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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wieder seiner Arbeit am Blasebalg zu. Der Lärm des Schmiedehammers folgte Cadfael auf seinem Weg über den Hof zu der weitgeöffneten Tür des Schuppens.
    Gregory und Lambert waren beide drinnen – damit beschäftigt, den Wagen an seiner Deichsel in eine Ecke zu ziehen. Die Wärme des Pferdes, das sie kurz vorher abgeschirrt hatten, hing noch in der Luft. Beide waren stämmig und muskulös und von ihrer Arbeit im Freien wettergegerbt. Der eine war gute zwanzig Jahre älter als der andere, so daß sie leicht Vater und Sohn hätten sein können. Die meisten Männer dieser ländlichen Gegenden, die durch Leibeigenschaft, aber auch durch einen unverbrüchlichen Hang an ihre Scholle gebunden waren, heirateten meist in einem Umkreis von nur wenigen Meilen und besaßen oft eine große Familienähnlichkeit und eine starke Treue zu ihrem Clan. Aufgrund ihrer walisischen Abstammung waren sie eher klein, drahtig und zäh und auf Unabhängigkeit bedacht.
    Sie grüßten Cadfael höflich und ohne sonderlich überrascht zu sein. In den letzten beiden Jahren war Cadfael erst ein gelegentlicher und dann ein willkommener Besucher geworden.
    Aber als er jetzt erläuterte, was er von ihnen erfahren wollte, schüttelten sie betrübt die Köpfe und setzten sich ohne Eile auf die Deichsel, um nachzudenken.
    »Wir haben den Wagen hinuntergebracht, bevor es dunkelte«, sagte der Ältere schließlich und kniff die Augen zusammen, als versuche er, die Woche voller Arbeit und gelegentlicher Mußestunden im Geiste vorbeistreichen zu lassen, »aber es war ein pechschwarzer Tag, selbst mittags schon. Als wir anfingen, das Holz auf den Wagen des Klosters umzuladen, tauchte der Subprior zwischen den Gräbern auf und sagte: ›Leute, helft uns, die Schätze da drinnen ins Trockene zu schaffen, denn die Wasser steigen immer schneller.‹«
    »Subprior Richard?« fragte Cadfael. »Seid Ihr sicher, daß er es war?«
    »Gewiß, ihn kenne ich genau, und es war noch nicht so dunkel. Lambert kann das bestätigen. Also gingen wir hinein und rafften die Wandbehänge zusammen, trugen Kisten an die Stellen, die man uns gewiesen hatte – auf den Speicher über der Scheune und hinauf in Cynrics Wohnung. Es war recht dunkel da drinnen, und die Brüder eilten hin und her, schleppten Truhen, Kerzenständer und Kruzifixe, und den Lampen ging das Öl aus, oder sie wurden vom Luftzug der offenen Türen ausgeblasen. Sobald das Kirchenschiff leergeräumt schien, gingen wir hinaus und machten uns wieder an unsere Arbeit.«
    »Aldhelm ist noch einmal hineingegangen«, sagte der junge Lambert, der bisher nur stumm dagesessen und zustimmend genickt hatte.
    »Aldhelm?« fragte Cadfael.
    »Er ist herbeigekommen, um bei uns auszuhelfen«, erklärte Gregory.
    »Er besitzt eine achtel Hufe Land nahe Preston und ist Schäfer auf dem Landgut Upton.«
    Also gab es noch jemanden, der verhört werden mußte, bis die Aufgabe als erledigt gelten konnte. Doch nicht heute, dachte Cadfael, die Zeit überschlagend, die ihm noch blieb.
    »Dieser Aldhelm half also wie ihr in der Kirche aus? Und ging im letzten Augenblick noch einmal hinein?«
    »Einer der Brüder packte ihn am Ärmel und zog ihn hinein, um irgendein letztes Ding zu bergen«, sagte Gregory gleichgültig. »Wir waren da schon wieder beim Umladen, und ich weiß nur, daß jemand ihn rief und daß er zurückging. Er blieb freilich nur ein paar Augenblicke, denn als wir mit der nächsten Ladung zum Klosterwagen kamen, war er schon wieder da und half uns, die Stämme hochzuhieven und zu verkeilen. Und der Mönch war zurück auf dem Weg zur Kirche.
    Er rief uns ›Gute Nacht‹ zu.«
    »Aber er war mit Aldhelm wieder auf die Straße getreten?« fragte Cadfael beharrlich.
    »Jeder war erleichtert, denn alles Wertvolle war an sicheren und trockenen Orten verstaut, bis das Hochwasser zurückgehen würde. Als höflicher Mensch wollte er uns danken und uns einen Segenswunsch zurufen – warum nicht?«
    In der Tat, warum nicht, wenn ehrliche Männer ihre Hilfe anboten, noch dazu ohne Entgelt? »Ihr habt nicht zufällig gesehen«, fragte Cadfael behutsam, »ob die beiden etwas mit sich trugen und es auf den Klosterwagen luden? Bevor er euch mit seinem Segenswunsch verließ?«
    Sie sahen sich nachdenklich an und schüttelten die Köpfe.
    »Wir waren dabei, die Stämme zum hinteren Teil des Wagens zu tragen, um sie leichter abladen zu können. Wir hörten sie kommen. Wir waren mit schwerem Holz bepackt. Als wir beim Klosterwagen angelangt

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