Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
stoßen.
    Wie eine Dienstbotenkammer unter dem Dach, dachte Inga jedes Mal wieder belustigt, wenn sie es betrat, so wie es das früher einmal gab.
    Sie zog sich aus, schlüpfte in ihr Nachthemd, huschte hinunter ins Bad, putzte ihre Zähne und bürstete ihre Haare.
Aus Rebeccas Zimmer drang kein Laut. Wahrscheinlich schlief sie längst.
    Das wäre mir jedenfalls lieber, als dass sie wach liegt und darüber nachdenkt, dass ich mich viel zu weit in ihr Leben gemischt habe, dachte Inga.
    Oben in ihrem Zimmer ließ sie die Dachluke offen stehen, damit die etwas kühlere Nachtluft hereinwehen konnte. Es war ohnehin heiß genug. Sie legte ihre Decke auf einen Sessel und bedeckte sich nur mit einem dünnen Laken. Trotz ihrer Unruhe schlief sie innerhalb weniger Minuten ein.

Mittwoch, 28. Juli
    1
    Als sie aufwachte, war sie im ersten Moment überzeugt, höchstens ein paar Augenblicke geschlafen zu haben. War sie nicht gerade erst aus dem Bad zurückgekommen? Aber dann knipste sie das Licht an und schaute auf ihre Uhr. Es war Viertel vor vier in der Nacht.
    Sie wusste nicht, was sie geweckt hatte, aber was auch immer es gewesen war, es hatte sie mit einem Schlag hellwach sein lassen. Das war ungewöhnlich, normalerweise brauchte sie ziemlich lange, um klar denken zu können und zu wissen, wer sie war und wo sie war. Diesmal jedoch war sie geradezu überwach und aufmerksam.
    Ihre Unruhe vom Abend hatte sich verschärft.
    Sie schwang die Beine aus dem Bett, trat an die geöffnete Luke und lehnte sich hinaus. Wie so oft in den letzten Nächten hier unten am Meer überwältigten sie auch diesmal wieder Klarheit und Nähe des Sternenhimmels. Der Wind hatte ein wenig an Stärke gewonnen, die Bäume rauschten lauter.
    Das hat mich wahrscheinlich geweckt, dachte sie, der Wind in den Bäumen.
    Vielleicht war das auch der Grund für ihre Unruhe. Der ständige Wind hier am Meer. Aus ihrer Münchener Stadtwohnung kannte sie das nicht.
    Sie ging ins Bett zurück, schaltete das Licht aus, legte sich in die Kissen zurück. Schloss die Augen und versuchte wieder
einzuschlafen. Sie vernahm ihren eigenen harten, schnellen Herzschlag. Sie öffnete die Augen wieder. Es war unmöglich. Sie war so wach, dass an Schlaf überhaupt nicht zu denken war.
    Sie verließ wieder ihr Bett und überlegte, dass sie vielleicht ein Glas Wasser trinken sollte. Oder unten im Wohnzimmer ein wenig fernsehen. Das würde sie beruhigen – wenn sie auch keine Ahnung hatte, weshalb sie überhaupt so aufgeregt war –, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass Rebecca etwas dagegen haben würde.
    Sie zog einen Morgenmantel über, den ihr Rebecca geliehen hatte, und schlüpfte in orangefarbene Badeschuhe aus Plastik. Sie hatte sie noch kurz vor der Abreise gekauft, weil sie sich in die Duschen öffentlicher Campingplätze niemals barfuß gewagt hätte. Überhaupt hasste sie Camping.
    Aber ich hatte ja immer Angst, dass Marius ausrastet, wenn ich einen seiner Vorschläge nicht toll finde.
    Sie öffnete ihre Tür, lauschte ins Haus. Sie konnte kein Geräusch vernehmen. Es hätte sein können, dass Rebecca selbst schlaflos herumtappte, und dass sie, Inga, davon geweckt worden war, aber es herrschte völlige Stille, und nirgendwo war ein Lichtschein zu entdecken.
    Leise huschte sie ihre Leiter hinunter und dann die Treppe, die ins Erdgeschoss des Hauses führte. In der Küche nahm sie ein Glas aus dem Schrank, ließ Wasser aus der Leitung hineinlaufen, trank in kleinen Schlucken. Sie fragte sich, weshalb sich ihr Herzschlag nicht beruhigen mochte. Sie versuchte sich zu erinnern, was ihr ihre Großmutter, die ständig unter Schlaflosigkeit gelitten hatte, über alle möglichen Teesorten erzählt hatte, mit denen man dem Übel beikommen konnte, aber ihr fiel nichts ein, ihr Gedächtnis war wie leer gefegt. Überdies hätte Rebecca den betreffenden Tee wahrscheinlich gar nicht im Haus gehabt.

    Ich hätte auch gar nicht die Ruhe, jetzt einen Beruhigungstee zu trinken, dachte sie und lachte gleich darauf nervös über diesen paradoxen Gedanken.
    Sie stellte das Glas ab und ging ins Wohnzimmer hinüber. Sie knipste die Stehlampe in der Ecke an und schaltete den Fernseher ein. Sie geriet in eine Talkshow, die offensichtlich aus dem Mittagsprogramm wiederholt wurde, und in der völlig zerrüttete und zerstrittene Ehepaare von einer madonnenhaft dreinblickenden Moderatorin, die im Nebenberuf Psychologin war, wieder zusammengeführt werden sollten. Das Pärchen, das gerade an der

Weitere Kostenlose Bücher