Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Friseur und die Kanzlerin

Der Friseur und die Kanzlerin

Titel: Der Friseur und die Kanzlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Mendoza
Vom Netzwerk:
befestigen.
    «Ich bin gekommen, um dich um einen Gefallen zu bitten», sagte ich, als wir fertig waren.
    «Das ist kein günstiger Zeitpunkt.»
    «Es geht nicht um Geld, sondern um eine Dienstleistung. Um eine bezahlte.»
    Wir handelten einen Stundensatz aus, obwohl ich keine Ahnung hatte, woher ich das Geld nehmen sollte.
    Es war ziemlich schwierig, sein Podest in den Bus zu verfrachten, aber noch bevor die wenigen Läden, die nicht ferienhalber geschlossen waren, öffneten, hatte sich die Statue gegenüber dem Haus von Romulus dem Schönen aufgebaut.
    «Wird sich niemand wundern, dass ich gerade diesen Ort ausgesucht habe?», sagte der Dandy Morgan, bevor er seine königliche Pose einnahm. «Diesen Platz betritt ja kein Schwein.»
    «Ach, die Leute achten gar nicht drauf. Und überhaupt, was spielt das für dich schon für eine Rolle? Ich komme für den entgangenen Gewinn auf. Deine Aufgabe ist es, unverwandt den Hauseingang dort im Auge zu behalten. Ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn jemand hineingeht oder herauskommt, benachrichtigst du mich. Schreib dir meine Handynummer auf.»
    «Kann ich nicht. Ich bin der Unbeweglichkeit verpflichtet.»
    «Und wenn du pinkeln musst?»
    «Ich trage Pampers.»
    «Also, dann notier es dir eben im Kopf, und ich komme zur Essenszeit, damit du mir berichten kannst.»
    Punkt neun schloss ich schon den Damensalon auf. Um Viertel nach elf kam ein Trottel herein und fragte nach einem chinesischen Warenhaus in der Nähe. Ich schickte ihn zu La Bamba, nicht ohne ihm vorher, vergeblich, Haarewaschen und -schneiden sowie Rasieren zum Preis einer einzigen Leistung vorgeschlagen zu haben. Und dann kam niemand mehr. Um zwei machte ich dicht und ging zum Dandy Morgan.
    «Was Neues?»
    Er gab keine Antwort. Er bequemte sich nicht einmal, die Augen zu senken.
    «Na, komm schon, Mann, es sieht uns doch keiner», drängte ich ihn.
    Fast ohne Lippenbewegungen murmelte er seinen Bericht. Den ganzen Morgen waren nur wenige Leute aus dem Haus herausgekommen und noch weniger hineingegangen. Von den Hineingegangenen gehörten zwei zur Gruppe der vorher Herausgekommenen, und vier waren hineingegangen, ohne vorher herausgekommen zu sein, waren aber nach einer Weile wieder herausgekommen; eine Person war hineingegangen und noch nicht wieder herausgekommen. Von denen, die herausgekommen waren, ohne hineingegangen zu sein, waren zwei wieder hineingegangen, und die anderen waren noch nicht wieder hineingegangen.
    «Das hast du ausgezeichnet gemacht, mein Lieber», sagte ich ermunternd. «Und jetzt sag mir, unter denen, die herausgekommen sind, gab es da eine umwerfend aussehende Dame?»
    «Ja», sagte er, jetzt ohne seine majestätische Arroganz. «Punkt halb elf ist ein Superstück rausgekommen. Als Königin von Portugal trage ich zwar keine Armbanduhr, aber in dem Lokal hinter mir läuft das Radio auf Hochtouren, und jede halbe Stunde kommen Nachrichten. Jetzt zum Beispiel muss es kurz nach zwei sein. So verliere ich das Zeitgefühl nicht.»
    «Je besser ich dich kennenlerne, desto mehr bewundere ich dich. Und die fragliche Dame, wie sah sie aus?»
    Aus der eingehenden, hyperbolischen Beschreibung schloss ich, dass es sich um Lavinia Torrada gehandelt hatte. Statistisch gesehen war es unwahrscheinlich, dass in diesem Schundhaus gleich zwei Klassefrauen wohnten. Die unsere war um die vom Dandy Morgan genannte Zeit ohne Begleitung herausgekommen, aber vor der Tür erwartete sie ein Herr, der ein paar Minuten zuvor im Auto angefahren war, in der Nähe des Hauses geparkt hatte, ausgestiegen war, zunächst das Lokal betreten und dann ohne Anzeichen von Ungeduld auf dem Bürgersteig gewartet hatte. Als die Frau von Romulus dem Schönen herauskam, begrüßten sich die beiden mit einem angedeuteten Lächeln und einem Kopfnicken, ohne sich auf die Wangen oder sonst wohin zu küssen oder sich auch nur die Hand zu geben. Sie hatten ein paar Worte gewechselt und waren dann schweigend zum Auto gegangen, eingestiegen und davongefahren.
    «Nichts hat darauf hingewiesen, dass sie eine Affäre haben», schloss er, «aber vielleicht haben sie es auch nur kaschiert. In solchen Fällen weiß man nie. Zudem war er ein vulgärer Typ. Mittleren Alters, geschmacklos gekleidet, sah aus wie ein Einfaltspinsel. Hat überhaupt nicht zu dieser Sehenswürdigkeit gepasst.»
    «Man hat schon Merkwürdigeres gesehen. Hast du dir das Autokennzeichen merken können?»
    «Natürlich, wofür hältst du mich?»
    Ich notierte es mir und trat

Weitere Kostenlose Bücher