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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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hören wollen.«
    »Wirklich nicht?«, fragte er und sah zwischen den beiden hin und her, als würden ihm die Regeln der Etikette erst langsam bewusst. »Entschuldigung«, sagte er, als er den gereizten Blick seiner Frau bemerkte. »Wir Jungs, was?«, sagte er zu Hawley, wandte sich ihm zu und wollte ihn in eine Zweier-Verschwörung ziehen. »Wir können nichts richtig machen, oder?«
    »Hawley ganz sicher nicht«, sagte Cora. »Er ist völlig unbrauchbar. Schlimmer noch als unbrauchbar.« Sie sagte das mit einem aufgesetzten Lächeln, als wäre das alles ein riesiger Scherz, nur lachte niemand darüber.
    Nicholas hustete, um das Schweigen zu brechen. »Ich dachte, dass Alec hinter dem jungen Ding vom letzten Mal her war«, sagte Louise. »Er schien an ihr Gefallen zu finden.«
    »An was für einem jungen Ding?«
    »Dem Mädchen, das für Hawley arbeitet. Diese unscheinbare Kleine mit der hässlichen Narbe auf der Lippe. Wie hieß sie noch?«
    »Ethel ist eine anständige, respektable junge Frau«, sagte Hawley tonlos. »Ich wage sehr zu bezweifeln, dass sie an jemandem wie Alec Heath interessiert sein könnte.«
    »Mein Mann hat die armselige Kreatur unter seine Fittiche genommen«, sagte Cora verärgert. »Ich glaube, er denkt, es lässt ihn gütig und großzügig erscheinen, wenn er einem Nichts wie ihr erlaubt, sich mit uns in Verbindung zu bringen. Er hat sogar vorgeschlagen, wir sollten sie in die Music Hall Ladies’ Guild einladen.«
    »Oh, das finde ich nicht«, sagte Louise schnell, die keinesfalls eine weitere nicht standesgemäße Person auf ihren Vorschlag hin zugelassen sehen wollte. Cora hatte ihr schon genug geschadet.
    »Warum nicht?«, fragte Hawley beleidigt. »Wäre sie nicht für jede Gesellschaft eine würdige Ergänzung?«
    »Ich glaube einfach nicht, dass sie die Art Frau ist, nach der wir suchen«, sagte Louise, die sich keinesfalls zu irgendetwas drängen lassen wollte. »Und wahrscheinlich sieht sie es umgekehrt genauso.«
    »Sie gehört nicht zu uns«, sagte Cora.
    Louise leckte sich die Lippen und sah eine seltene Gelegenheit. »Wenn dir natürlich daran liegt, Cora, solltest du mit ihr zusammen vielleicht eine eigene Gruppe bilden. Eine neue Gesellschaft, wenn ihr mögt.«
    »Aber mir liegt nichts daran. Ich stimme dir völlig zu. Wie ich schon sagte, sie gehört ganz und gar nicht zu uns.«
    »Zu
uns
sicher nicht«, sagte Louise. »Sie ist ganz offensichtlich niemand, den ich meinem Schwager Lord Smythson vorstellen könnte …«
    »Louise«, warnte Nicholas sie, der sah, worauf sie abzielte.
    »Aber
ich
habe Lord Smythson auch nie kennengelernt«, sagte Cora.
    »Nein, das hast du tatsächlich nicht.«
    »Und Ethel LeNeve und ich gehören kaum derselben Klasse an.«
    Louise nickte und sagte eine Weile lang nichts. »Natürlich arbeitet sie mit deinem Mann«, fuhr sie endlich fort. »Sie nehmen dieselbe Stellung im Leben ein. Was bedeuten würde, dass du dich ihr gegenüber alles in allem etwas herablassend verhältst.«
    Cora spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Obwohl ihr bewusst war, dass das Verhältnis zwischen ihr und den Mitgliedern der Music Hall Ladies’ Guild zunehmend abkühlte, war ihr doch unerfindlich, warum Louise sie plötzlich so provozierte. Sicher, sie hatte sich in letzter Zeit unvorteilhaft benommen, aber das lag doch nur daran, dass sie zu viel Wein getrunken hatte. Sie hatte sich entschuldigt und versprochen, dass so etwas nie wieder vorkommen würde. Sie sah Nicholas an, der schnell in seine Karten starrte, und dann Hawley.
    Louise war selbst etwas verblüfft, wie herausfordernd sie so früh am Abend schon war. Die Worte schienen aus ihrem Mund zu fliegen, bevor sie etwas daran ändern konnte.
    »Willst du nicht etwas sagen?«, verlangte Cora nach einer Weile und starrte Hawley an, als wäre er der Grund für die Beleidigung, wofür sie ihn aufgrund seiner Verbindung zu Ethel LeNeve auch hielt. »Willst du mich nicht verteidigen?«
    »Doch, das will ich«, sagte er mit fester Stimme, beugte sich vor und deutete mit dem Finger auf Louise. »Ich finde, das ist sehr unfair, was Sie da sagen, Louise, das denke ich wirklich. Es tut mir leid, ich weiß, Sie sind unser Gast, aber das muss ich sagen.«
    »Also«, sagte Cora selbstgefällig und zufrieden mit ihm.
    »Zu sagen, dass Ethel LeNeve eine minderwertige Person ist, ist einfach falsch. Nur, dass Sie es wissen: Sie ist eine gebildete, intelligente, geistreiche und angenehme junge Lady.«
    »Ethel

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