Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
über die römische Innenpolitik zu erfahren, aber ich wußte es besser.
    Botschafter leben von Insider-Informationen und Gerüchten.
    Untereinander diskutieren sie freimütig all die Themen, die die Römer lieber vermeiden. Sie bekommen alles mit und sind stets bemüht, sich die Gunst von Römern mit guten Beziehungen zu sichern.
    Der damalige ägyptische Botschafter war ein alter, degenerierter Fettwanst namens Lisas. Er war schon seit Ewigkeiten in Rom und kannte jeden. Die Verbindung zwischen Ptolemaios und Crassus habe ich bereits erwähnt, weswegen es nahelag, Lisas auszuhorchen. Außerdem hatte ich Hunger, und Lisas genoß einen hervorragenden Ruf als Gastgeber.
    Die ägyptische Botschaft war eine ausgedehnte Ansammlung verschiedener Gebäude außerhalb der Stadtmauern am Hang des Janiculum. Architektur und Inneneinrichtung waren ein Beispiel jenes großartigen hellenistischen Mischmaschs aus griechischen und ägyptischen Einflüssen, der so typisch für Alexandria war.
    Hermes betrachtete staunend das Anwesen.
    »Bist du schon mal in diese Gegend gekommen, als du weggelaufen bist?« fragte ich ihn.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nie zuvor außerhalb der Stadtmauern gewesen.«
    »Das ist auch gut so. Wenn die Ägypter einen Ausreißer fangen, verfüttern sie ihn an die Krokodile in ihrem Teich.«
    Genau in diesem Moment brüllte eines der trägen Viecher von der anderen Seite der Mauer, die das Gelände umgab.
    »Das habe ich auch schon gehört«, sagte Hermes mit blassern Gesicht. »Ist das wirklich wahr?«
    »Absolut«, versicherte ich ihm. Am Tor stand ein livrierter Sklave zur Begrüßung der Besucher, und als er die Insignien meines Senatorenstandes sah, verbeugte er sich so tief, daß seine Nase fast meinen Knöchel gestreift hätte.
    »Senator Decius Caecilius Metellus der Jüngere wünscht den Botschafter Lisas zu sprechen«, erklärte ich pompös. Der Sklave führte mich in ein großzügiges Atrium und eilte auf der Suche nach seinem Herren davon. In der Mitte des Raumes stand eine Sphinx aus weißem Marmor mit dem Gesicht Alexanders des Großen.
    Wenige Minuten später kam Lisas unter einem Schwall Begrüßungsfloskeln hereingewatschelt. Neben seiner beträchtlichen Körperfülle zeichneten ihn noch eine riesige schwarze Perücke und grotesk dick aufgetragenes Makeup aus.
    Wie alle Mitglieder der herrschenden Kaste Ägyptens war er macedonischer Abstammung, posierte aber in der Aufmachung der pharaonischen Vergangenheit. Er war berühmt wegen seiner vielfältigen Perversionen, von denen einige außerhalb Ägyptens noch völlig unbekannt gewesen waren, bis er sie nach Rom gebracht hatte. Trotz alledem mochte ich den Mann, weil er freundlich und rücksichtsvoll war.
    »Es ist so gut, dich wieder in unserer Mitte zu sehen, Decius Caecilius«, sagte Lisas, während er Hermes sehnsüchtig musterte. Ich wußte, daß er nicht mehr tun würde als gucken. Er hatte zu gute Manieren, um unanständige Anträge betreffs des Sklaven eines anderen Mannes zu machen. »Wie ich sehe, bist du ganz blaß vor Hunger. Bitte folge mir, damit wir diese Not lindern können.« Ich folgte ihm in ein Triclinium, in dem wir für ein mittleres Bankett gedeckt war. Es war zwar keine reguläre Essenzeit, aber Lisas hielt in diesem Raum stets ein Büffet für unangemeldete Besucher bereit. Ich packte mir einen Teller voll geräucherten Fisch, eingelegter Zunge und anderen Köstlichkeiten, die nicht warm serviert werden mußten. Lisas tat dasselbe, und wir setzten uns zu Tisch, um uns zu unterhalten. Da es sich hierbei um einen rein informellen Besuch handelte, verzichteten wir auf Sofas und Bedienung. Ich sprach das Thema an, das mich beschäftigte, und er dachte einen Moment lang nach, während er sich gezuckerte Datteln in den Mund stopfte.
    »Crassus und Caesar...« Seine patschigen Finger malten sinnlose Zeichen in die Luft. »Man hört ja so viele Gerüchte.«
    »Was für Gerüchte?« fragte ich.
    »Erinnerst du dich noch an das Jahr, in dem Caesar Aedil war?«
    »Wer könnte dieses Jahres vergessen?« sagte ich. »Er hat die großartigsten Spiele der Welt inszeniert.«
    »Es gab damals Gerüchte, wohlgemerkt nur Gerüchte, daß er mehr als sein öffentliches Amt und fantastische Spiele im Sinn hatte. Angeblich war er zusammen mit Crassus an einer Verschwörung mit dem Ziel eines Staatsstreiches beteiligt.
    Weißt du noch, daß die designierten Konsuln jenes Jahres ihr Amt nicht antreten durften?«
    »Ja«, sagte ich. Im

Weitere Kostenlose Bücher