Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
Fächer.
    »Auf Wiedersehen«, sagte Hawley jetzt unvermittelt und drängte an ihr vorbei, wobei er Ethels Hand fasste, um sie zurück zu ihren Plätzen zu führen.
    Margaret Nash sah ihnen hinterher und kehrte vor Wut kochend zu ihren Begleitern zurück.
    »Es ist infam«, verkündete sie und unterbrach ihr Gespräch. Die drei Männer sahen sie an. »Die Frechheit dieser Frau.«
    »Was hat sie gemacht?«, fragte Andrew, der sich wunderte, dass seine Frau so tiefrot angelaufen war. Es war lange her, dass ihre Leidenschaft solche Höhen erklommen hatte.
    »Dieses kleine Flittchen stolziert an Hawley Crippens Arm herum und trägt den Schmuck seiner Frau, was, wenn du mich fragst, mehr als nur etwas merkwürdig ist. Ich kenne keine Frau, die länger verreist und ihren schönsten Schmuck zu Hause lässt.«
    »Ich würde mich da an deiner Stelle nicht einmischen«, sagte Andrew, nicht besonders am Tun und Treiben von Menschen interessiert, die ohne Bedeutung für ihn waren. »Das geht dich nichts an.«
    »Aber ich muss mich da nicht erst einmischen, Andrew. Cora Crippen ist meine Freundin. Nein, das lasse ich nicht so einfach auf sich beruhen, das verspreche ich dir.«
    Die Klingel verkündete den bevorstehenden Beginn des nächsten Akts, und sie gingen wieder hinein, wobei nur einer von ihnen wirkliche Vorfreude verspürte. Bevor die Lichter ausgingen, sah sich Margaret Nash um und versuchte zu sehen, wo Dr. Crippen und Miss LeNeve saßen, doch sie konnte die beiden nirgends entdecken. Sie sah nur zwei leere Plätze ein paar Reihen vor sich, und sie war sicher, dass sie vor der Pause noch besetzt gewesen waren.
    30.  MÄRZ
    Sie beschlossen, einen kurzen gemeinsamen Urlaub zu machen, und verbrachten vier Tage in Paris. Es war ihre erste Gelegenheit, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und sich auf eine glücklichere Zukunft zu freuen. Sie stiegen in einem Hotel in der Nähe des Arc de Triomphe ab, und der Mann an der Rezeption zuckte mit keiner Wimper, als Ethel sie beide mit verschiedenen Namen vorstellte.
    »Das sind die Franzosen«, sagte sie glücklich. »Denen sind solche Dinge egal. Nur die Engländer verbrämen ihre Scheinheiligkeit mit solcher Entrüstung.«
    Hawley war sich da nicht so sicher. Er hatte sie zu überreden versucht, sich für die Dauer der Reise Ethel Crippen zu nennen, da er überzeugt war, sonst würden sie von allen gemieden, die sahen, dass sie unverheiratet waren. Aber sie weigerte sich und sagte, sie werde sich niemals so nennen, solange es nicht tatsächlich stimmte.
    »Es kann noch lange dauern, bis Cora in eine Scheidung einwilligt«, sagte er. »Vor allem muss ich zunächst einmal herausfinden, wo sie überhaupt ist.«
    »Bis dahin bleibe ich Ethel LeNeve«, sagte sie. »Der Name war die letzten fünfundzwanzig Jahre gut genug für mich, dann wird er es auch bis zu meiner Heirat sein.« Sie hatte noch keinen Plan, wie sich auch dieses Hindernis überwinden ließ, schließlich bestand wenig Chance, dass eine Tote ihre Scheidungspapiere unterschrieb, aber natürlich konnte sie Hawley nicht gestehen, was sie getan hatte.
    Die nächsten paar Tage verbrachten sie mit Besichtigungen. Als Erstes ging es zum Eiffelturm, der vor ein paar Jahren errichtet worden war und über den sie schon viel in der Zeitung gelesen hatten. Als sie unter ihm standen und in die Höhe blickten, erfasste Hawley ein Schwindel, und er musste sich auf den Boden setzen und den Kopf zwischen die Knie nehmen, was ihm peinlich war. Sie besuchten Notre-Dame und Sacré-Cœur und lagen vor Letzterer stundenlang im Gras und genossen die Frühlingssonne. Kinder rannten um sie herum, und alte Leute mühten sich die Stufen zur Kirche hinauf. Ethel hatte alles Nötige für ein Picknick gekauft, und so saßen sie da und fühlten sich weit, weit entfernt von der Gewalt, mit der sie in London zu tun gehabt hatten. Ein Stück weiter saß ein alter Mann mit einer großen Tüte Brotkrumen auf einer Bank. Reglos wie eine Statue saß er da, streute sich Krumen auf Schultern, Kopf und Knie und erlaubte den Tauben um ihn herum, ihn zu umschwärmen und von ihm zu speisen. Er zuckte kein einziges Mal und schien die amüsierten Blicke der Passanten nicht zu bemerken.
    »Hawley«, sagte Ethel, während sie dort saßen, nachdem sie eine Weile nachgedacht und den Gedanken in ihrem Kopf so formuliert hatte, dass er nicht zu verdächtig erscheinen würde. »Ich habe eine Idee.«
    »Ja?«
    »Es geht um Cora.«
    Er stöhnte. »Es ist so schön

Weitere Kostenlose Bücher