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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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zu entfernen. Soll doch Kamose heiraten, wen er will. Soll doch Ahmose weiter durchs Leben toben und lachen. In fünf, nein, zehn Hentis kommt vielleicht ein Wandel, aber nicht zu meinen Lebzeiten oder den Lebzeiten meiner Kinder. Das ist die Maat von heute. Das ist das Gesetz des Einzig-Einen, Apophis, Geliebter des Seth, fremdländischer Eroberer in Auaris. Er verspürte keinen Ärger, nur Erstaunen darüber, dass ihm die Lage seines Landes heute, auf einer kleinen, unwichtigen Reise, erst richtig bewusst geworden war. Er dachte weiter nach, doch die Hitze machte ihn angenehm matt, und er schlief ein.
    In Chemmenu waren sie die Gäste von Aahoteps Verwandtem Teti, einem wohlhabenden Mann, der beim König die Stellung als Aufseher über Dämme und Kanäle ergattert hatte. Dazu musste er nach Ende der Überschwemmung die Nomarchen unter seiner Gerichtsbarkeit bereisen und dafür sorgen, dass die Dämme und die wichtigsten Bewässerungskanäle in Oberägypten ausgebessert wurden, aber er hatte auch viel Besitz. Seine Frau war Priesterin im Thot-Tempel, einer Gottheit, die nicht nur als Gott der Weisheit und der Schrift verehrt wurde und die deshalb der Schutzgott aller Schreiber war, sondern auch der Mondgott. Chemmenu war seine Stadt, und Aahotep, die Thot ihr Leben lang geliebt hatte, verbrachte viel Zeit im Tempel, wenn sie nicht gerade Verwandte besuchte. Chemmenu war ein hübscher Ort, den dichte Feigenbäume umgaben, die staubigen Straßen waren von Dattelpalmen gesäumt, und auf dem Anleger herrschte reges Leben und Treiben. Tetis Anwesen lag nach Norden neben dem Seth-Tempel, den man vor fünfzig Jahren erbaut hatte. Teti stand vielen niedrigen Beamten vor, und an seiner Bootstreppe ging es oft geschäftig zu. Seqenenre schritt mit ihm durch die Stadt, begleitete ihn im Boot, wenn er zu irgendeinem Streit um eine Feldgrenze gestakt wurde, die die Winterflut fortgespült hatte, und saß abends beim Essen neben ihm, wenn sein Empfangssaal voll mit Würdenträgern aus Chemmenu und lauten Musikanten und Akrobaten war, doch er fühlte sich fehl am Platz. Das hatte nichts mit dem schnelleren Lebensrhythmus seines angeheirateten Verwandten zu tun, sondern mit Tetis Miene fröhlicher Zufriedenheit, deren sich dieser gar nicht bewusst war. Er huldigte Thot als dem Schutzpatron seiner Provinz und Seth als dem König der Könige. Er kümmerte sich um seine Familie und sein Gesinde, empfing die vielen Herolde aus dem Delta selbstbewusst und herzlich und hielt im Gespräch mit Seqenenre sogar das heikle Gleichgewicht zwischen brüderlicher Freundlichkeit und Ehrerbietung, wie es Seqenenres edlerem Blut, jedoch seiner weniger guten Beziehung zu dem Einzig-Einen zukam. Teti, so befand Seqenenre, war ein Mann ohne dunkle Träume oder Gewissensbisse. Er beneidete ihn.
    Mit Seqenenres Erlaubnis hatte Teti Tani seinem Sohn Ramose anvertraut, einem Sechzehnjährigen, der gern auf Vogeljagd ging und versprach, auf seine Base zweiten Grades aufzupassen, als wäre sie Hathor höchstpersönlich. Zur Überraschung ihres Vaters und zu seiner heimlichen Belustigung errötete Tani bei den ernsten Worten des jungen Mannes, und dann holte sich das Pärchen ein paar Diener und Wurfstöcke und verschwand in den Sümpfen.
    »Sie kommen gut miteinander aus«, bemerkte Teti eines Abends. Er und Seqenenre saßen an Tetis künstlich angelegtem Teich, der zwar klein, aber prächtig mit blauen Fliesen geziert war, und tranken Granatapfelwein, während Re dem Schlund von Nut hinter den westlichen Hügeln zu sank. »Ramose ist ein pflichtbewusster Sohn, und Tani kommt doch gewiss ins Verlobungsalter?« Seqenenre warf Teti einen verwunderten Blick zu, und Teti lachte in sich hinein. »Hast du daran noch nicht gedacht, Fürst? Wir gehören zwar zum niederen Adel, aber ich bin ein reicher Mann und genieße die Gunst des Einzig-Einen, und eine weitere Festigung unserer Familienbande wäre ein Segen.«
    »Vielleicht«, antwortete Seqenenre zögernd. »Aber Tani ist noch sehr jung, und ich möchte sie nicht zwingen, falls sie und Ramose nichts anderes füreinander empfinden als Freundschaft.« Außerdem, so dachte er, ist da noch Kamose. Vielleicht besinnt er sich ja. Möglicherweise hält Tani ihren Bruder schließlich doch für einen sichereren und vertrauteren Hort als die Aussicht auf Chemmenus Lärm und Geschäftigkeit.
    »Ich möchte sie auch nicht zwingen«, gab Teti zurück. »Schließlich handelt es sich nicht um eine königliche Vernunftehe.« Er

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