Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
Ende der Leitung. »Aber wenn es ein Problem gibt, ich weiß ja, wo du bist. Und für dich gilt dasselbe.«
Totte nickte und warf einen Blick durch das Haupttreppenhaus. Im Stockwerk über ihm war niemand zu sehen. Ein elektrisches Piano spielte eine langsame Version von Princes »Little Red Corvette«.
»Tu mir einen Gefallen, Beecher, sieh dich vor Marshall vor. Man weiß nie, wo er plötzlich auftaucht.«
Totte ging zu Pastor Fricks Zimmer und hatte keine Ahnung, wie recht er mit seiner Vermutung haben sollte.
71. KAPITEL
»Mir gefällt das neue Gebäude«, sage ich, während ich mich in dem sterilen Besucherraum umsehe.
»Du versuchst entspannt zu wirken, Benjamin. Aber das funktioniert nicht«, erwidert Nico, der mir an dem durchsichtigen runden Tisch gegenübersitzt. Er hat seine Hände auf dem Plexiglas gefaltet. In seinem Schoß liegt ein altes Buch mit einem Ledereinband. Ich versuche, den Titel auf dem Buchrücken zu erkennen, aber die Buchstaben sind zu klein.
»Wir können uns auch dort unterhalten, wenn dir das lieber ist.« Nico deutet auf die privaten Zimmer in der Ecke. Auf den Schildern darüber steht Anwaltszimmer. Sie sind für Patienten reserviert, die unter vier Augen mit ihren Anwälten reden wollen. Ich werfe einen Blick über die Schulter und sehe den Wachmann am Scanner, der uns durch das kugelsichere Glas beobachtet. Hinter ihm ist ein breites Fenster, von dem aus man die sonnige Front des Gebäudes sehen kann. Ich bin ganz froh über diesen Mangel an Privatsphäre.
»Du hast Angst, mit mir alleine zu sein«, erklärt Nico.
»Ganz und gar nicht.« Ich bemühe mich, locker zu klingen. »Warum sollte ich hierherkommen, wenn ich dich nicht sehen wollte?«
Nico starrt mich auf eine unangenehme Art und Weise an, sagt aber nichts.
»Lässt man dich immer noch die Katzen füttern?« Mir fällt wieder ein, dass er erheblich zugänglicher ist, wenn er Ja sagen kann.
»Nein. Keine Katzen mehr.« Seine Augen funkeln. Er triumphiert, als hätte er schon gewonnen. »Warum erzählst du mir nicht, aus welchem Grund du wirklich hier bist, Benjamin?«
Ich nehme an, ich soll ihn nach den Morden fragen und nach den Rittern des Goldenen Zirkels, stattdessen jedoch …
»Kanntest du meinen Vater, Nico? Damals, in Wisconsin, kanntest du da einen Albert White?«
Ich warte auf seine Reaktion. Aber wie Marshall, als ich ihn nach Clementine fragte, rührt sich auch Nico nicht. Seine Hände bleiben gefaltet.
»Ich weiß nicht, von wem du da redest, Benjamin.«
»Du kanntest keinen Albert White? Ihr wart nicht zusammen in Charleston stationiert, als Plankholders?«
Darüber lächelt er. Es ist dasselbe unheimliche, schiefe Lächeln, das er zur Schau trug, als die Secret-Service-Agenten ihn nach seinen berühmten Schüssen auf den Präsidenten zu Boden rissen. »Tut mir leid, Benjamin. Ich habe nie von einem Albert White gehört. Oder von Plankholdern.«
»Was ist mit einem Mann namens Marshall Lusk? Weißt du etwas über ihn?«
Ich ziehe die Farbkopie von Marshalls Polizeiaufnahme aus der Gesäßtasche und lege sie zwischen uns auf den Tisch. Nico beugt sich darüber und starrt in das verbrannte Gesicht von Marshall. Er fasst das Papier nicht an.
»Diese Brandwunden sind wirklich furchtbar«, erklärt Nico dann und richtet sich wieder auf.
»Kennst du ihn?«
»Seine Lippen sind weg. Weißt du, ob auch seine Zunge verbrannt wurde?« Bevor ich antworten kann, spricht er weiter. »Wenn Brandopfer sich einer Zungenoperation unterziehen müssen, nehmen sie in der Nacht davor für gewöhnlich eine letzte Nachricht an ihre Familie auf. Damit die Angehörigen ihre Stimme noch einmal hören können, falls die Operation misslingt und sie nie wieder in der Lage sind, zu reden. Hast du jemals darüber nachgedacht, wie deine letzte Nachricht wohl lauten würde?«
Ich starre auf die Fotokopie und denke an die letzte Nachricht, die mein Vater mir hinterlassen hat. Seinen Abschiedsbrief.
»Kannst du mir sagen, weshalb der Mann mit den Brandnarben verhaftet worden ist?«, erkundigt sich Nico.
»Eigentlich habe ich gehofft, du könntest mir da weiterhelfen. Inden letzten Tagen sind einige Pastoren in den Kirchen hier in der Gegend niedergeschossen worden.«
»Pastoren wurden erschossen?« Sein schiefes Grinsen wird noch breiter. »Wie kommst du darauf, dass ich darüber etwas wüsste?«
Ich schnappe mir die Fotokopie vom Tisch und lehne mich mit ausgestreckten Armen auf dem Stuhl zurück.
»Eben warst du
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