Der Fremde vom anderen Stern
seinem ganzen Leben noch nicht erfahren hatte, raubte ihm den Atem.
Starbuck hatte das Gefühl, daß er drauf und dran war, sich zu verlieben. Doch das war unmöglich.
Jeder Sarnianer wußte, daß dies eine altmodische Beschreibung eines eher biologischen Vorgangs war. Aber trotz all seines Wissens wurde er die merkwürdige Ahnung nicht los, daß es kein Zufall war, ausgerechnet Charity zu begegnet zu sein.
„Dein Bruder wird sich schon wundern, wo ich bleibe", murmelte er und knabberte zärtlich an ihrem Ohrläppchen.
„Dylan ist ein intelligenter Bursche", erwiderte sie und hielt den Atem an, als er die Lippen auf ihre Schläfe preßte. „Er wird sich seinen Teil denken."
„Das befürchte ich ja gerade." Es kostete ihn all seine Willenskraft, sich von Charity loszureißen, nie zuvor war ihm etwas so schwergefallen.
„Ich bin achtundzwanzig Jahre alt, Starbuck", erklärte sie mit einem ironischen Lächeln. „Und ganz gleich, was Dylan denkt oder nicht, ich bin eine erwachsene Frau, die tun und lassen kann, was und mit wem sie will." Sie beugte sich zu ihm und küßte ihn flüchtig auf den Mund. „Bis nachher."
„Ja, bis nachher." Starbuck erschrak über den Widerwillen, mit dem er sich von Charity trennte.
„Egal, was ich deinem Bruder versprochen habe, du sollst wissen, daß ich dich begehre."
„Ich weiß es schon längst." Sie streichelte mit dem Handrücken seine Wange.
„Das habe ich mir gedacht", meinte er. „Aus unerklärlichen Gründen scheinen wir oft die gleichen Gedanken zu haben." Er schaute ihr in die Augen und beugte sich über sie. „Du hattest recht, es könnte wirklich ein Problem werden."
„Ja."
„Aber wir werden es schon in den Griff bekommen."
Sie nickte nur, ihr Blick verriet tiefe Sehnsucht und gleichzeitig Ungeduld, weil Starbuck so viele Bedenken hatte. „Ja."
Er küßte sie noch einmal leidenschaftlich, dann stieg er aus und ging zum Laboratorium. Erst als er vor der Tür des Gebäudes stand, wurde ihm klar, worauf er sich da eingelassen hatte. Er hatte dem Mann, der als einziger in der Lage war, ihm zu helfen, ein Versprechen gegeben. Doch nun war er drauf und dran, sein Wort zu brechen und vollkommen unlogischen, erschreckend irrationalen Gefühlsregungen zu folgen. Damit würde er zweifellos seine Heimreise aufs Spiel setzen.
Was war nur dran an dieser Frau? Panik überkam ihn, als er erkannte, daß er mehr wie ein Mensch als wie ein Sarnianer reagierte. Dennoch er konnte sich nicht erinnern, jemals derart intensive und lustvolle Gefühle erlebt zu haben wie mit Charity.
Sicher, sie ist ein Problem für mich, gestand er sich ein. Aber sie war das wundervollste, aufregendste Problem, mit dem er je konfrontiert worden war.
7. KAPITEL
Das Laboratorium war durch alle möglichen technischen Raffinessen gesichert, anders hätte Starbuck es auch nicht von einem Mann wie Dylan Prescott erwartet. Nun stand er vor der Linse einer Infrarot-Überwachungskamera und wollte gerade den Knopf für die Wechselsprechanlage betätigen, als sich die Tür öffnete.
„Hallo", begrüßte ihn Vanessa. „Ich habe mich schon gefragt, wann Sie endlich auftauchen würden."
Sie schaute über Starbucks Schulter.
„Ich nehme an, Charity ist auf dem Weg zur Arbeit, habe ich recht?"
„Ja." Erneut bemerkte er, daß die unverbindliche Konversationsart der Bewohner dieses Planeten ihm gar nicht behagte. Er fühlte sich regelrecht unwohl in seiner Haut. „Sie ist zur Arbeit gefahren."
Daraufhin schenkte Vanessa ihm ein verführerisches, eindeutig sinnliches Lächeln, das in ihm ernsthafte Zweifel weckte, ob diese Frau wirklich zu Dylan gehörte.
„Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was eine Frau dazu treibt, Polizistin zu werden", meinte Vanessa.
„Ich auch nicht", erwiderte Starbuck wahrheitsgemäß.
„Ich finde, dieser Beruf ist so unweiblich, er paßt einfach nicht zu einer Frau", erklärte sie. „Sind Sie nicht auch dieser Ansicht?"
Zwar teilte er ihre Meinung in dieser Hinsicht, doch da war ein hinterhältiges Funkeln in ihren Augen, das ihn daran hinderte, ihr zuzustimmen, Unbehaglich trat er von einem Fuß auf den anderen.
Vanessas unangenehme Art und der Gedanke daran, wie sie Charity durch ihre herablassenden Äußerungen verletzt hatte, hinderten ihn daran, ihr zu antworten.
„In meinen Augen ist Charity die weiblichste Frau, die mir je begegnet ist." In den dreißig Jahren seines Lebens hatte er noch nie offener die Wahrheit ausgesprochen.
„Ja,
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