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Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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sondern eine qualvolle Feststellung.
    »Drei der Mönche aus einem gompa im Norden. Sie haben vor dem Tor gesessen und eine Teufelsaustreibung gefordert.«
    »Ich habe die Truppen draußen gesehen. Sie wirken ungeduldig.«
    Choje zuckte die Achseln. »Sie sind jung.«
    »Sie werden nicht damit alt werden, auf streikende Häftlinge zu warten.«
    »Was können sie schon erwarten? Da ist ein verärgerter jungpo. Es würde nur einen Tag dauern, das Gleichgewicht wiederherzustellen.«
    »Oberst Tan wird Exorzismus auf dem Berg niemals zulassen. Es wäre für ihn eine Niederlage, und er würde vor aller Augen in Verlegenheit gebracht.«
    »Dann wird dein Oberst eben mit allen beiden leben müssen.« In Chojes Stimme schwang keinerlei Trotz mit, sondern lediglich ein Anflug von Mitleid.
    »Mit allen beiden«, wiederholte Shan. »Du meinst Tamdin.«
    Choje seufzte und schaute sich in der Hütte um. Da war noch ein anderes ungewohntes Geräusch. Shan drehte sich um und sah den khampa neben der Tür sitzen. Die Augen des Mannes funkelten angsteinflößend.
    »Holst du uns hier raus, Zauberer?« fragte er Shan. Er hatte den Griff von seiner Blechschale abgebrochen und schärfte ihn an einem Stein. »Wieder einer deiner Tricks? Läßt du die Kriecher alle verschwinden?« Er lachte und fuhr mit seiner Tätigkeit fort.
    »Trinle hat seine Pfeilmantras geübt«, merkte Choje an und musterte den khampa mit betrübtem Blick. Ein Pfeilmantra war laut der alten Legenden ein Zauberspruch, durch den die Zielperson innerhalb kürzester Zeit über große Entfernungen transportiert wurde. »Er wird sehr gut dann. Eines Tages wird er uns überraschen. Ich habe als Junge einmal beobachtet, wie ein alter Lama den Ritus vollführt hat. Auf einmal verschwamm seine Gestalt, und dann war er verschwunden. Wie ein Pfeil, der von einer Bogensehne schnellt. Eine Stunde später war er wieder da und trug eine Blume bei sich, die nur bei einem achtzig Kilometer entfernten gompa wuchs.«
    »Also wird Trinle dich mit Pfeilgeschwindigkeit verlassen?« fragte Shan und konnte seine Ungeduld nicht verhehlen.
    »Trinle weiß so vieles. Ein Teil des Wissens muß erhalten bleiben.«
    Shan seufzte tief, um sich selbst zu beruhigen. Choje klang so, als würde der Rest ihrer Welt nicht überleben. »Ich muß mehr über Tamdin wissen.«
    Choje nickte. »Manche sagen, Tamdin sei noch nicht fertig.« Er blickte Shan traurig in die Augen. »Er wird keine Gnade zeigen, falls er noch einmal zuschlägt. Zu Zeiten des Siebenten«, sagte Choje und meinte damit den siebten Dalai Lama, »wurde eine komplette mandschurische Armee vernichtet, als sie in Tibet einfiel. Auf ihrem Vormarsch ist ein Berg über ihnen zusammengestürzt. Die Schriften sagen, es sei Tamdin gewesen, der den Berg umgestoßen hat.«
    »Rinpoche, hör mir bitte gut zu. Glaubst du an Tamdin?«
    Choje sah Shan mit großer Wißbegierde an. »Der menschliche Körper ist solch ein unvollständiges Gefäß für den Geist. Mit Sicherheit ist im Universum noch ausreichend Platz für viele andere Behältnisse.«
    »Aber glaubst du an einen leibhaftigen Dämon, der in den Bergen umgeht? Ich muß erfahren, ob... ob es irgendeine Möglichkeit gibt, dies alles zu beenden.«
    »Du stellst die falsche Frage«, erwiderte Choje sehr langsam und im gleichen Tonfall, in dem er sonst Gebete sprach. »Ich glaube, daß die Essenz, die man Tamdin nennt, in der Lage ist, von einem Menschen Besitz zu ergreifen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Wenn es manche gibt, die Buddhaschaft erlangen, so gibt es vielleicht andere, denen die Tamdinschaft vorherbestimmt ist.«
    Shan barg den Kopf in beide Hände und kämpfte gegen eine überwältigende Müdigkeit an. »Falls es eine Hoffnung geben soll, muß ich mehr davon verstehen.«
    »Du mußt lernen, es zu bezwingen.«
    »Was soll ich bezwingen?«
    »Diese Sache namens Hoffnung. Du bist noch immer ganz davon erfüllt, mein Freund. Sie läßt dich irrtümlich glauben, du könntest die ganze Welt besiegen. Sie lenkt dich von weitaus wichtigeren Dingen ab, und sie läßt dich glauben, die Welt wäre von Opfern, Schurken und Helden bevölkert. Aber das ist nicht unsere Welt. Wir sind keine Opfer, sondern fühlen uns vielmehr geehrt, daß unser Glaube auf die Probe gestellt wird. Falls es uns bestimmt ist, von den Kriechern vernichtet zu werden, dann ist das eben unsere Bestimmung. Weder Hoffnung noch Angst werden etwas daran ändern.«
    »Rinpoche, mir fehlt die Kraft, nicht zu

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