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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Brauen hochgezogen, lauschte er dieser späten Kunde. Und als er sie vernommen hatte, sprach er nachdenklich: »Es ist höchste Zeit für sie. Wie könnten wir ihr diesen Wunsch ausschlagen? Ihr sagt, sie haben genügend Wachen für ihn? Ja, laßt ihn gehen.«
    »Und Vater Herluin? Soll ich auch ihn um Erlaubnis bitten?«
    »Nein. Tutilo befindet sich innerhalb meiner Mauern und steht unter meiner Obhut. Holt ihn aus seiner Zelle, Cadfael, und laßt ihn mit den Männern nach Longner ziehen. Wenn ihr tatsächlich nur noch wenig Zeit bleibt, so vergeudet sie nicht.«
    Cadfael eilte zum Torhaus zurück. »Er wird kommen. Wartet hier, ich bringe Euch den Jungen.«
    Als er den Schlüssel beim Pförtner vom Haken nahm, wunderte es ihn kaum, daß der Haken daneben leer war. Jetzt verlief alles mit traumähnlicher Gewißheit. Daalny hatte also doch gehandelt. Sie mußte den zweiten Schlüssel während der Vesper von dem Haken genommen haben, an den der Pförtner, wie sie beobachtet hatte, mittags den ersten gehängt hatte.
    Aber sie hatte die Dämmerung abwarten müssen, bevor sie den Schlüssel benutzen konnte. Jetzt, da die Brüder sich zur Komplet in der Kirche versammelten, schlug ihre Stunde.
    Cadfael ließ die Boten aus Longner am Tor warten und machte sich eilig auf den Weg vorbei am Schulzimmer hin zu den Büßerzellen, wo im engen Durchgang zur Pforte in der Klostermauer schon tiefe Schatten hingen.
    Und da war sie. Cadfael gewahrte sie sofort, obwohl sie auch nur ein schmaler Schatten in der tiefen Türöffnung war. Er hörte, wie der Schlüssel vergeblich in einem Schloß knirschte, in das er nicht paßte, und vernahm ihr hilfloses, verärgertes Schnaufen, während sie immer wieder das Unmögliche versuchte. Er hörte sie zornig mit dem Fuß aufstampfen und mit den Zähnen knirschen, so sehr mit ihrem Tun beschäftigt, daß sie Cadfael erst bemerkte, als er sie sanft mit dem Arm zur Seite schob.
    »Es ist zwecklos, mein Kind«, sagte er. »Laßt es mich machen.«
    Sie stieß einen erstickten Verzweiflungsschrei aus und wich aufgebracht zurück. Aus der Zelle war kein Laut zu hören, obwohl die kleine Lampe des Gefangenen brannte und ihr Licht matt durch das hohe, vergitterte Fenster schimmerte.
    »Wartet, so wartet doch!« sagte Cadfael. »Ihr habt hier eine Botschaft zu überbringen und ich ebenfalls. So laßt es uns beide tun.« Er bückte sich, um den falschen Schlüssel aufzuheben, der ihr vor Schreck aus der Hand gefallen war.
    »Kommt, ich lasse Euch hinein.«
    Der richtige Schlüssel drehte sich geschmeidig im Schloß, und Cadfael öffnete die Tür. Kerzengerade und starr stand Tutilo vor ihnen, sein Gesicht eine schmale, blasse Flamme, seine bernsteinfarbenen Augen weit und vor Schreck aufgerissen. Er hatte nichts von Daalnys Vorhaben gewußt, ahnte auch nicht, was auf ihn wartete und warum sich diese schwere Tür jetzt, am Ende des Tages, nachdem die Besuchszeit vorüber war, noch einmal öffnete.
    »Sagt, was Ihr ihm habt sagen wollen«, forderte Cadfael Daalny auf. »Aber haltet Euch kurz. Vergeudet keine Zeit. Denn ich, und auch er, haben keine zu vergeuden.«
    Voller Anspannung und Unsicherheit zögerte Daalny einen Augenblick, ehe sie plötzlich in die Zelle stürzte, als fürchte sie, die Tür könnte wieder zugeschlagen werden, bevor sie es zu verhindern vermochte, obwohl Cadfael sich nicht von der Stelle bewegt hatte. Tutilo starrte verwirrt von einem zum anderen, ohne etwas zu begreifen, ja, fast ohne sie zu erkennen.
    »Tutilo«, sagte sie leise und beschwörend, »geh, du mußt jetzt gehen. Durch die Pforte hier, und du bist frei. Und bist du erst außerhalb der Mauern, wird dich keiner sehen. Sie sind jetzt alle in der Kirche. Geh, rasch, solange noch Zeit ist. Geh nach Westen, nach Wales. Laß dich hier nicht zum Sündenbock machen, geh, jetzt… rasch!«
    Mit einem Schauer erwachte Tutilo aus seiner Benommenheit, goldene Flammen blitzten in seinen Augen auf.
    »Frei? Was hast du getan? Daalny, sie werden sich gegen dich wenden…« Am ganzen Leibe zitternd, drehte er sich zu Cadfael um, argwöhnisch und im Zweifel, ob er einen Freund oder einen Feind vor sich hatte. »Ich verstehe nicht.«
    »Das war es, was sie Euch sagen wollte«, sprach Cadfael.
    »Auch ich habe eine Botschaft für Euch. Sulien Blount ist mit einem Pferd für Euch hier, um Euch zu bitten, daß Ihr zu seiner Mutter kommt, jetzt sofort, denn Lady Donata liegt im Sterben und möchte Euch sehen – und hören – bevor sie

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