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Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Der Fruehling des Commissario Ricciardi

Titel: Der Fruehling des Commissario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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ob sein Vorgesetzter sich vielleicht nicht wohl fühle.
    Er hüstelte noch einmal. Ricciardi kam zu sich und warf ihm einen undefinierbaren Blick zu.
    Maione begriff, dass er das Verhör würde führen müssen, auch wenn er nicht hätte sagen können warum. Der Kommissar schien einem Gespenst gegenüberzusitzen.
    »Signorina, kennen Sie eine gewisse Carmela Calise, von Beruf Kartenlegerin?«
    Also darum ging es. Enricas Freundin hatte ihr von dem Verbrechen erzählt und sie war schockiert gewesen. Die arme Frau, sie hatte sie ja noch am Tag vor ihrem Tod gesehen – wirklich ein furchtbares Ende! Sofort fühlte sie sich jedoch auf frischer Tat ertappt und schämte sichentsetzlich: Er wusste es also! Wusste, dass sie sich an eine Kartenlegerin gewandt hatte und dachte nun vielleicht, sie sei ein kleines Dummchen, oder schlimmer noch eine Abergläubige, die eine Hexe befragte, um ihre Probleme zu lösen.
    Sie kniff die Lippen zusammen; die Augen hinter der runden Hornbrille funkelten böse.
    »Ja, sicher. Ich habe von ... dem Unglück gehört. Ich hatte sie am Tag zuvor aufgesucht. Na und? Ist das etwa verboten?«
    Maione schlug angesichts des unerwartet aggressiven Tonfalls die Augen nieder.
    »Nein, natürlich nicht. Wir würden nur gern wissen, ob Ihnen vielleicht irgendetwas Merkwürdiges aufgefallen ist. In der Art, wie die Calise sich benahm, ob sie anders war als sonst.«
    Was hieß hier anders als sonst! Als ob sie eine feste Kundin wäre, die sich regelmäßig in der schäbigen, übelriechenden Wohnung aufhielt. Sie hatte keine Lust, sich weiter beleidigen zu lassen.
    »Sehen Sie, Brigadiere, ich war zuvor nur ein einziges Mal bei ihr gewesen, gemeinsam mit einer Freundin. Folglich habe ich keine Ahnung, wie die Calise sich üblicherweise benahm. Mir ist nur aufgefallen, dass SIE MIR viel mehr Fragen gestellt hat als ich ihr, was ... meine Angelegenheiten betraf. Sonst habe ich nichts Ungewöhnliches bemerkt.«
    Maione verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere.
    »Und ist Ihnen auch beim Hereinkommen oder beim Weggehen nichts aufgefallen?«
    Enrica hatte das Gefühl zu sterben. Was mochte Ricciardi nun von ihr denken? Warum richtete er kein einziges Wort an sie? Warum benahm sie sich nur so dumm, trug diese verflixte Brille und hatte sich nicht geschminkt?
    »Nein, Brigadiere, höchstens die Pförtnerin, die mich sehr indiskret begrüßt und mich dabei gemustert hat, als versuchte sie, mich wiederzuerkennen. Wenn Sie gestatten, möchte ich jetzt gern gehen. Ich fühle mich nicht sehr wohl.«
    Maione, dem keine weiteren Fragen mehr einfielen, starrte zu dem in Stein gemeißelten Ebenbild Ricciardis, das dort am Schreibtisch saß, und wies mit der Hand zur Tür.
    Enrica stand auf und steuerte auf den Ausgang zu. Genau in dem Augenblick geschah das Wunder: Die Salzsäule erwachte zum Leben, sprang auf und streckte eine Hand nach Enrica aus.
    »Signorina, Signorina, warten Sie! Ich habe noch eine Frage, bitte, warten Sie!”
    Bei Ricciardis Tonfall standen Maione die Haare zu Berge. Noch nie hatte er den Kommissar stottern hören und würde es auch nie wieder hören wollen. Enrica hielt mitten im Schritt inne und drehte sich langsam um. Sie sprach leise und mit leicht zitternder Stimme.
    »Bitte, fragen Sie.«
    Ricciardi fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.
    »Sie waren ... waren Sie dort ... was haben Sie die Calise gefragt? Was wollten Sie von ihr wissen, bitte, was war es?«
    Maione blickte Ricciardi bestürzt an, er hatte denEindruck, er würde gleich explodieren. Doch Enrica, die dieser traurige Appell durchaus rührte, wollte nicht mit dem Schicksal verhandeln.
    »Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht. Guten Tag.«
    »Aber ich bitte, ich beschwöre Sie ... ich muss es wissen!«
    Ich bitte Sie? Ich beschwöre Sie? Drehte er denn völlig durch? Maione hätte den Kommissar am liebsten geknebelt. Als Enrica Ricciardi ansah, war ihr Herz voller Zärtlichkeit. Schließlich zog sie sich so aus der Affäre, wie Frauen es oft zu tun pflegen, wenn sie nicht wissen, worauf sie hinauswollen: Sie log.
    »Ein gesundheitliches Problem.«
    Dann verließ sie mit einem leichten Nicken das Zimmer.

    Nachdem Enrica das Büro verlassen hatte, folgte für Maione ein extrem peinlicher Moment. Weder traute er sich, Ricciardi zu fragen, was eigentlich passiert war, noch konnte er so tun, als ob er die Szene nicht mitbekommen habe.
    Der Kommissar war auf seinen Stuhl zurückgesunken, seine Augen

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