Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
und Teti waren in ihre Sänften gestiegen und hatten sich zu einem Felsvorsprung in der Wüste tragen lassen, wo es uralte Gräber gab, die jedoch geöffnet und geplündert waren. Si-Amun teilte das Interesse seiner Landsleute für die Denkmäler der Vergangenheit. Er äußerte sich erstaunt zu den Wandmalereien und empfand Traurigkeit beim Anblick dieser entweihten Stätte. Nach einem Gebet für die Bas derer, die hier einst geruht hatten, und einem Gebet an Anubis, sie nicht zu vergessen, waren er und Teti zum beackerten grünen Wüstensaum zurückgekehrt, wo Tetis Diener Matten hingelegt, Sonnenzelte aufgestellt und Brot, Bier und Obst zum Mittagessen hingestellt hatten.
    »Du bist ein sehr großzügiger Mann, Teti«, machte Si-Amun ihm Komplimente, als sie mit gekreuzten Beinen im Schatten eines Feigenbaums saßen und dankbar ihr Bier tranken. »Du kommst nicht oft genug nach Waset, dass wir uns für deine Gastfreundschaft bedanken könnten.« Teti schenkte ihm ein Lächeln.
    »Die Götter und der König sind mir hold gewesen«, erwiderte er, »und außerdem habe ich gern Gesellschaft, Si-Amun. Meine andere Verwandtschaft ist nicht so umgänglich.«
    »Vater war gestern Abend umgänglich genug!«, sagte Si-Amun lachend. »Er betrinkt sich nicht oft und hat nicht viel Spaß. Hier ist er, glaube ich, entspannter. Er nimmt seine Pflichten daheim zu ernst.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da fragte er sich auch schon, ob er seinen Vater verraten hätte. Er warf Teti einen besorgten Blick zu, doch der trank seinen Becher aus und lächelte herzlich, wenn auch mit schmalen Augen.
    »Als Fürst seines Gebietes muss dein Vater eine gewisse Würde wahren«, antwortete er. »Aber ich glaube nicht, dass er sich betrunken hat, weil er entspannt war und Spaß hatte, Si-Amun. Seit seiner Ankunft hier wirkt er sorgenvoll und verschlossen. Es sind die Rollen vom Einzig-Einen, nicht wahr? Ich wollte, er würde sich mir als einem alten Freund anvertrauen und sich von mir helfen lassen.« Si-Amun zögerte. Wäre er mit seiner Bemerkung doch nur nicht so offen herausgeplatzt, aber Teti lächelte noch immer. Er beugte sich vor und legte eine weiche, warme Hand auf Si-Amuns Arm. »Du musst nichts sagen, wenn du nicht möchtest«, meinte er. »Aber, Si-Amun, du weißt doch, dass ich dich und deinen Vater und deine übrige Familie sehr gern habe. Wir sind verwandt, wenn auch nur entfernt. Und Verwandte sollten einander helfen.« Jetzt hatte Si-Amun das Gefühl, dass er Teti gekränkt hätte. Es wäre unhöflich, diesen Augenblick zu übergehen, und es stimmte, er wollte sich diesem Mann auf einmal anvertrauen. Sein Vater würde sich seine Bedenken auch anhören, ja, er kannte sie bereits, doch er lauschte nur, blieb aber bei seiner Meinung. Teti würde anders damit umgehen. Teti würde ihn verstehen.
    »Ja, das sollten sie«, erwiderte Si-Amun. Teti zog die Hand zurück. »Es ist nichts wirklich Wichtiges, Teti«, fuhr Si-Amun fort. »Aber die Rollen wirken so willkürlich mit ihren Forderungen, so sinnlos. Jedes Mal, wenn eine eintrifft, wird Vater noch angespannter und aufgebrachter.« Er blickte hoch. Tetis Augen blickten mitfühlend und verständnisvoll. Er nickte.
    »Und du hast Angst, dass es dein Vater eines Tages satt hat, dem König weiterhin treu zu sein, weil seine Treue nicht belohnt wird, dass er eine große Dummheit macht und Schimpf und Schande über euch alle bringt.« Si-Amun nickte bekümmert.
    »Ich glaube, in seinem Herzen rebelliert er bereits. Das ist alles so ungerecht!«, platzte er heraus. »Unser Haus ist Auaris seit Hentis treu gewesen! Warum reizt uns der Einzig-Eine so?«
    »Beruhige dich«, sagte Teti beschwichtigend. »Hast du gut gegessen? Noch ein wenig Bier, und dann machen wir uns auf den Heimweg.« Si-Amun sah zu, wie die dunkle Flüssigkeit in seinen Becher rann. »Si-Amun, du bist kein Kind mehr«, schalt Teti ihn sanft. »Du kennst die Angst des Königs. Sie schläft, solange sich dein Vater um Gehorsam bemüht.« Er trank, seufzte und wischte sich den Mund mit einem Leinentuch, das ihm ein Diener unauffällig reichte. »Du und ich, wir müssen unser Bestes tun und sicherstellen, dass Seqenenre dieses Unwetter friedlich abwartet. Ich wiederhole, es zieht vorbei. Ich bin dein Freund, junger Mann, und auch der deines Vaters.« Er richtete den ernsten Blick auf Si-Amun. »Es würde mich sehr betrüben, wenn einem von euch etwas zustieße. Lass mich helfen.« Si-Amun blickte ihm dankbar in das

Weitere Kostenlose Bücher