer war das?«
    Sie erinnerte sich an ihr geschwollenes Auge. Es spannte und brannte, und wenn es nur halb so furchtbar aussah, wie es sich anfühlte … Dazu kamen ihr zerrissenes Nachthemd und die vielen blutigen Kratzer auf ihren Beinen. Als wäre sie unter die Räuber gefallen.
    Eigentlich hatte sie sofort von Marius erzählen wollen, davon, dass Rebecca dringend Hilfe brauchte, aber als es ihr endlich gelang, ein Wort hervorzubringen, drückte es nur ihr elementarstes und dringlichstes Bedürfnis des Augenblicks aus.
    »Wasser …«
    »Entschuldigung, darauf hätte ich gleich kommen können«, sagte Maximilian. Er angelte auf dem Rücksitz herum und zog eine halb volle Flasche Mineralwasser hervor.
    »Es ist nicht mehr ganz kalt, aber besser als nichts.«
    Sie setzte die Flasche an den Mund und trank. Trank in langen, durstigen Zügen, trank und trank, als wolle sie nie mehr aufhören. Sie setzte die Flasche erst ab, als sie leer war. Es war nicht so, dass sie sich schlagartig gekräftigt gefühlt hätte. Aber es ging ihr ein wenig besser. Sie fühlte sich den Lebenden näher als den Toten, und das war zuvor genau andersherum gewesen.
    »Marius«, sagte sie, »wir müssen … er ist gefährlich …«
    In Maximilians Augen trat ein angespannter Ausdruck. »Hat Marius Sie so zugerichtet?«
    Sie nickte. »Er … ist verrückt, Maximilian. Völlig verrückt. «
    »Wo ist er?«
    »Bei Rebecca. Ich … ich konnte fliehen, aber sie befindet sich noch mit ihm im Haus.«
    »In ihrem Haus?«
    Inga nickte. Maximilian schaltete das Licht aus und ließ
den Motor an. Die Scheinwerfer beleuchteten die Straßenränder und die Bäume, machten den Wald zu einem unheimlichen, gespenstischen Ort.
    »Wir müssen zur Polizei«, sagte Inga.
    Maximilian schüttelte den Kopf. »Das dauert zu lang. Oder wissen Sie, wo sich in Le Brusc die Polizeiwache befindet? Falls der kleine Ort überhaupt eine hat. Nein, wir fahren jetzt direkt zu Rebecca.«
    »Wenn wir anrufen …«
    Er sah sie nicht an, starrte auf die Straße. »Der Akku meines Handys ist leer. Und Sie haben wohl keines dabei.« Das war eine Feststellung, keine Frage.
    »Er ist wirklich gefährlich, Maximilian! Unterschätzen Sie ihn nicht. Vielleicht können wir nichts gegen ihn ausrichten. Er ist vollkommen durchgedreht.«
    »Ich weiß«, sagte Maximilian. Er fuhr schnell und konzentriert. Sein Gesicht war sehr angespannt.
    »Sie wissen das?«
    »Was glauben Sie, warum ich hier mitten in der Nacht aufkreuze? « Er sah sie kurz an, blickte dann wieder nach vorn. »Sie haben hier wohl keine deutsche Zeitung gelesen, oder? In Deutschland sind die Gazetten voll mit Berichten von einem scheußlichen Doppelmord. Ein altes Ehepaar ist ermordet worden – oder besser gesagt: Sie wurden drei Tage lang im eigenen Haus festgehalten und zu Tode gequält. Wie die Polizei herausgefunden hat, hatten die alten Leute einen Pflegesohn. Marius.«
    Inga versuchte zu begreifen, was er da sagte. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen.
    »Marius?«, wiederholte sie.
    »Ich weiß nur, was in den Zeitungen steht«, sagte Maximilian, »und da erscheint mir vieles recht spekulativ. Tatsache ist, dass die deutsche Polizei intensiv nach Marius fahndet.
Es wird wohl nicht direkt ausgesprochen, aber es ist die Rede von einem sehr schlechten Verhältnis zwischen ihm und seinen Pflegeeltern. Kann sein, er gilt als Verdächtiger. Offiziell will man nur Kontakt mit ihm aufnehmen, weil er der einzige Fast – Verwandte der beiden alten Leute ist.«
    Inga wurde das schwindlige Gefühl nicht los. »Er hat mir erzählt, dass er seinen leiblichen Eltern weggenommen wurde«, sagte sie. Ihre Stimme war beinahe tonlos. »Er ist misshandelt worden. Gestern hat er es mir gesagt. Vorher hatte ich keine Ahnung.«
    »Ich habe gestern Abend sein Bild in der Zeitung gesehen. Und dann habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich bin in aller Herrgottsfrühe heute los. Die Straßen sind einfach überfüllt. Ich konnte nicht eher …« Er sprach nicht weiter, schlug mit der Faust auf das Lenkrad. Inga sah ihn von der Seite an.

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