Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
Präsident wurde inzwischen von einer Gruppe hastig zusammengerufener Ärzte, die von einem gynäkologischen Chirurgen angeführt wurden, in einen Operationssaal verfrachtet, wo sie die zweite Kugel suchten. Thomas Edison schickte den Prototyp eines Röntgenapparates, den man allerdings nicht benutzte. Während die Staatsmänner nach Buffalo strömten, unter ihnen Robert Todd Lincoln, der jetzt den fragwürdigen Ruhm besaß, bei allen drei Attentaten in der Nähe gewesen zu sein, hielt die Nation den Atem an.
Die Ärzte fanden die Kugel nicht. Und mit der damaligen medizinischen Technik konnten die Ärzte das Ausmaß der Verletzung nicht erkennen. Präsident McKinley starb acht Tage später an einer Infektion.
Nachdem er seine Lieblingshymnen gesungen hatte, »Näher, mein Gott, zu dir«, und seine Lieblingsgebete gesprochen hatte, sagte McKinley noch zwei recht schlichte letzte Worte. »Oh Dear.«
Aber für den Ritter der Stäbe hatte die Schlacht gerade erst begonnen.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, der Präsident Garfield ermordet hatte, war Leon Czolgosz kein fanatischer Wahnsinniger. Er war ruhig. Unerschrocken. Er saß in seiner Gefängniszelle und kämmte sich systematisch sein Haar. Dann bat er um ein Taschentuch, das er immer und immer wieder über der Hand faltete, welche die Waffe gehalten hatte.
Und von dem Moment seiner Verhaftung an bestand Czolgosz immer nur auf einer einzigen Aussage: Er arbeitete alleine.
Was ihm niemand glaubte.
Regierungsangehörige verwiesen auf seine vielfältigen Verbindungen zu unterschiedlichen anarchistischen Gruppen.
Aber genau diese Gruppen hatten bereits fünf Tage vor dem Attentat eine Warnung in ihren anarchistischen Publikationen veröffentlicht, dass Leon Czolgosz in Wirklichkeit ein Spion der Regierung sei.
Gegenseitige Anschuldigungen gingen hin und her. Aber Leon Czolgosz blieb in seiner Haft ebenso ruhig, wie er in der Schlange gewesen war, als er darauf wartete, den Präsidenten zu töten. Er verlor nie seine übergeordnete Mission aus den Augen.
»Ich bedaure meine Tat nicht«, erklärte Czolgosz. »Ich habe für die große Sache getan, was ich konnte.«
Nach der Ermordung McKinleys schrie die Nation nach Rache. Czolgosz wurde in einem nur zwei Tage dauernden Verfahren zum Tode verurteilt. Und die Elektrizität, die die Niagarafälle spendeten, die auch die panamerikanische Expo erleuchtete, wo das Attentat stattgefunden hatte, speiste schließlich den elektrischen Stuhl, auf dem Czolgosz saß.
Nachdem er gestorben war, machte man eine Totenmaske von seinem Gesicht. Da man bei der Autopsie keinerlei Beweise von Wahnvorstellungen oder Schizophrenie in seinem Hirn fand, legte man seine Leiche in eine schwarze Truhe und übergoss sie mit Schwefelsäure. Man wollte nicht, dass Czolgosz zum Märtyrer wurde.
Sein Körper löste sich innerhalb von zwölf Stunden vollkommen auf. Seine Kleidung und all seine Briefe wurden verbrannt.
Bis auf einen.
Ein Mann namens John Grinder meldete sich. Er hatte einen Brief erhalten, den Czolgosz ihm nur wenige Wochen vor dem Attentat geschrieben hatte. Sowohl Czolgosz als auch Grinder waren Mitglieder der Goldenen Adlerloge. Diese Loge war, was die meisten Historiker zu vergessen erwähnen, auch unter einem anderen Namen bekannt.
Die Ritter des Goldenen Adlers.
Also bleibt die Frage nach der Bedeutung dessen, was Czolgosz in seinem letzten Brief mit roter Tinte notiert hat.
»Bruder Grinder, schickst Du mir bitte mein Buch?«
Bis zum heutigen Tag weiß niemand, auf welches Buch Czolgosz anspielte.
Aber natürlich wusste Czolgosz es.
Es war ein Roman namens Ein Rückblick , ein Buch, das niemals vergessen werden sollte. Vor allem nicht von dem derzeitigen Ritter und einem Mann namens Nico Hadrian.
70. KAPITEL
Heute
Washington, D. C.
Heute war ein idealer Tag, um einen Präsidenten zu ermorden.
Das war dem Ritter klar, als er die Tür mit der Aufschrift Nur für Mitarbeiter aufstieß. Er betrat den dunklen Lagerraum und verzichtete darauf, das Licht einzuschalten. Er roch die Tuben und Dosen mit den Reinigungsmitteln und frischer Farbe, die hier gelagert wurden.
Nach all der Planung war endlich der Tag gekommen. Und was für ein passender Tag: Es war der Tag der Präsidenten .
Wenn der Ritter ehrlich war, musste er zugeben, dass er gehofft hatte, die Dinge ein wenig schneller vorantreiben zu können. Aber nachdem gestern A. J. so unerwartet im Krankenhaus aufgetaucht war und all die Fragen nach dem vorigen
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