Der Fremde vom anderen Stern
unbedingt ergründen, was in ihnen vorging, und da er Charitys Bruder das Verfahren zur Herstellung von Antimaterie verraten würde, konnte er ja wohl im Gegenzug dafür auch ein wenig Information verlangen.
„Wärst du böse, wenn ich dir sagte, daß es mir leid tut, daß ich mich entschuldigt habe?"
Ein sanftes Lächeln umspielte Charitys Lippen. „Ich wollte nicht, daß du dich entschuldigst, weil ich diesen Kuß sehr genossen habe."
„Den Eindruck hatte ich eigentlich auch", meinte er zögernd. „Aber wenn es dir Spaß gemacht hat, warum bist du dann so wütend?"
Weil es mir beängstigend viel Spaß gemacht hat, hätte sie am liebsten geantwortet. „Weil mir diese Macho-Allüren nicht passen, die Dylan und du an den Tag legt - ihr behandelt mich wie ein kostbares Stück Porzellan, das man sicher in einer Vitrine verschließen muß, damit es ja nicht kaputtgeht."
Er betrachtete sie nachdenklich. „Er wollte dich nur beschützen, Charity. Ich würde bei meiner Schwester genauso handeln."
Sie warf ihm einen Seitenblick zu. „Du hast eine Schwester?"
„Ja."
„Was macht sie beruflich?"
„Sie ist Xenoanthropologin."
„Was ist das denn?"
Zu spät fiel ihm ein, daß die Menschen noch keine Wissenschaftler hatten, die Kulturen fremder Wesen auf anderen Planeten erforschten. „Es ist eine Unterabteilung der Anthropologie."
„Ach, so." Charity nickte. „Sie scheint sehr intelligent zu sein, deine Schwester."
„Ja, das ist sie wirklich."
„Für eine Frau?" fragte sie spitz.
„Das habe ich nicht gesagt", entgegenete er ruhig. „Julianna ist eine der intelligentesten Personen -
egal, ob männlich oder weiblich - die mir je begegnet sind."
„Vielleicht bist du ja doch kein hoffnungsloser Fall", räumte Charity ein.
„Ist sie jünger oder älter als du?"
„Jünger, aber nur ein paar Jahre."
„Und obwohl sie eine der intelligentesten Personen ist, die dir je begegnet sind", gab sie zurück, „meinst du trotzdem, sie beschützen zu müssen."
„Natürlich."
„Weil sie eine Frau ist."
„Richtig." Ihm war gar nicht wohl in seiner Haut. Derartige Unterhaltungen hatte er mehr als einmal mit Julianna geführt.
„Nehmen wir einmal an", begann Charity erneut, „sie wäre dein jüngerer Bruder - nennen wir ihn Julien. Und Julien würde einer Frau begegnen, die ihm sehr gefällt und ihn sehr mag. Kannst du mir folgen?"
„Kein Problem."
„Hättest du in diesem Fall das Bedürfnis, zu dieser Frau zu gehen und ihr zu befehlen, Julien in Ruhe zu lassen? Um ihn zu beschützen?"
„Natürlich nicht."
„Weil er ein Mann ist."
„Ja."
Charity war eine wundervolle, begehrenswerte Frau. Und zudem hochintelligent. Warum um alles in der Welt sträubte sie sich derart gegen die einleuchtende Logik seiner Äußerungen?
„Ich gebe es auf." Charity verdrehte die Augen und seufzte. Nach einer Rechtskurve bog sie von der Straße in einen kleinen Feldweg ab und hielt vor einem flachen, langestreckten Steinbau.
„Da wären wir."
„Danke, daß du mich hergefahren hast."
Sie zuckte mit den Schultern. „Im Schneemobil ist doch nur Platz für zwei, und auch wenn ich ständig Lust habe, dir deine Chauvi-Allüren auszutreiben, sind mir die doch tausendmal lieber als Vanessas arrogante Spitzfindigkeiten."
„Sollte das etwa ein Kompliment sein?"
„Ich denke schon." Ein Lächeln, das Starbuck sofort in seinen Bann zog, glitt über ihr Gesicht.
„Wenn das so ist ..."
Er beugte sich zu ihr und strich über ihre Wangen. Seine Berührung war weder sanft noch verführerisch, sondern eindeutig besitzergreifend. Zugegeben, er wollte sie auch ein wenig provozieren, doch sie war alles andere als wütend.
„Ich bin gern mit dir zusammen, Charity." Behutsam fuhr er mit dem Daumen über ihre Lippen, und sie erbebte. „Sehr gern sogar." Er beobachtete, wie sie unwillkürlich die Lippen öffnete.
„Und noch etwas."
Langsam schloß sie die Augen und hoffte, daß er sie gleich küssen würde. „Was?"
„Du hast wahrscheinlich recht, wenn du mich als Chauvi bezeichnest, aber ich muß dir sagen, ich bin doch sehr froh, daß du eine Frau bist."
Sie fühlte sich genauso an, wie sich eine richtige Frau anfühlen sollte, ihre Lippen waren warm, weich und verlockend. Starbuck hätte am liebsten nie mehr aufgehört, sie zu küssen.
Verlangend preßte sie sich an ihn und zog ihn am Revers seiner Jacke noch dichter zu sich heran.
Er bedeckte ihr Gesicht mit fiebrigen Küssen, und eine Leidenschaft, die er in
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