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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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dass sie ständig das Gleichgewicht verlor und schließlich tatsächlich umfiel; fast wäre sie auf Marius’ Schoß gelandet. Sie rutschte seitlich an der Ruderbank ab. Etwas schrammte schmerzhaft an ihrem nackten Oberschenkel, ein Splitter vom Holz vielleicht, aber sie war zu aufgeregt, um zu bemerken, dass ihr Blut am Bein hinablief.
    »Marius, ich mache das nicht mit!« Inzwischen war der Wind so laut geworden, dass sie selbst in nächster Nähe zu Marius laut rufen musste, um verstanden zu werden. »Ich weiß nicht, was los ist, aber es geht hier nicht nur um dich. Ich will zurück in den Hafen, und was du dann tust, ist deine Sache!«
    Sie packte das Ruder, versuchte, die Richtung zu ändern. Sie merkte schnell, dass sie nicht die geringste Chance hatte. Marius war viel stärker als sie, befand sich außerdem in der besseren Position, nämlich auf der Ruderbank sitzend und nicht halb unter ihr liegend. Dazu kam die Strömung, die ihm schon genug zu schaffen machte. Inga hatte den Eindruck, nicht das Mindeste gegen sie ausrichten zu können. Sie und Marius lieferten sich eine Art kurzen, erbitterten Ringkampf, dann erlahmten ihre Kräfte, und mit einem Schluchzen ließ sie das Ruder los.

    »Du mischst dich besser nicht ein!«, rief Marius. »Sonst schaffst du es wirklich noch, dass wir kentern!«
    »Was hast du gegen Rebecca?«
    »Ich hasse sie.«
    »Aber warum? Kennst du sie? Gab es irgendetwas …?« Vielleicht, wenn er redet, dachte sie verzweifelt, vielleicht kann ich etwas bewirken, wenn ich nur endlich weiß, was los ist!
    »Nein. Ich hasse sie trotzdem.«
    »Aber für Hass muss es doch einen Grund geben!«
    »Ich bin jemand«, sagte er überraschenderweise. Er hatte in normaler Tonlage gesprochen, und der Wind nahm ihm die Worte von den Lippen und zerfetzte sie, aber mit großer Anstrengung hatte Inga noch verstehen können, was er meinte. Zumindest akustisch. Über den Sinn seiner Worte tappte sie vollständig im Dunkeln.
    »Du bist jemand? Natürlich bist du jemand!«
    »Ach ja?« Er starrte sie feindselig an. Was war das nur in seinen Augen?, rätselte sie. Dieser fremde Ausdruck … er hatte fast etwas Gestörtes. Etwas Krankes? Verrücktes?
    Wer ist dieser Mann? Wer ist der Mann, den ich geheiratet habe?
    »Schön, dass du das so siehst. Leider erkennt das nicht jeder. Eigentlich niemand. Und du redest auch nur so, um mich zu beschwichtigen.«
    »Marius, hat Rebecca dir irgendwann einmal wehgetan? Ist es doch so, dass sie schon irgendwann einmal etwas mit dir zu tun gehabt hat?«
    »Quatsch. Woher sollte ich sie kennen? Ich meine …« Er unterbrach sich, focht mit dem Ruder, das ihm die stürmische See aus der Hand schlagen wollte. Er keuchte, als er das Schiff endlich wieder auf Kurs hatte. »Ich muss sie nicht kennen, um sie zu kennen, verstehst du?«

    »Nein.«
    »Ich weiß, wer sie ist und was sie ist, und das reicht. Aber ich weiß auch, wer ich bin. Ich bin nicht der Letzte. Irgendwann bin ich auch einmal der Erste!«
    Inga begriff, dass es keinen Sinn hatte, mit ihm zu reden. Etwas war mit ihm geschehen, sie wusste nicht, was, aber es war wohl auch nicht der Moment, es herauszufinden. Sie torkelten bei hohem Wellengang über das Meer, getrieben vom immer heftiger werdenden Sturm und von den berüchtigten Strömungen des Caps, und Marius machte nicht die geringsten Anstalten, umzukehren. Wohin immer er wollte, er würde die Libelle nicht in den Hafen von Le Brusc zurückbringen.
    Sie kroch von ihm weg. Der Großbaum schlug jetzt immer wieder hin und her. Sie wusste, wie gefährlich das war. Ein Schlag gegen den Kopf konnte einen Menschen töten.
    »Wohin willst du?«, brüllte Marius.
    Sie antwortete nicht. Die Libelle segelte ein gefährliches Tempo, und Inga war eingefallen, welche einzige Möglichkeit es vielleicht gab, sie wenigstens zu verlangsamen: Sie musste den Generalschalter unten in der Kajüte ausstellen. Ohne die Hilfe des Motors konnte Marius sein Vorhaben am Ende gar nicht durchführen. Eine andere Chance vermochte sie für sich nicht zu erkennen, und sie hoffte nur, dass Marius ihr Vorhaben nicht durchschaute, sondern glauben würde, sie suche in der Kajüte lediglich Schutz vor dem Wind. Der Schalter befand sich unten gleich neben der Treppe. Wenn sie ihn erreichte, würde Marius kaum noch die Möglichkeit haben, sie am Abschalten zu hindern.
    »Wohin willst du?«, rief er erneut, und wieder antwortete sie nicht.
    Sie hatte den Niedergang fast erreicht, da fühlte sie, wie

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