Der fremde Pharao
Leibwache zu, und der Mann übernahm den Befehl und führte die Setius und ihre Scharfrichter hinaus.
Im Gebäude herrschte Schweigen. Der Befehl, sich in Reih und Glied aufzustellen, und dann der Abmarschbefehl drangen im zunehmenden Licht deutlich bis zu ihnen, dann verklang das Getrappel nackter Füße auf der fest getretenen Erde. Ahmose ahnt es noch nicht, dachte Kamose, als er die verbleibenden, erblassten Gesichter musterte, aber das hier ist erst der Anfang, und bisweilen wird es uns schwer fallen, Freund und Feind voneinander zu trennen. Amun, vergib mir. Ihm war bitterkalt. »Ihr seid übrig geblieben«, sagte er zu den dreißig Männern, die in Habtachtstellung erstarrt standen und sich ihre Unsicherheit nur an dem gehetzten Blick ablesen ließen, »weil ich weiß, dass ihr echte Ägypter seid, obwohl ihr in Apophis’ Heer dient. Ihr müsst mir jetzt Treue schwören. Wenn ihr das tut, seid ihr in Waset willkommen. Falls ihr den Schwur brecht, den ich gleich von euch verlange, bringt man euch die Fünf Wunden bei und richtet euch auf der Stelle als Verräter hin. Tretet vor.« Seine fünfzig Gefolgsleute sahen mit offenkundiger Erleichterung zu, als die dreißig Mann einer nach dem anderen vortraten und Kamose als Zeichen ihrer neuen Treue Füße und Hände küssten.
Als der Letzte vorgetreten war, sprach Kamose direkt mit dem Hauptmann der fünfzig. »Diese dreißig Mann bekommen je einen von unseren Soldaten zur Seite, dessen Ehrlichkeit außer Frage steht«, befahl er. »Sie dürfen weder die Grenzen des Anwesens verlassen noch im Haus Wache stehen. Drille sie hart an der Waffe und in den Ställen und beobachte sie. Ich erwarte regelmäßig Bericht über ihre Äußerungen und Einstellung.« Der Mann verbeugte sich, und noch ehe er sich aufrichten konnte, hatte Kamose bereits den großen Raum verlassen, ging in Richtung Haus und füllte seine Lungen mit guter, kühler Morgenluft. Ahmose lief hinter ihm her.
»Du siehst krank aus«, sagte er. »Was jetzt?« Kamose fuhr sich erschöpft übers Gesicht. Seine Haut fühlte sich schlaff an.
»Jetzt müssen wir Dudus Diener genauso überprüfen und ihnen die gleichen Beschränkungen auferlegen«, sagte er. »Ich würde sie gern alle umbringen. Leib-und Hausdiener sind in der Regel am treusten. Aber es darf sich unter keinen Umständen das Gerücht verbreiten, dass ich skrupellos bin und unschuldige echte Ägypter ermorde. Man muss mich als Befreier sehen, Ahmose, als einen Ägypter, der an der Seite anderer Ägypter für die Befreiung seines Landes von fremdländischer Unterdrückung kämpft. Die halbe Arbeit ist getan, wenn die richtige Art von Klatsch vor mir durch Städte und Dörfer läuft. Aber noch nicht.«
»Siehst du dich selbst denn so?«, fragte Ahmose neugierig. Sie hatten den Garten erreicht. Kamose blieb stehen und sah seinen Bruder über dunklen Augenringen an.
»Nein«, sagte er mit einem verzerrten Lächeln. »Ich bin Seqenenres Rächer und Ägyptens Gott.«
Noch vor dem Mittagsmahl war General Dudus Dienerschaft in die Wüste geführt und umgebracht worden, und der Rest gesellte sich unter Unis allsehendem Auge zu den Küchendienern. Kamoses Leibwache kehrte zurück und stattete Bericht über den Tod der zwanzig Soldaten ab. Ahmose war zur übrigen Familie gegangen und hatte erzählt, dass das Haus wieder ihnen gehörte, doch Kamose weigerte sich, Tetischeri zu empfangen, die sofort zum Arbeitszimmer eilte, kaum dass Ahmose gegangen war.
»Halt sie mir vom Hals«, hatte er Achtoi befohlen. »Ich bin noch nicht bereit, irgendetwas mit ihr zu bereden. Ich brauche Schlaf.« Achtoi hatte Tetischeri höflich, doch entschieden in ihre Gemächer zurückgeschickt.
Kamose hatte Uni holen lassen und mit scharfer Stimme Bericht hinsichtlich der Schiffe und Schiffsbauern gefordert. Als Uni den Fürsten milde darauf hinwies, dass bislang weder Zeit noch Gelegenheit für mehr als eine kurze Unterweisung seines Vertreters gewesen sei, bekam Kamose einen Wutanfall, der Uni nicht weiter beeindruckte. »Fürst, du brauchst Schlaf, und du musst dich auch waschen. Du hast noch immer Blut am Schurz.« Kamose blickte sein fleckiges Leinen an und die Rinnsale von getrocknetem Blut auf seinen Armen.
»Du hast Recht«, räumte er ein. Aber habe ich auch an alles gedacht?, überlegte er besorgt. Ist das Haus wirklich sicher? Oder wache ich mit einem Messer an der Kehle auf?
Er gestattete seinem Leibdiener, ihn zu waschen, darauf ging er in seine Gemächer und
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