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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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konnte, ihr vor allen anderen zu erklären, dass er frisch verheiratet und ganz und gar nicht an ihren Annäherungsversuchen interessiert sei, was für sie äußerst peinlich gewesen war und ihm Bewunderung eingebracht hatte.
    Seitdem waren die Teeeinladungen ausgeblieben, und ihre Teilnahme an den Treffen der Gilde wurde zunehmend unangenehm. Ihr war bewusst, dass Nicholas Smythson ein Geburtstagsdinner plante, und noch bewusster war ihr, dass sie bislang nicht dazu eingeladen war. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie aus der Music Hall Ladies’ Guild ausgeschlossen werden, und was blieb ihr dann noch? Nichts als Hawley.
    Im Licht dieser Umstände hatte Cora die Smythsons zu einem Bridgeabend eingeladen, obwohl sie nicht sonderlich an einem Zusammensein mit ihnen interessiert war. Aber da Mrs Louise Smythson sie ursprünglich in die Music Hall Ladies’ Guild gebracht hatte, blieb Cora nur, sie ein weiteres Mal mit ihrem beispielhaften Verhalten zu beeindrucken. Daher die Einladung ins Haus am Hilldrop Crescent.
    »Die beiden sind so ein merkwürdiges Paar«, beschwerte sich Nicholas, als er und Louise sich dem Haus näherten. »Jedes Mal, wenn wir sie sehen, geraten sie am Ende in Streit. Es ist so außerordentlich peinlich.«
    »Du hast ja recht, Liebling«, stimmte ihm Mrs Louise Smythson zu. »Aber es ist so gut wie unmöglich, dieser Frau mit einem Nein zu kommen. Sie lässt nicht locker. Doch ganz unter uns, ich glaube, sie wird bald schon aus unserer Gruppe entfernt werden.«
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte sie und nickte. »Aber sage noch niemandem etwas davon. Margaret Nash und ich haben darüber gesprochen, und einige andere auch. Wir denken, sie ist zu vulgär.«
    »Nun, du warst diejenige, die sie in euren Kreis eingeladen hat, meine Liebe. Daran kannst du nur dir die Schuld geben.«
    »Ich habe sie eingeladen, weil ich dachte, sie wäre wirklich jemand. Sie hat so viele außergewöhnliche Dinge behauptet. Aber ich habe mich geirrt. Die Frau ist eindeutig verrückt. Sie lebt im Irrglauben einer Größe, die sie niemals erreichen wird. Zum Beispiel dieser Unsinn, dass sie eine Sängerin ist. Angeblich steht sie immer kurz davor, zu einem internationalen Star zu werden, doch wird das je geschehen? Nein. Es ist nichts als lächerlich. Einmal hat sie mir erzählt, sie werde im Buckingham Palace vor der Königin singen. Reine Hirngespinste. Nein, ich fürchte, die Zeit ist gekommen, Cora Crippen und ihren langweiligen Mann für immer aus unserem Leben zu entfernen. Ich verspreche dir, das ist heute der letzte Abend mit ihnen.«
    »Warum gehen wir dann überhaupt noch hin?«, fragte Nicholas gereizt. »Warum konnte die neue Politik nicht schon gestern anfangen?«
    »Weil es einer gewissen Zeit bedarf, Nicholas, deshalb. Bisher sind erst zwei Ladys aus der Gilde ausgeschlossen worden, die sich ähnlich schlimm verhalten haben. Natürlich können wir jemanden nicht ohne Grund hinauswerfen. Das Ganze vollzieht sich über Andeutungen und ist weit subtiler, als du es dir vorstellst. Ich habe vor, damit zu beginnen, dass ich sie nicht zu deinem Geburtstagsdinner am nächsten Wochenende einlade. Sie weiß davon und lauert schon lange auf eine Einladung. Ich glaube, deswegen veranstaltet sie heute diesen Kartenabend überhaupt. Sie hofft, dass ich mich erkenntlich zeige, was ich nicht tun werde. Sonst würde sie sich wahrscheinlich nur wieder betrinken und versuchen, Alfred zu verführen.«
    »Alfred ist noch ein Kind, meine Liebe.«
    »Du kennst die Geschichte nicht, die ich gehört habe, Nicholas«, antwortete sie wissend. »Pass nur auf. Sie wird den ganzen Abend verzweifelt versuchen, unsere Gnade wiederzuerlangen.«
    Nicholas nickte. Es war ihm ziemlich egal, ob sie zu seinem Geburtstagsdinner kam oder nicht. Er war gegen den Charme der meisten Freundinnen seiner Frau immun und hatte wenig Interesse, sich mit ihnen zu unterhalten. Wenn sie kamen, okay, wenn nicht, ebenfalls. Für gewöhnlich redete er sowieso nur mit ihren Ehemännern. Nicht, dass Hawley Crippen sehr gesprächig gewesen wäre. Der verdammte Narr bekam kaum die Zähne auseinander, es sei denn, man stellte ihm eine direkte Frage, und selbst dann wurde er ständig von seiner Frau untergebuttert. Nicholas konnte nicht verstehen, dass sich ein Mann so herumstoßen ließ.
    »Lass dich nicht so hängen, wenn du gehst, Nicholas«, schalt ihn Louise. »Du kriegst einen Buckel, wenn du nicht vorsichtig bist.«
    »Cora, wie schön, dich zu sehen«, sagte

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