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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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und wandte sich zum Gehen.
    Den Nachmittag verbrachte er mit ruhelosem Aufundabschreiten im Haus. Anfangs versuchte er, seine Angst zu verschlafen, doch die Hitze und seine fieberhaften Gedanken ließen ihn durch die Flure, den Empfangssaal und den Männerflügel irren, wo Kamose wie ein Toter schlief und Ahmose auf dem Fußboden seines Zimmers hockte und würfelte. Er umrundete die Getreidespeicher, die säuberlich aufgereiht an der südlichen Mauer seines Anwesens standen, dann kniete er sich vor die Hundezwinger und suchte Trost bei Behek, der den großen Kopf an seinen Hals schmiegte.
    In der geruchlosen Abenddämmerung, als der Himmel von Rot zu Hellblau gewechselt hatte und die Sterne anfingen zu funkeln, setzte er sich am Fluss in ein Dickicht brauner Binsen, die trocken und abgestorben raschelten, die Füße im warmen Staub. Immer wieder hob er im Geist zu einem versöhnlichen Brief an den König an, kam aber nicht weiter als bis zur Anrede. Ihm wollte nichts Schlaues einfallen. Apophis forderte ein Ja oder Nein. So einfach war das. ›Geh geduldig und achtungsvoll mit ihnen um, und sie hören auf‹, hatte Teti zu den Rollen aus Auaris gesagt, doch Teti irrte. Seqenenre hatte diesem König alle Geduld der Welt und Achtung entgegengebracht, doch die Mühe war vergebens gewesen.
    Beim Abendessen bemühte er sich um eine heitere Miene, hörte sich Tanis Geplauder an, erkundigte sich nach Aahmes-nofretaris Befinden, riet seiner Frau, die an Fieber erkrankten Kinder der Diener abzusondern, und als er die ungezwungene Unterhaltung nicht mehr ertragen konnte, entschuldigte er sich und ging zu Bett. Auf seinen Befehl hin löschte Uni alle Lampen bis auf das Nachtlicht neben ihm und entfernte sich.
    Erschöpft fiel Seqenenre in einen tiefen Schlaf, träumte jedoch von Apophis mit einem mächtigen, nassen Nilpferdleib, der bis zu den Schultern in einem stinkenden Nil stand, doch die Augen über dem ledernen Maulkorb, den er über und um die zitternde Schnauze trug, funkelten wütend. Er versuchte, die Riemen durchzubeißen, verzog die Lippen, aber die Riemen waren zu stramm. In seinem Traum setzte Seqenenre zu einer Verwünschungsformel an. »Hungern soll er! Dursten soll er! Ohnmächtig soll er werden! Krank soll er werden!«, und Apophis’ Augen funkelten immer weiter, doch schließlich stockte Seqenenre die Stimme und erstarb.
    Mit einem Ruck wachte er auf, war schweißgebadet und rang nach Luft, dann setzte er sich keuchend auf und blickte sich im Zimmer um. Die Schatten waren unbeweglich und unbehaust. Das Haus lag in tiefem Schlummer. Er ließ sich zurücksinken und fiel in einen heilenden, totenähnlichen Schlaf.
    Am darauf folgenden Tag kehrte er an seine Pflichten im Tempel zurück und ließ Hor-Aha von einem Soldaten seiner Leibwache holen. Sonst kam er einmal die Woche wie üblich mit dem Befehlshaber seiner Medjai zusammen und überzeugte sich, dass für das Wohlbefinden seiner Männer gesorgt war, die militärische Ausbildung seiner Söhne Fortschritte machte, und beredete alle Änderungen des täglichen Ablaufs mit ihm. Hor-Aha war ein großer Schweiger. Er kümmerte sich gut um seine Arbeit, war ehrerbietig, aber nicht liebedienerisch seinem Herrn gegenüber, und wie alle Wüstenkrieger sprach er nie über sein Leben außerhalb des Exerzierplatzes. Seqenenre mochte und achtete ihn, doch er hatte das Gefühl, dass er ihn nicht gut kannte. Er empfing ihn allein in seinem Arbeitszimmer.
    Geschmeidig kam Hor-Aha über den Fußboden geschritten, eingehüllt in das dicke, wollene Kleidungsstück, das er sommers wie winters nicht ablegte. Schweißtropfen standen auf seiner schwarzen Stirn. Sein Haar war nach Soldatenart lang und zu zwei Zöpfen geflochten, die ihm steif auf die nackte Brust hingen. Unter den bauschigen Falten seines Umhangs trug er einen Schurz und einen fleckigen Ledergurt, in dem ein kurzer Dolch steckte. Silberne Armreife klirrten an seinen Handgelenken. Seqenenre begrüßte ihn höflich. Hor-Aha erwiderte den Gruß und stand dann da mit einem erwartungsvollen Blick in den ebenholzschwarzen Augen. Seqenenres Herz fing an zu rasen. Heute lasse ich mich darauf ein, dachte er verkrampft. Falls kein Verlass auf Hor-Aha ist, muss ich scheitern.
    »Hor-Aha, wie viele Medjai stehen unter meinem Befehl?« Hor-Ahas Brauen schossen in die Höhe.
    »Fürst, du hast fünfhundert. Sie wechseln sich in Gruppen zu je hundert Mann ab, der Rest teilt sich die Zeit mit Drill, Ausbildung und

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