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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Sie hatte sich das nicht richtig überlegt. »Ach, verdammt, Martha, treiben Sie Clive auf.«
    Carrie wollte sich ein wenig hinlegen. Es war erst halb zwölf, und ihr blieb noch genügend Zeit, um alles zu regeln. Sie nahm die Fernbedienung und ließ die Fensterblenden herunterfahren, denn sie spürte, dass sich Kopfschmerzen ankündigten. Gleich darauf klingelte das Telefon.
    »Clive, Gott sei Dank! Kannst du uns nachher zu dritt nach Charlbury fliegen? Du bist ein Engel. Mach dir mit Sally irgendwo ein schönes Wochenende auf meine Rechnung. Bis später.« Sie beendete das Gespräch und drückte dann die Kurzwahltaste für Charlbury Hall. »Los, los, geh schon ran!« Sie atmete tief durch, wie sie es von ihrem Therapeuten gelernt hatte. »Daniel? Ich komme heute Abend mit zwei Gästen zum Essen. Kannst du was Englisches machen? Es muss sehr englisch sein …« Sie wollte schon auflegen. »Ach ja, du hast meine Erlaubnis, Wein aus dem zweiten Keller zu nehmen.«
    Carrie nickte zufrieden. Der Abend war gerettet. Sie ließ sich wieder auf ihr Bett sinken und lächelte bei der Vorstellung, wie sie in der Küche stand und mit Tellern und Zutaten hantierte. Absurd, war ihr letzter Gedanke, bevor sie einschlummerte und von einer amerikanischen Version von Reality Check träumte.
    Dayna Ray kritzelte auf dem Umschlag ihres Mathebuchs herum. Sie hatte alle vier Ränder mit blauen Bögen verziert und malte nun dasselbe in Grün. In die Mitte setzte sie ein Herz und überlegte, ob sie den Namen des Neuen hineinschreiben sollte, fand es dann aber verfrüht. Sie wollte es sich erst noch überlegen und herausfinden, wer er war und woher er kam.
    Der Lehrer redete ohne Punkt und Komma. Diese blöden Gleichungen. Irgendwas mit quadratisch – wen interessierte das schon? Mit dem Fuß angelte sie nach dem Riemen ihres Rucksacks, zog ihn näher zu sich heran und holte eine Tüte Chips heraus. Als sie sie aufriss, hustete sie laut.
    »Gib mir was ab«, flüsterte Neil von der Nebenbank.
    Dayna verzog entnervt das Gesicht. Doch dann sah sie, dass der Idiot seine Hand in die Luft reckte. Sie verdrehte die Augen und reichte ihm die Tüte, als der Vertretungstyp vorn gerade nicht hinschaute. Mathelehrer Denton war wegen Krankheit ausgefallen.
    »Iss sie bloß nicht alle auf!«, zischte sie.
    »Wer redet da hinten?« Mit einem Ruck drehte sich der Lehrer zur Klasse um. Keiner seiner Schüler passte auf oder schrieb ab, was an der Tafel stand. Die meisten tippten unter dem Tisch SMS , einige lasen in Zeitschriften, und einer schlief. »Was ist los mit euch, ihr kleinen Faulpelze?«, fuhr er sie an.
    Dayna blickte auf. Links von ihr lachte jemand. Vielleicht passierte ja wieder was Interessantes, so wie beim letzten Mal, als die Vertretungslehrerin weinend hinausgerannt war und sie für den Rest der Stunde tun und lassen konnten, was sie wollten.
    In Englisch passte Dayna allerdings immer auf. Englisch war das einzige Fach, das sie mochte. Nur dafür kam sie überhaupt noch zur Schule. Diese ganzen verrückten Lebensgeschichten, von denen manche noch abenteuerlicher waren als ihre eigene.
    »Gib sie wieder her, du Blödmann!« Dayna beugte sich zur Seite und griff nach der Chipstüte. Dabei kippte ihr Stuhl um, und sie landete auf dem Boden. Die ganze Klasse johlte und brüllte. Ein Hagel von Papierkügelchen prasselte auf ihren Kopf nieder.
    »Wie heißt du, Mädchen?«
    Dayna blickte auf. Vor ihr stand der Lehrer. Er hatte eine pockennarbige Haut und kleine Hände. »Dayna, Sir.« Sie rappelte sich hoch und stellte ihren Stuhl wieder auf. Ihre Hüfte tat weh. »Dayna Ray.« Sie hängte sich schon mal den Rucksack über die Schulter, denn er würde sie bestimmt hinausschicken. Umso besser, dachte sie.
    »Also, Miss Ray, für deine Dummheit darfst du dich jetzt beim Schulleiter melden.« In der Klasse erhob sich unwilliges Gemurmel, allerdings nicht weil die anderen ihr einen Rüffel von »Jack the Crack« nicht gegönnt hätten. Sie ärgerten sich nur, weil Dayna damit für den Rest des Tages frei hatte.
    »Das ist ungerecht, Sir. Wenn wir alle vom Stuhl kippen, dürfen wir dann auch nach Hause gehen?«
    »Sei still, du Dummkopf.« Der Vertretungslehrer kritzelte etwas auf einen Zettel. »Bring das zu Mr Rushen, der wird dir schon Manieren beibringen, du dummes Mädchen.«
    »Dürfen Sie eigentlich so was zu mir sagen, Sir?« Dayna blickte aus kajalumrandeten Augen zu ihm auf. Er fragte verwirrt nach, was sie damit meinte. »Na, ob Sie

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