Der Frühling - Hyddenworld ; 1
wurde dann langsamer und blieb schließlich stehen.
Arthur öffnete die Türen.
»Pass auf, wo du hintrittst«, sagte er. »Hier sind überall Stufen.«
Sie trat in einen sehr großen, runden Raum, der so voller Licht und Farbe war, dass sie es nach der Dunkelheit der Tunnel kaum fassen konnte. In der Mitte erhob sich ein Podest mit allerlei Flaschenzügen, Spiegeln und Lampen, und darauf stand eine riesige, prächtige Chaiselongue, in deren Polstern ein Mann lag. Er knabberte träge an einer Praline, die auf einem silbernen, mit Edelsteinen verzierten Cocktailspieß steckte.
»Ah!«, rief er bei ihrem Anblick. »Ich bin froh, dass Sie es geschafft haben, Foale. Als sie vom Fest verschwanden, fürchtete ich schon, die Fyrd hätten Sie zusammen mit den anderen verschleppt. Aber wie es scheint, sind Sie noch am Leben! Meinen herzlichen Glückwunsch!« Dann bedachte Katherine mit einem überaus freundlichen und wohlwollenden Blick und fügte in launiger Trägheit hinzu: »So … und diese reizende junge Dame wünscht also, meine Bekanntschaft zu machen? Die zukünftige Schildmaid?«
»Ich halte es für möglich«, erwiderte Arthur Foale.
Und ehe sie sich’s versah, schüttelte Katherine, obwohl es ihr innerlich widerstrebte, die fette, schlaffe Hand des strahlenden Lord Festoon.
76
MARSCHALL BRUNTE
E s war zwei Uhr nachmittags, und Igor Brunte lauschte einem seiner neuen Untergebenen, der den aktuellsten Bericht über die Lage in Brum nach seiner schnellen und rücksichtslosen Machtübernahme in der Stadt vortrug.
Ständig gingen Leute in der behelfsmäßigen Befehlsstelle des Sub-Quentors nahe Digbeth High ein und aus und brachten die neuesten Meldungen, doch mittlerweile hatte sich die Situation beruhigt.
Hinter Brunte lagen vierundzwanzig arbeitsreiche Stunden, in denen er kein Auge zugetan hatte. Aber die Nachrichten waren alle gut, und nun, da Brum unter seiner Kontrolle war, erfüllte es ihn mit Freude, der ruhende Pol inmitten der fieberhaften Geschäftigkeit seiner Gefolgsleute zu sein. Im Moment stand er vor dem Spiegel, rasierte sein kräftiges Kinn und schnippelte an seinem buschigen Schnurrbart.
Er hatte einen Besuch zu machen, und er putzte sich heraus, damit er nicht wie ein Revolutionär aussah, sondern wie der Herrscher, der er jetzt war. Es war eine Zusammenkunft, auf die er sich freute. Er beabsichtigte nämlich, vom Hochaltermann offiziell die Macht zu übernehmen. Lord Festoon war eine Zeit lang ganz nützlich gewesen, aber jetzt brauchte Brunte eine klare Kommandostruktur – mit sich selbst an der Spitze. Für einen fetten, nutzlosen Aristokraten, der einer unfähigen Regierung als Galionsfigur gedient hatte, war darin kein Platz mehr. Obwohl er nicht mit Schwierigkeiten rechnete, beschloss er, Feld und Streik mitzunehmen, für alle Fälle.
Brunte komplettierte seine Toilette, indem er sich mit Bienenwachsbalsam einrieb, das mit einem moschusartigen Ochsenschwanzöl parfümiert war und seiner Persönlichkeit, wie er glaubte, zusätzliche Strahlkraft verlieh.
Er war sehr zufrieden mit sich und der Welt, und aus gutem Grund,denn sein minutiös geplanter Umsturz war ohne größere Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Aber er war nicht selbstgefällig. Er hatte einen soeben eingetroffenen Adjutanten gefragt, ob seiner Herrschaft noch von irgendeiner Seite Gefahr drohe, und lauschte nun dem letzten Teil des Berichts.
»… und die letzten Meldungen über das Hochwasser sind höchst erfreulich, Sir. Es geht zurück, wie erwartet … nur …«
Das waren in der Tat gute Nachrichten – alle Stellungen gesichert, der Aderlass mehr oder weniger vorbei, die Stadt in seiner Hand.
»Nur …?«
»Äh, ja, Sir. Der Rea drohte sich eine Zeit lang aufzustauen, doch wie Sie wissen, hat der Regen im Süden und Westen der Stadt nachgelassen, und wir glauben, dass dies genügen wird …«
»Sie meinen, er könnte in Richtung Northfield zurückfließen?«
»Noch weiter, Sir, bis hinauf zum Waseley Hill. Das ist immer das Problem, weil dann …«
»Weil dann das Wasser wieder herunterkommt, was seit fünfzehnhundert Jahren nicht mehr geschehen ist, wie ich mir habe sagen lassen.«
»Sie sind gut informiert, Sub-Quentor.«
Die Bemerkung, die als Schmeichelei gedacht war, rief ein Stirnrunzeln hervor, obwohl der Adjutant nichts Falsches gesagt hatte. Doch mit einem Mal hatte Brunte das Gefühl, dass der niedere Rang eines »Sub-Quentors« einem Machthaber wie ihm nicht angemessen war. Mögliche
Weitere Kostenlose Bücher