Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)
Liste.« Civilai lächelte bei dem Gedanken, seine einstigen Kollegen ans Messer zu liefern. »Die bekommen im Handumdrehen eine Reisegenehmigung.«
»Also, das kann ich mir nun wieder nicht vorstellen«, sagte Siri und wischte sich die letzten Brotkrümel vom Schoß. »Dazu sind sie viel zu prominent. Wenn ein namhafter Bonze in der Gegend wäre, wüsste noch der letzte Provinzkader davon.«
»Aber einen Versuch wäre es wert«, meinte Phosy und setzte sie auf die Liste. »Sihot soll überprüfen, ob in dem Bezirk irgendwelche politischen Konferenzen stattfanden, während Phan sich dort aufhielt.«
»Aber vergessen Sie nicht, dass er gleich zwei Mal da war«, rief Siri ihm ins Gedächtnis. »Einmal, um sie zu verführen, und dann noch einmal zur Hochzeit. Sein Dienstplan muss also ziemlich flexibel gewesen sein.«
»Oder er hat sich den Ort nur ausgesucht, weil er wusste, dass er ohnehin nach ein paar Wochen wiederkommen würde.«
»Gut«, sagte Siri. »Des Weiteren bitte ich sämtliche Abteilungen – Pardon, ich meine natürlich Ministerien – auf die Liste zu setzen, die im Bereich Vang Vieng/Ban Xon Projekte durchführen. Straßenbau fällt bekanntlich aus, also fangen wir mit der Forstwirtschaft an.«
»Fischerei, Gesundheit, Landwirtschaft«, ratterte Civilai herunter.
»Landesentwicklung, Kultur«, ergänzte Siri, »und ich denke da insbesondere an die Herrschaften, die in regelmäßigen Abständen in die Dörfer der Bergvölker einfallen, um diese davon zu überzeugen, dass es ihnen als laotische Staatsbürger wesentlich besser gehen würde.«
»Nicht so schnell«, sagte Phosy.
»Sie wissen schon«, setzte Civilai hinzu. »Praktisch jedes Ministerium unterhält eine Abteilung, die das Hinterland abklappert. Man müsste sich mit ihnen allen in Verbindung setzen und herausfinden, ob sie in fraglichem Zeitraum in der Region unterwegs waren.«
»Und das Ergebnis damit abgleichen, welche Projekte in den letzten fünfzehn Jahren in Luang Nam Tha durchgeführt wurden«, gab Siri zu bedenken. »Vielleicht finden Sie ja ein paar alte Hasen, die es bis heute nicht geschafft haben, über den Mekong zu entkommen, und sich daran erinnern, was dort oben vor sich ging. Moment mal, gibt es nicht eine Behörde, die sämtliche Projekte koordiniert?«
»Die Nationale Koordinationsstelle: drei Männer, eine Frau und so viel Papierkram, dass sich ihr Büro nur mit Schneeschuhen durchqueren lässt«, sagte Civilai. »Vergiss es. Das bedeutet jede Menge Lauferei, Phosy. Gute, alte Polizeiarbeit.«
13
FLITTERWOCHEN IN DER HÖLLE
Der Brief, auf den Phan gewartet hatte, kam am Dienstagmittag. Er fuhr mit dem Laster zum Bureau de Poste und fand zwei Umschläge in seinem Fach. Der eine war rosa, parfümiert und aus Thaxi. Phan machte sich nicht einmal die Mühe, ihn zu lesen. Er riss ihn entzwei und warf ihn in den großen Plastikpapierkorb an der Tür. Mit dem stinkenden Parfümflittchen hatte er eine glatte Niete gezogen. In ihrem vorigen Brief hatte sie ihm reumütig gestanden, dass sie ihn bei ihrem letzten Treffen belogen habe, und ihm eine erste sexuelle Erfahrung im zarten Alter von fünfzehn Jahren gebeichtet. Sie hoffe, er wisse ihre Aufrichtigkeit zu schätzen, denn es dürfe keine Geheimnisse zwischen ihnen geben. Sie hoffe, das werde sich nicht nachteilig auf ihre Heiratspläne auswirken.
»Nein, Schätzchen. Die sind damit ein für alle Mal vom Tisch. Elende Schlampe!« Das Einzige, worauf er scharf gewesen war, besaß sie nun nicht mehr.
Der zweite Umschlag ließ sein Herz höher schlagen. Er war nicht frankiert und durch die Hand eines Boten in sein Fach gelangt. Unter einem großen Mangobaum setzte er sich auf die Erde und faltete den Brief auseinander. Eine winzige, grazile Raupe seilte sich an einem feinen Seidenfaden ab und landete auf dem linierten Blatt Papier. Sie war ein Omen. Darauf konnte er gut verzichten. Er zerquetschte sie mit dem Daumen und wischte sich die Hand an seiner marineblauen Hose ab.
Er bewunderte ihre ordentliche Handschrift.
Liebster Phan,
ich kann Dir gar nicht sagen, wie viel Dein Brief mir
bedeutet hat. Ich hatte im Tempel dafür gebetet, dass Du mich in Deine Welt mitnimmst. In der meinen kann ich nichts mehr lernen und erfahren. Jetzt ist es an der Zeit, meinen Horizont zu erweitern. Die Hochzeitsfeier ist für den Abend des 26. angesetzt. Ich hoffe, das lässt sich mit Deinen Plänen und Deiner Arbeit vereinbaren. So können wir gleich am Morgen des 27.
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