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Der Frevel des Clodius

Der Frevel des Clodius

Titel: Der Frevel des Clodius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wie eine Frau nur sein konnte, und das war das größte Kompliment, das mir einfiel. Sie lächelte, als ich ihr die Stufen hinauf entgegenkam. Sie hatte wunderbare Zähne.
    »Du bist zu früh«, sagte sie. »Die Sonne ist noch nicht ganz untergegangen.«
    »Ich wollte dich gerne wiedersehen.« Ich sah mich in dem Portikus um, der völlig verlassen wirkte. »Keine Großmama, die im Schatten lauen?«
    »Wir sind sicher«, sagte sie. »Ich besuche angeblich eine Tante im Haus der Vestalinnen.«
    »Ich habe dort auch eine Tante«, bemerkte ich blöde.
    »Ich bin sogar wirklich dorthin gegangen«, sagte sie. »Ich würde bei so etwas nicht lügen.«
    »Das ist nichts, was die Götter ernsthaft erzürnen wird«, beruhigte ich sie. »Bevor ich es vergesse - als du gesagt hast, daß in der Nacht der rätselhaften Ereignisse auch Fulvia in Caesars Haus war, meintest du da die jüngere, die Verlobte von Clodius?«
    »Ja. Die ältere Fulvia hat die Stadt im letzten Jahr in Schande verlassen. Ich habe Fulvia an jenem Abend getroffen, bevor sich die unverheirateten Frauen zurückziehen mußten. Sie ist ein wunderschönes Geschöpf. Ich habe allerlei Gerüchte über sie gehört, aber das kann ich einfach nicht glauben. Niemand, der noch so jung ist, kann schon so schlecht sein.«
    »Oh, doch«, versicherte ich ihr. »Manche Menschen sind von Geburt an schlecht. Das Alter verleiht diesem jugendlichen Versprechen nur noch Erfahrung und Vorsicht. Ich habe sie gestern kennengelernt und hätte selbst keine passendere Partie für Clodius auswählen können. Mit ein bißchen Glück bringen sie sich gegenseitig um, aber der Gedanke, daß sie Kinder in die Welt setzen, die überleben, läßt mich um das zukünftige Schicksal Roms zittern.«
    Sie lachte fröhlich. »Deine Art zu übertreiben ist einfach hinreißend.« Das arme, naive Mädchen. Sie glaubte, ich würde übertreiben.
    »Was habt ihr unverheirateten Frauen eigentlich an jenem Abend gemacht? Oder ist das auch ein Tabuthema?«
    »Oh, nein. Es gibt eine einleitende Zeremonie, eine Anrufung der Göttin. Danach beginnen die Mysterien, und wir müssen den Raum verlassen. Wir haben die meiste Zeit schwatzend und tratschend im hinteren Teil des Hauses gesessen, wo wir auch die ganze Nacht geblieben wären, wenn die Veranstaltung nicht wegen Clodius' Anwesenheit unterbrochen worden wäre.«
    »Ich verstehe.«
    »Und, willst du nicht hören, was ich herausgefunden habe?«
    »Aber sicher. Was läßt dich daran zweifeln?«
    »Weil du dich benimmst wie ein Mann!« Als ob das eine Art Fluch wäre.
    »Das will ich doch hoffen. Also, was hast du herausgefunden?«
    »Ich habe herausgefunden, wie Clodius reingekommen ist!«
    »Fantastisch. Aber wir wissen bereits, daß er als Frau verkleidet war.«
    »Ja, ja, aber er ist nicht mit den anderen gekommen. Er traf erst später ein, als die Mysterien schon im Gange waren. Er kam verkleidet mit der Frau, die die Lorbeerblätter bringt.«
    »Lorbeerblätter?« sagte ich. »Du meinst Kränze?» »Nein, Blätter, eingeweicht in irgendeiner obskuren Tinktur nach uraltem Rezept. Die Frauen kauen sie während einer späteren Phase des Rituals. Danach geht es ziemlich... locker zu, nach allem, was ich gehört habe.«
    »Man stelle sich das vor«, sagte ich, »respektable römische Matronen führen sich auf wie eine Horde Maenaden.« Dann wurde mir auf einmal klar, was sie gesagt hatte. »Diese Frau, mit der Clodius gekommen ist - du hast nicht zufällig ihren Namen mitbekommen, oder?«
    Julia zuckte die Schultern. »Es war eine bäuerliche Kräuterfrau. Ist das wichtig?«
    Ich lehnte mich gegen eine der kannelierten Säulen und rieb mir die Augen. Mein Kopf begann zu pochen.
    »Ich könnte dich auf die andere Seite des Forums führen und dir ihre Leiche zeigen.«
    Julia riß die Augen auf und stieß einen Laut des Entsetzens aus. Sie hatte bisher ein wohlbehütetes Leben geführt. »Ist sie ermordet worden?«
    »Das Gemetzel nimmt Formen an wie im Krieg«, sagte ich.
    »Bisher vier Tote, Sklaven, Bauern, Patrizier. Was wohl als nächstes kommt? Ein Eunuch?«
    »Dann hat dir meine Information gar nichts genutzt?« Sie sah so niedergeschlagen aus, daß ich mich beeilte, ihr das Gegenteil zu versichern.
    »Aber keineswegs. Was du mir berichtet hast, wird sich wahrscheinlich als eine Information von allergrößter Bedeutung erweisen. Die Morde sind auf irgendeine Weise mit dem Frevel verknüpft.«
    »Er war sicherlich skandalös«, sagte sie, »aber ist das

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