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Der Fremde vom anderen Stern

Der Fremde vom anderen Stern

Titel: Der Fremde vom anderen Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joann Ross
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tastete sie seinen Körper nach eventuellen Knochenbrüchen ab, suchte nach Erfrierungserscheinungen. Da sie keine Verletzungen fand, begann sie unverzüglich, seine Arme und Beine zu reiben. Sein Haar und die Augenbrauen waren mit Eiskristallen bedeckt, und irgendwie kam ihr dieser Mann bekannt vor, doch Charity wußte beim besten Willen nicht, wo sie ihn schon einmal gesehen haben konnte.
    Sie  preßte  beide  Hände  auf  seine  sonnengebräunte  Brust  und  begann  mit  Wiederbelebungsversuchen und Mund-zu-Mund-Beatmung.
    Zuerst spürte Starbuck eine angenehme Wärme an seinen Lippen, dann ein rhythmisches Pressen auf seiner Brust.
    „Ja, gut so!" rief Charity, als sein breiter Brustkorb sich wieder regelmäßig hob und senkte. „Weiter so! Nicht aufgeben! Schön gleichmäßig atmen!"
    Starbuck las ihre Gedanken und sah, daß sie Angst hatte. Es faszinierte ihn, daß sie sich so große Sorgen um einen Mann machen konnte, der ihr völlig fremd war. Er nahm sich vor, darüber nachzudenken, wenn er wieder bei Kräften war.
    Energisch setzte Charity ihre Herzmassage fort und rief ihm immer wieder aufmunternde Worte zu.
    Starbuck hatte fast das Gefühl, daß sie ebenso stur war wie er. Vielleicht war sie auch ein typischer Einzelgänger, genau wie er selbst. Es war schon interessant, daß Wesen von zwei völlig verschiedenen Planeten gleiche Charaktereigenschaften haben konnten.
    Charity legte ein Ohr an seine Brust. Sein Atem war flach, aber gleichmäßig, der Herzschlag wieder kräftig.
    „Ich kann Sie nicht allein hochheben", erklärte sie ihm. „Aber ich werde Sie bestimmt nicht hier liegen lassen. Also müssen Sie mir schon ein wenig helfen."
    Starbuck öffnete die Augen und begegnete ihrem Blick.
    „Ihnen helfen?"
    Da seine Mutter seit Jahren nur noch samianisch sprach, war Starbuck auf Juliannas Audiodisketten angewiesen gewesen, um sein Englisch zu verbessern. Er hoffte, daß er den richtigen Akzent getroffen hatte, und stellte erleichtert fest, daß der Fremden offensichtlich nichts an seiner Sprechweise auffiel.
    „Wir müssen zum Wagen." Die Stimme der Terranerin klang weitaus melodischer und angenehmer als die Computersimulationen, mit denen er geübt hatte. „Meinen Sie, Sie schaffen es aufzustehen?"
    „Natürlich."
    Es war schon schlimm genug, daß diese Frau ihn halb tot vorgefunden hatte, aber wenn er weiterhin Schwäche zeigte, würde er gänzlich sein Gesicht verlieren. Er schüttelte ihre Hände ab und erhob sich mit einem Ruck.
    Blitzartige Lichter tanzten vor seinen Augen, seine Beine zitterten, und Charity konnte ihn gerade noch rechtzeitig auffangen.
    „Das ist die Quittung dafür, wenn man versucht, den Supermann zu spielen", murmelte sie und legte den Arm um seine Hüften. ,Atmen Sie erst einmal schön tief durch, dann kommt Ihr Fahrgestell auch wieder in die Gänge."
    Sie war ziemlich stark für ihre zierliche Statur - sie reichte ihm noch nicht einmal bis zur Schulter.
    „Mein Fahrgestell?"
    „Das ist nur so eine Redensart", entgegnete sie fast gleichzeitig mit dem Übersetzungsmodul in seinem Mittelohr. „Geht es Ihnen jetzt etwas besser?"
    Merkwürdigerweise hatte es wirklich geholfen, ein paarmal tief durchzuatmen. Er konnte sogar wieder klar denken.
    „Ja, danke", erwiderte er mit der ihm von klein auf anerzogenen unverbindlichen Höflichkeit.
    Sie schaute sich in dem wirbelnden Schnee um. „Sind Sie allein?"
    „Ja." Er fragte sich, was sie wohl sagen würde, wenn sie wüßte, wie allein er im Moment war.
    „Sie zittern ja ganz fürchterlich." Besorgt schaute sie ihn an. „Kommen Sie, wir müssen zusehen, daß Sie sich aufwärmen können. Dann erzählen Sie mir in aller Ruhe, was geschehen ist."
    Ihr Fahrzeug kam ihm altmodischer vor als die Fortbewegungsmittel, die er in den Archivhologrammen gesehen hatte. Vielleicht hatte er sich ja nicht nur im Ort, sondern auch in der Zeit vertan.
    „Zum Glück habe ich immer ein paar Decken im Jeep", meinte sie, und sie wirkte erstaunlich munter für eine Frau, die selbst völlig durchgefroren war. An ihren Wimpern hingen funkelnde Eiskristalle.
    Starbuck stieg in den Wagen und ließ sich von Charity in eine dicke rote Wolldecke hüllen. Seine Hände und Füße waren ohne Gefühl, und er wunderte sich, daß die Menschen mit so unangenehmen körperlichen Erscheinungen leben konnten.
    „So, das hätten wir." Sie packte ihn warm ein wie ein Kind und schloß dann die Beifahrertür. Dann ging sie um den Wagen herum und

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