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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Gedanken durcheinander, lösten sich in Träume auf, und er schlief ein.
    In Iunu und Quena wurde er von der Stadtverwaltung empfangen, ängstlichen und besorgten Männern, die bereits Rekruten für Seqenenre gestellt hatten. Sie hatten keine neuen Nachrichten für ihn. Soweit sie wussten, war in ihrem kleinen Machtbereich nach Norden hin alles friedlich. Das Land lag in sommerlicher Trägheit.
    Seqenenre dankte ihnen und marschierte weiter. Er fühlte sich mit jedem Tag schwächer, wusste aber, dass dieser Marsch selbst abgehärteten Soldaten, die Hor-Ahas anstrengenden Drill gewöhnt waren, einiges abforderte. Sein eigenes Übungsprogramm bewahrte ihn vor einem völligen Zusammenbruch, doch nun bekam er Fieber, das gegen Abend anstieg und ihn bis zum Morgengrauen abwechselnd frösteln und schwitzen ließ. Sein Arzt bat ihn umzukehren, das Heer seinen Söhnen zu übergeben, doch Seqenenre war klar, dass ihn der gemeine Soldat noch immer als Talisman ansah und den Mut verlieren würde, falls er mit eingekniffenem Schwanz nach Waset zurückkroch. Er wusste nicht, wie er Auaris jemals erreichen sollte, das noch Wochen entfernt lag, und bemühte sich, nicht darüber nachzudenken. Er sammelte seine Kraft lieber für Qes.
    In Aabtu zog das ganze Heer in den Tempel, wo Osiris’ Kopf bestattet lag, und huldigte der am meisten verehrten Gottheit Ägyptens. Der Fürst von Aabtu, Anchmahor, hatte Kamose viele Soldaten überlassen und für Seqenenre weitere zweihundert zusammengezogen. »Aber das sind gute Bauern, Fürst«, mahnte er. »Sie werden in dieser Nomarche gebraucht, wenn die Überschwemmung zurückgeht. Schicke sie bitte nach Haus, sowie du Auaris eingenommen hast.« Seqenenre willigte dankbar und schwindlig vor Fieber ein. Waset lag jetzt fünf Tage hinter ihnen.
    Die nächste Zeit strömte so verdrossen und trübe dahin wie der Fluss selbst. Bei Tage hielt Seqenenre mit zusammengebissenen Zähnen Hitze und Staub, die allgegenwärtigen Fliegen und das Gerumpel des Streitwagens aus. Des Nachts gab es die Kochfeuer, die Zelte, die kurze Beratung und dann die himmlische Entspannung des mohnbetäubten Schlafs.
    An diesen Städten war er auf dem Weg nach Chemmenu vorbeigefahren – Thinis, wo die ersten ägyptischen Könige ihre Paläste gebaut hatten, Achmin, wo er selbst Äcker besaß, Badari mit seinen Dum-Palmen –, unzählige Male war er in seiner Barke vorbeigeglitten, hatte mit einem Becher Bier in der Hand mit Aahotep unter einem Sonnensegel geruht. Doch im Streitwagen durch sie zu rollen, Meile um erschöpfende Meile vorbei an verdorrten Feldern, ausgetrockneten Kanälen, blattlosem Gebüsch und verknäuelten, kahlen Bäumen zu fahren, dabei erlebte man ein anderes Ägypten, ein gnadenlos hässliches und ödes Land. Natürlich wusste er, dass es nur am Sommer lag, nur das Elend und die Not eines Landes war, das ausgetrocknet dalag und auf seine wundersame Wiedergeburt wartete, doch mehr als einmal fragte er sich, ob er seine Titel, sein Anwesen, ja, sogar sein Leben für diesen sonnengedörrten, trostlosen Streifen neben einem stinkenden, schmalen Rinnsal opfern sollte. Nur der Stolz ließ ihn hinter dem schwitzenden Rücken seines Sohnes den Kopf hochhalten, während die Stunden dahinkrochen.
    Am elften Tag erreichten sie Qes ohne Zwischenfälle. Keine Festung, kein sonstiges Bauwerk kennzeichnete die Grenze von Seqenenres Machtbereich, ja, es gab nicht einmal eine ansehnliche Stadt. Das beackerte Land am Westufer machte einem großen Stück Wüste Platz, die von einem Höhenzug durchschnitten wurde, durch den sich ein Hohlweg schlängelte. Auf der anderen Seite war weiter nichts als Wüste. Jenseits der Felsen gab es ein kleines Dorf.
    Hier gab es auch einen Hathor-Tempel. Die Göttin mit ihren goldüberzogenen Kuhhörnern und ihrem kuhgleichen, rätselhaften Lächeln herrschte über eine Stille, die nur durch vereinzelte Dorfbewohner gestört wurde, die ihr Brot und Blumen zu Füßen legten. Als die Setius die Macht übernahmen, waren ihre Anbeter noch weniger geworden. Man hatte ihre Priester gezwungen, sich woanders ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und so träumte Hathor einsam vor sich hin. Seqenenre hatte Aahotep versprochen, dass er den Tempel besuchen und in ihrem Namen zu der Göttin beten würde. An einem windverwehten, goldenen Abend, als sich das Heer auf der Ebene vor den Felsen verteilte und zu Gruppen scharte, die ihre Waffen polierten, ihre Rationen verschlangen oder schliefen, hatte er

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