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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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er mit wachsendem Abscheu und Entsetzen betrachtete, schloss sich nur langsam. Neuer Knochen wuchs in der ausgezackten Wunde. Trotzdem war sie für ihn ein Symbol dessen, was er jetzt war, jemand, der seiner Familie Anlass zu Sorge und Mitleid gab und für sich selbst eine Beleidigung war. So erlaubte er Aahotep auch nicht, ihn auf die Lippen zu küssen, und nur sein Leibdiener durfte sein Gesicht berühren. Nachts, wenn er mit hämmerndem Kopf und bangem Herzen dalag, wünschte er sich, dass Apophis’ gerissener Waffenschwinger etwas tiefer zugeschlagen hätte.
    Die Monate Mechir und Phamenoth gingen ins Land. Auf den Äckern spross die Aussaat üppig und dicht. Die Kanäle waren noch voll stehendem Wasser und wurden Spielplatz für braune Bauernkinder, die unschuldig vergnügt in ihnen herumhüpften. Die Nächte waren lau, matte Sterne standen an einem schwarzen Himmel.
    Aahmes-nofretari hatte der Familie ihre Schwangerschaft mitgeteilt, und wieder huldigte man Taurt, doch Seqenenre, der sie kommen und gehen sah, bisweilen auch bei Si-Amun eingehakt, öfter jedoch mit Raa, spürte, dass sie unglücklich war. Sie hatte Angst. Er versuchte erst gar nicht, sie auszuhorchen. Worte konnten sie nicht beruhigen, nur ein gesundes Kind würde ihr Selbstvertrauen wiederherstellen.
    Er selbst bemühte sich sehr, wieder gehen zu lernen. Uni hatte eine Krücke angefertigt, die sich in das zarte Fleisch unter seinem guten Arm bohrte und ihm auf der Handfläche Blasen bescherte, aus denen schon bald dicke Schwielen wurden, doch wenigstens konnte er jetzt mit nachschleifendem linkem Bein von seinem Zimmer in den Garten humpeln. Er verbrachte viele Übungsstunden auf den Stufen des Vorbaus, und er war auch besser zu verstehen, obwohl seine Sprache verwaschen blieb. Tani erzählte ihm kichernd, dass er sich wie ständig betrunken anhörte, zumindest aber konnte er sich verständlich machen, wenn er sich sehr bemühte und seine Zuhörer gut aufpassten. Er achtete einfach nicht auf Müdigkeit, Enttäuschungen und die dunkle Niedergeschlagenheit, die ihn bei jedem Sonnenuntergang überkamen. Er wollte reiten können, wenn die Zeit gekommen war.
    Am dritten Tag des Phamenoth hatte man seinen Namenstag gefeiert. Er war jetzt siebenundvierzig Jahre alt. Er konnte im Tempel stehen und zum Dank einen Stier opfern, und dann schaute er zu, wie eine stolze Tani ihm zu Ehren mit den anderen Tempelfrauen tanzte. Sie war jetzt fünfzehn. In zwei Monaten würden die Zwillinge einundzwanzig werden und Ahmose im Sommer achtzehn. Als Seqenenre sah, wie sich Tani mit ihren Girlanden aus bunten Blumen und dem zirpenden Sistrum in der Hand neigte und wirbelte, da durchzuckte ihn eine dunkle Ahnung, und er dachte, wie rasch doch die Zeit dahinrann. Das Leben war ein Traum, der vorbeiglitt, während er im Schlaf daneben stand und ihn mit den Augen verfolgte, es aber nicht schaffte, die Hand auszustrecken und einen Zipfel des Schauspiels zu packen, es zu verlangsamen und zu zwingen anzuhalten, damit er hinter seinen Sinn kam.
    Aus Auaris kam ein offener Brief, der auf dem Marktplatz von Waset einer staubigen, unruhigen Menge verlesen wurde. Im Monat Mesore würde der König das vierzigste Lebensjahr erreichen, und zum Andenken an seinen Namenstag und den Tag seiner Geburt wollte er die Steuern senken. Die Einwohner von Waset, die herkömmlicherweise unabhängig und hochfahrend waren, jubelten und klatschten nicht. Sie warteten schlicht, bis der Herold fertig war, und entfernten sich dann plaudernd. Sie interessierte es mehr, dass ihr Fürst die ganzen Zeremonien zu seinem Namenstag im Tempel stehend durchgestanden und ihrem Bürgermeister das Geschenk von zwei freien Tagen und zusätzlichen hundert Hektar gemacht hatte, die ein Jahr lang für sie entwässert und bebaut werden sollten.
    Siebtes Kapitel
    Eines schönen Morgens mitten im Monat Phamenoth legte Ramose an der Bootstreppe an und musste Behek und die anderen Hunde abwehren, als er mit seinem Gefolge zum Haus ging. Seqenenre saß im Garten, hinter sich Uni und neben sich Tetischeri, inmitten von Kissenbergen ruhend, als ihm der junge Mann seine Aufwartung machte. Isis und Mersu standen unweit am Teich, Isis warf Blüten ins Wasser, weil sie die Fische verwirren wollte, die mattgolden in den trüben Tiefen herumflitzten.
    Ramose näherte sich und verneigte sich, und seine beiden Leibwachen und sein Haushofmeister taten es ihm nach. Dann richtete er sich auf und wartete darauf, dass Seqenenre etwas

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