Der Fremde vom anderen Stern
wenn das so ist." Vanessas Lächeln gefror, ihr Blick wurde eisig.
„Der Versuch ist schließlich nicht strafbar, oder?"
„Nein, sicherlich nicht."
Sie schaute ihn neugierig an, wieder funkelte Belustigung in ihren Augen.
„Sie sind ein merkwürdiges Wesen, Starbuck. Aber andererseits - trifft das im Grunde nicht auf jeden von uns zu?" Langsam streifte sie ihre dicken gefütterten Lederhandschuhe über. „Und jetzt will ich Sie nicht weiter stören", wechselte sie das Thema. „Es gibt nichts Besseres als einen Spaziergang im Wald, um die Gedanken zu klären. Gehen Sie ruhig hinein", wies sie ihn an. „Der Pförtner am Empfang wird Dylan sagen, daß Sie da sind, und sich darum kümmern, daß Sie einen Mitarbeiterausweis bekommen."
Danach verließ sie das Laboratorium und ging in Richtung Wald, ohne sich einmal umzuschauen.
Starbuck folgte ihr eine Weile mit seinem Blick und fragte sich verwundert, warum ihre sanften, anmutigen Hüftbewegungen ihn nicht so ansprachen, wie dies bei Charity der Fall war.
Doch er beschloß, später in aller Ruhe über dieses Problem nachzudenken, und betrat das Gebäude, das die Neugier aller Bewohner von Castle Mountain erregte.
Es verwunderte ihn in keiner Weise, daß die Architektur und Ausstattung von Dylans Laboratorium den meisten anderen Einrichtungen dieser Art in vielen Bereichen weit voraus war. In den sarnianischen Lehrbüchern hieß es, daß es sich bei Dylan Prescott um einen außergewöhnlichen Wissenschaftler handelte. Nachdem Starbuck einen Morgen lang mit ihm diskutiert und erfahren hatte, wie er darauf gekommen war, daß in der Quantenphysik der Schlüssel zu Zeitreisen verborgen lag, konnte er das, was in den Büchern seiner Heimat stand, nur bestätigen.
Es dauerte dann auch nicht lange, da kamen sie zu dem Schluß, daß die elektromagnetischen Felder, die durch die Sonneneruptionen hervorgerufen wurden, zweifellos dafür verantwortlich waren, daß Starbuck bei seiner Projektion durch den Weltraum zeitlichen und räumlichen Ergebnisschwankungen unterworfen gewesen war. |
Obwohl er mit dieser ausgesprochen logischen Lösung mehr als zufrieden war, gab es dennoch etwas, was ihm starkes Kopfzerbrechen bereitete. Etwas, das er Dylan nicht anvertrauen wollte.
Er hatte das - zugegeben wissenschaftlich nicht nachweisbare - Gefühl, daß die Sonneneruptionen nicht die einzige Erklärung für die zeitlichen und räumlichen Ungenauigkeiten seiner Weltraumreise waren. Sicher, es mochte ein wenig weit hergeholt klingen, aber wenn sich nun herausstellen sollte, daß er von Charity hierhergebracht worden war? Von ihrem Tagtraum?
Diese Vorstellung war zu verwirrend und zu unlogisch, als daß er sie hätte ernst nehmen können.
Doch sosehr er sich auch bemühte, es gelang Starbuck einfach nicht, diesen Gedanken völlig aus seinem Kopf zu verbannen.
Es war jetzt drei Tage her, seit Charity Starbuck das Leben gerettet hatte, doch in ihren Ermittlungen war sie noch keinen Schritt vorangekommen.
Von seinen Sachen fehlte weiterhin jede Spur, und kein Mensch konnte sich erinnern, Starbuck schon früher gesehen zu haben. Da Fremde selten auf die Insel kamen - besonders im Winter -
folgerte Charity, daß man Starbuck auf dem Festland überfallen und ihn anschließend nach Castle Mountain gebracht hatte, um ihn loszuwerden.
Aber wer sollte so etwas tun? Und aus welchem Grund?
In ganz Neuengland gab es kein Polizeirevier, das ihr hätte weiterhelfen können. Es gab weder eine Vermißtenmeldung, die auf Bram Starbuck paßte, noch einen Haftbefehl für jemanden, der ihm ähnelte. Sie hatte fast das Gefühl, als sei er direkt vom Himmel gefallen.
Charity trank Kaffee und trommelte nervös mit den Fingern auf den kunstvoll geschnitzten Armlehnen des alten Lehnstuhls ihres Vaters herum. Angestrengt versuchte sie, ihr berufliches und persönliches Interesse an dem rätselhaften gutaussehenden Fremden zu ergründen und voneinander zu trennen.
Als Polizistin ärgerte es sie, daß sie offensichtlich nicht in der Lage war, diesen einfachen Fall zu lösen. Als Frau mußte sie ständig daran denken, wie wundervoll es war, wenn sich seine Augen vor Begehren verdunkelten, sobald er sie nur ansah. Als Revierleiterin hatte sie sich vorgenommen, ihre Fahndungen bis nach New York auszuweiten. Als Frau träumte |sie davon, eng umschlungen mit diesem Mann auf dem weichen Teppich vor dem Kaminfeuer zu liegen, während draußen ein Schneesturm tobte.
Aber so wie es aussah, würde es wohl
Weitere Kostenlose Bücher