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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sagte Meister James, »jeder von uns hat seine Blessuren davongetragen. Wir haben es ihnen nicht leicht gemacht. Martin hier wurde bewußtlos geknüppelt und ins Gebüsch geworfen. Und Roger schlug wie wild mit der Peitsche um sich und hat zwei von den Schuften übel zugerichtet, bevor sie ihn vom Wagen rissen und mit der Peitschenschnur fesselten. Doch wir waren nur fünf gegen eine doppelt so große Übermacht, die dazu noch schwer bewaffnet und bereit war zu töten. Auf unsere Pferde hatten sie’s vor allem abgesehen, sie besaßen nur drei, die meisten Wegelagerer mußten also laufen; aber auch der Wagen kam ihnen offenbar gelegen, denn einer von ihnen war wohl schon verwundet. Sie prügelten und drängten uns beiseite, und ehe wir uns versahen, waren sie mit Rössern und Wagen auf einem Pfad, der gen Süden führt, im Wald verschwunden. Und mit ihnen die ganze Ladung. Als ich ihnen zusammen mit dem jungen Payne nachrennen wollte, schossen sie mit Pfeilen nach uns, wobei mich einer an der Schulter streifte – Ihr könnt die Wunde hier sehen. Uns blieb nichts weiter übrig, als aufzugeben und Martin und Roger zu befreien. Auch Nicol, obwohl weit älter als wir, hat sich wacker geschlagen und geweigert, den Schlüssel der Truhe herauszugeben, aber sie warfen ihn vom Wagen, und nun ist auch die Truhe verschwunden, denn sie lag zwischen dem Bauholz. Was hätten wir noch tun können? Wir waren nicht darauf gefaßt gewesen, in einem Wald so nah bei Leicester auf eine bewaffnete Horde zu stoßen.«
    »Ihr habt alles Menschenmögliche getan«, sagte der Abt entschlossen. »Ich bedauere nur, daß Ihr solcher Gefahr ausgesetzt wart, und bin über alle Maßen erleichtert, daß Euch Schlimmeres erspart geblieben ist. Ruht Euch ein paar Tage bei uns aus und laßt Eure Wunden pflegen, bevor Ihr den Heimweg antretet. Ich frage mich, wer diese Schufte sein mögen, die so zahlreich und so gut bewaffnet umherstreunen. Wie sahen sie aus, wie armselige Bettler oder wie grausame Barbaren, die ihre Untaten nicht mit Bedürftigkeit rechtfertigen könnten?«
    »Vater«, sagte Meister James in ernstem Tone, »ich habe wohl noch nie arme Teufel gesehen, die feine Lederwamse und feste Stiefel trugen und Dolche wie die Leibwache eines Barons.«
    »Und sie zogen gen Süden ab?« fragte Cadfael, der über einen Wegelagerertrupp rätselte, der zwar äußerst waffenbewehrt, aber ohne Reitpferde war.
    »Nach Südwesten«, verbesserte der junge Martin. »Und wie es aussah, in größter Eile.«
    »Wohl deshalb, um möglichst schnell außer Reichweite des Grafen von Leicester zu sein«, mutmaßte Cadfael. »Der würde, sollten sie ihm in die Hände fallen, kurzen Prozeß mit ihnen machen. Ich frage mich, ob sie nicht zu den Horden gehören, die Geoffrey de Mandeville einst um sich scharte und die jetzt, da der König wieder Herr über die Fens ist, in weniger beschützte Beuteländer dringen. Sie haben sich in alle Richtungen zerstreut, werden überall davongejagt und wollen gewiß nicht in Leicesters Grafschaft verweilen.«
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich. Kein Übeltäter bei Verstand würde seinen räuberischen Geschäften in einem Gebiet nachgehen, das von einem so mächtigen und tatkräftigen Herrn beherrscht wurde, wie Robert Beaumont, Graf von Leicester, es war. Er war der jüngere der Beaumont-Zwillingsbrüder, der Söhne des älteren Robert, der einer der treuesten Anhänger des alten Königs Henry gewesen war, ähnlich wie sie jetzt König Stephen unterstützten. Ihr Vater war als Herr der Grafschaft Leicester in England, Beaumont, Brionne und Pontaudemer in der Normandie sowie der Grafschaft Meulan in Frankreich gestorben, und bei seinem Tod hatte der ältere Zwillingsbruder Waleran die normannischen und französischen Gebiete geerbt, der jüngere Robert dagegen die englischen Titel.
    »Er ist gewiß nicht der Mann, der Diebe und Banditen in seinen Landen duldet«, sagte der Abt. »Durchaus möglich, daß er die Schurken noch faßt, bevor sie aus seinem Territorium entwischen können. Und vielleicht wird uns einiges von den gesammelten Spenden wieder zukommen. Doc h zurück zu Euren Begleitern, Meister James. Sie sind, wie Ihr sagt, alle am Leben. Und wo genau halten sie sich jetzt auf?«
    »Nun, Herr, als wir wieder allein waren – und wären die Angreifer nicht so in Eile gewesen, so hätten sie mit Sicherheit keinen von uns am Leben gelassen, um von der Tat zu berichten – , kümmerten wir uns zunächst um die schlimmsten

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