Der Frevel des Clodius
Wahrsager-Symbolen verziert war.
Ich bahnte mir einen Weg durch die Gaffenden und betrat das Innere der Bude. Drinnen stand ein Mann mit einer purpurbestickten Toga, der zwei Sekretären, die mit Stilus und Wachstäfelchen bereitstanden, etwas diktierte.
Alle drei starrten auf die am Boden liegende Leiche Purpureas, die die mittlerweile vertrauten Wunden an Hals und Stirn aufwies. Ihr Gesicht war in einer Maske des Entsetzens verzerrt, so übertrieben wie die, die auf der Bühne getragen werden. Im Gegensatz zu den anderen Opfern hatte sie gewußt, was ihr bevorstand.
»Guten Tag, Senator«, sagte der Mann in der Toga praetexta.
Er war etwa vierzig Jahre alt mit ernstem Gesicht und rötlichem Haar. »Ich bin Lucius Domitius Ahenobarbus, curulischer Aedil.
Diese Frau ist im Laufe des Vormittags ermordet worden.
Kanntest du sie, oder wolltest du nur erfahren, was der Aufruhr zu bedeuten hat?« Ich nannte ihm meinen Namen und genug von meiner Abstammung, so daß er wußte, mit wem er es zu tun hatte. »Ich habe sie in den letzten Tagen im Rahmen einer Ermittlung, mit der ich betraut bin, mehrmals verhört.«
»Eine Untersuchung in wessen Namen?« fragte er scharf.
»Metellus Celer«, sagte ich.
»Er verfügt über keinerlei diesbezügliche Autorität. Aber wir wissen beide, daß er einer der beiden Konsuln des nächsten Jahres wird, wenn ich mein Amt niedergelegt habe, also will ich über sein Recht, dich zu ernennen, nicht weiter diskutieren.«
»Wie wurde sie entdeckt?« fragte ich.
»Verschiedene Leute haben im Laufe des Vormittags diese Bude betreten, sie aber im Glauben, es sei niemand hier, wieder verlassen. Ein Würstchenverkäufer, der seinen Stand in der Nähe hat, wollte sie fragen, ob sie neben Kräutern auch Knoblauch führe, und entdeckte ihren Fuß, der hinter einem Stapel Körbe hervorragte. Ihr Mörder hat die Leiche versteckt.«
»Weiß man irgend etwas über sie?« fragte ich.
»Nichts außer ihrem Namen und ihrem Beruf«, sagte Domitius.
»Ich nehme an, sie hatte keine Lizenz, ihr Gewerbe auf dem Forum zu betreiben?«
»Wie sollte sie?« sagte er. »Es ist illegal.« Er nahm meinen tadelnden Blick wahr. »Schon gut, ich weiß, daß es unsere Pflicht ist, sie von den Foren und Märkten zu vertreiben, aber das Amt des Aedilen wurde geschaffen, als Rom etwa über ein Zehntel seiner heutigen Größe verfügte. Wir müssen Gewichte und Maßbänder prüfen, müssen gegen Wucher und Fälschungen vorgehen, die öffentlichen Spiele veranstalten, die Straßen sauberhalten und pflastern...« Er warf die Arme in die Luft. »Ich könnte ein ganzes Jahr damit zubringen, nur die Weinhandlungen und Bordelle zu kontrollieren, was eine weitere unserer Pflichten ist, und trotzdem nicht alle inspiziert haben!«
»Die Lasten des Amtes sind schwer«, stimmte ich ihm zu.
»Hast du eine Ahnung, ob sie frei geboren war? Wenn sie eine Freigelassene ist, könnte ihr früherer Besitzer die Leiche für die Beerdigung reklamieren.«
»Das will ich gerade herausfinden. Einer meiner Sekretäre wird von hier direkt zu den Archiven gehen.«
»Wenn du es herausgefunden hast, könntest du es mich wissen lassen? Du tätest mir einen großen Gefallen.«
Sein beschwerliches Amt hatte ihn gelangweilt, aber das heiterte ihn ein wenig auf. Es bedeutete, daß er mich irgendwann ebenfalls um einen Gefallen bitten konnte, und das war keine Kleinigkeit, wenn die beteiligten Parteien Domitius und Metellus hießen.
»Mit dem größten Vergnügen, Senator.«
»Danke. Mein Haus liegt in der Subura. Dein Bote kann jeden dort fragen, wo er mich antrifft.« Ich verabschiedete mich und trat ins Freie. Ich vergewisserte mich, daß mein Caestus griffbereit war und mein Dolch locker in der Scheide steckte. So wie sich die Dinge entwickelten, konnte es nicht mehr lange dauern, bis der Mann mit dem Messer und dem Hammer zu mir kam.
Der Tempel des Castor ist der schönste in Rom. Er war vor mehr als vierhundert Jahren erbaut worden, aus Dankbarkeit für unseren Sieg am See Regillus. Der volle Name lautet Tempel des Castor und des Pollux, aber niemand scherte sich um den armen Pollux, der genau wie Remus der vergessene Zwillingsbruder ist.
Ich traf Julia auf der obersten Stufe der Treppe zwischen zwei hohen, schlanken Säulen stehend. Sie trug ein gegürtetes, blaß safranfarbenes Gewand mit einem Umhang in einem dunkleren Gelb. Ihr einziger Schmuck war eine Kette aus goldenen und bernsteinfarbenen Perlen. Sie war so anders als Clodia,
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