Der freundliche Mr Crippen | Roman
gejagt und am höchsten Punkt der Stadt aufgehängt werden, die Leute sollten sie mit Steinen bewerfen, damit sie den Tag verflucht, da ihr Vater das Pferd bestieg, das ihre Mutter war«, sagte Eduardo. »An ihr sollte ein Exempel statuiert werden.«
»Ach ja, Crippen«, sagte Andrew, der sich allerdings nur ungenau an ihn erinnerte. »Was ist mit ihm? Warum starrst du ihn so an?«, fragte er genervt und gar nicht glücklich darüber, dass seine Rede über die Probleme Englands von seiner Frau unterbrochen worden war.
»Ihn starre ich nicht an«, verteidigte sich seine Frau, wandte sich den drei Männern wieder zu und tat gleichzeitig einen Schritt vor, um die Gruppe verschwörerischer wirken zu lassen. »Es geht darum, wer da bei ihm ist. Seine Frau hat ihn verlassen, weißt du. Offenbar ist sie nach Amerika gefahren, um sich um einen kranken Verwandten zu kümmern, aber Louise Smythson und ich, wir denken, dass mehr dahintersteckt. Und jetzt ist er mit einer anderen Frau hier im Theater.«
»In meinem Land können Männer viele Frauen haben«, sagte Señor del Poco mit triumphierender Miene. »Es gibt so viele Schönheiten wie Sterne am Himmel.« Tatsächlich war es etliche Jahre her, dass er eine Frau auch nur berührt hatte, aber das hätte er niemals zugegeben. »Für einen mexikanischen Mann gibt es nur eine Sache, die wichtiger ist als Frauen. Geld. Weil man sich mit Geld alles kaufen kann.«
»Es ist eine Schande«, sagte Margaret, die einen weiteren Blick auf die andere Seite des Raumes warf. »Er hat die Frau dabei, die an dem Abend mit am Tisch saß. Ich kann mich an ihren Namen nicht erinnern, doch es war etwas Gewöhnliches. Und hässlich ist sie auch noch, mit dieser abscheulichen Narbe auf der Lippe. Sieh sie nur an, aufgeputzt, als wäre sie jemand, und das, während sich seine Frau einer so wunderbar mildtätigen Aufgabe widmet. Schändlich. Denkst du, ich sollte hinübergehen und etwas sagen?«
»Nein, lass ihn in Ruhe«, sagte Andrew. »Er ist ein schrecklicher Langweiler, wenn ich mich recht erinnere.«
Sie wartete, bis sie es nicht mehr aushielt und ihre Wut die Oberhand gewann. Trotz Andrews Drängen, die beiden nicht zu behelligen, entschuldigte sie sich bei ihren Begleitern, und lief hinüber in die Ecke des Raumes, wo Hawley und Ethel miteinander schwatzten. Sie standen nahe beieinander, und seine Hand hielt liebevoll ihren Ellbogen.
»Dr. Crippen?«, sagte Margaret, stellte sich zu ihnen und reckte den Hals vor wie ein Truthahn.
Er sah sie an, leicht verwirrt, und das Lächeln wich aus seinem Gesicht. »Ja«, sagte er.
»Margaret Nash«, sagte sie. »Mein Mann und ich haben vor einiger Zeit einen netten Abend in Ihrem Haus verbracht.«
Hawley nickte und wartete ein paar Augenblicke, bis er begriff, dass ihm nichts übrig blieb, als zu antworten. »Ich erinnere mich«, sagte er. »Wie geht es Ihnen?«
»Sehr gut«, sagte sie. »Andrew und ich lieben das Theater so sehr. Wir kommen, so oft es geht. Sind Sie ein regelmäßiger Theatergeher?«
»Eigentlich nicht«, antwortete er und sah hinüber zum Zuschauersaal. »Nun ja, wir müssen zurück zu unseren Plätzen.«
»Oh, nur noch einen Moment«, sagte Margaret, stellte sich ihm in den Weg und sah Ethel an. »Hallo«, sagte sie und setzte ein falsches Lächeln auf. »Wir kennen uns doch auch, oder?«
»Ich glaube nicht«, sagte Ethel.
»Doch, natürlich kennen wir uns. Ich erinnere mich an Ihr Gesicht. Die Narbe, sie ist unverwechselbar.«
»Miss LeNeve ist eine Kollegin von mir«, sagte Hawley schroff, »und jetzt müssen wir wirklich zurück zu unseren Plätzen.«
»So eine schöne Halskette«, sagte Margaret, hob die Hand und griff nach dem blauen Saphiranhänger, der auf Ethels Brust hing. Hätte sie noch fester zugegriffen, hätte sie ihr die Luft abgedrückt. »Aber die kenne ich doch auch, oder?«
»Das bezweifle ich«, sagte Hawley und versuchte verzweifelt, von ihr wegzukommen.
»Natürlich kenne ich die. Sie gehört Cora. Genau wie die schönen Ohrringe, die Sie tragen. Wie nett von ihr, sie Ihnen zu überlassen, während sie weg ist. Das passt so zu ihrer Gutherzigkeit.«
Sie musterte Ethel mit einem kalten Lächeln, und ihre oberen Schneidezähne schoben sich ganz leicht über die Unterlippe. Ethel erwiderte ihren Blick und weigerte sich, ihr in die Karten zu spielen. »Ja, das ist nett, nicht wahr?«, sagte sie. »Sie ist eine sehr großzügige Frau.«
»In der Tat«, sagte Margaret und öffnete ihren
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