Der fremde Pharao
drängte Kamose. »Komm, Ahmose.« Er wusste, auf Uni war Verlass, was die Ausführung von Befehlen anging. Sein Herz schlug leicht und flink, als er und sein Bruder den Flur entlangrannten und den Gang einschlugen, der zu den Gästezimmern führte. Hier gingen sie langsamer, denn Dudu hatte mehrere Wachen vor seiner Tür aufgestellt, keiner davon ein Einheimischer.
»Kamose, das ist Wahnsinn!«, flüsterte ihm Ahmose zu. »Drei gegen zwei, das klappt nicht!«
»Jetzt noch nicht«, flüsterte Kamose zurück und bemühte sich, Herzschlag und Atmung zu verlangsamen. »Sie werden uns den Zutritt nicht verweigern, und danach müssen wir es einfach wagen.« Auf einmal fiel ihm das Messer in seiner Hand ein. Er versteckte es im Schlafschurz, als sie um die Ecke bogen und die drei Wachposten überrascht Haltung annahmen und mit vorgestrecktem Speer salutierten. »Seid gegrüßt«, sagte Kamose. »Wir müssen den General sprechen. Lasst uns vorbei.« Sie sahen ihn mit großen Augen an, dann trat einer einen Schritt vor.
»Wo sind deine Wachen, Fürst?«, fragte er höflich, doch mit einer Spur Argwohn in der Stimme.
»Am Ende des Flurs«, sagte Kamose. »Wenn du willst, geh hin und sieh nach. Aber beeil dich. Es dämmert bald, und unsere Angelegenheit kann nicht warten.« Er sah das Misstrauen auf ihren Gesichtern. Sie waren nicht dumm. Dennoch zögerten sie, hatten Angst, einen ägyptischen Fürsten zu beleidigen, wie ungut auch immer seine Lage sein mochte. Sein Ton hatte etwas angeboren Gebieterisches, dem kein gemeiner Mann zu trotzen wagte, aber hatte der General nicht den strikten Befehl erteilt, keinen der jungen Männer allein umhergehen zu lassen? Welche Angelegenheit mochte ein abgesetzter Fürst unter Hausarrest eine Stunde vor dem Morgengrauen zu besprechen haben?
Ich habe sie unterschätzt, dachte Kamose aufgebracht. Ich bin ein Tor. Er warf Ahmose einen Blick zu, sah, wie sich die Muskeln seines Bruders spannten, und ihre Blicke trafen sich blitzschnell. Ahmose nickte. Beide Brüder warfen sich nach vorn. Kamose schnappte sich den Speer und zog heftig daran. Der überrumpelte Wachposten hielt fest und fiel vornüber. Kamoses Knie fand sein Geschlecht. Unwillkürlich krümmte sich der Soldat, und da traf Kamoses Faust auch schon sein Kinn. Lautlos brach er zusammen. Kamose fuhr herum und sah, wie Ahmoses Fuß im Magen eines anderen Mannes landete, dann hakte er ihm den Arm um den verkrampften Hals. Der dritte Wachposten zog gerade sein Messer und wollte sich auf Ahmose stürzen. Kamose kam ihm zuvor, sprang auf seinen Rücken und bohrte ihm die Daumen in die Augen. Der Mann heulte auf und ließ sein Messer fallen. Seine Finger umklammerten Kamoses Handgelenke, ließen aber wieder los. Er glitt zu Boden, und Ahmose sprang beiseite und ließ den Griff des Messers los, das er in die angespannte Brust gestoßen hatte. Ahmose schwitzte gewaltig. »Kein schlechtes Abschneiden für zwei Männer, die letztens ihre Ringübungen vernachlässigt haben«, sagte er mit belegter Stimme. »Einer tot, vielleicht auch zwei. Einem habe ich, glaube ich, den Hals gebrochen, Kamose.«
»Tut mir Leid«, sagte Kamose. »Wenn sie doch nur nicht so störrisch gewesen wären …« Die Tür öffnete sich, Dudus zerzauster Schopf tauchte auf.
»Was ist hier los?«, fragte er, und dann merkte Kamose, dass sein Blick nicht mehr vernebelt war und er mit überraschender Schnelligkeit begriff. Ehe er reagieren konnte, warf sich Kamose gegen die Tür, und er verlor das Gleichgewicht. Dudu taumelte zu Boden, rollte sich jedoch ab und kam behände wieder auf die Beine. Doch nicht schnell genug für Ahmose, der sich hastig hinter ihn stellte, als er hochkam, und ihm die Arme auf dem Rücken verdrehte. Kamose stieß die Tür zu, zückte den Dolch und kam sich plötzlich kalt und abgebrüht vor.
Dudu hatte die Situation sofort durchschaut, das stand in seinen Augen zu lesen. Doch er zeigte keine Angst und stieg damit noch mehr in Kamoses Achtung. Wie gern hätte er Dudu eine Zusammenarbeit angeboten, doch er wusste, dass Dudu ihn bei der erstbesten Gelegenheit verraten würde, schließlich war er Setiu.
»Das verschafft dir nur einen kurzen Aufschub«, sagte Dudu heiser. »Es ist nur ein ganz kleines Scharmützel. Den Krieg kannst du nicht gewinnen, Fürst.« Ich habe die Worte ›kannst du nicht‹ so satt, dachte Kamose rebellisch. Ein kurzer Aufschub, ein kleines Scharmützel, als ob ich ein Kind wäre, das am Flussufer mit Binsen statt
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