Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
das Mädchen, das vor etwa zwei Monaten die brutale Tat des Präsidenten aufgedeckt und versucht hat, ihn damit zu erpressen.
Ich muss meinen Geschmack, was Frauen angeht, unbedingt verbessern.
»Du glaubst, Clementine …?«
Die Tür zu unserem Büro wird geöffnet. Die anderen Archivare trudeln allmählich ein. Ich kratze mich am Hinterkopf und hebe einen Finger. Es wird Zeit, dieses Gespräch draußen fortzusetzen. Als wir in den Flur treten, wimmelt es dort von Angestellten. Die Secret-Service-Agenten sind zwar längst verschwunden, aber wir bleiben stumm, während wir zu der Metalltür gehen, durch die wir zu den dunklen Bücherregalen im Herzen des Nationalarchivs gelangen. Bewegungssensorenschalten Lampen ein, deren Licht uns folgt, während wir an den mit Büchern gefüllten Regalreihen vorbeigehen.
»Du glaubst, Clementine hat etwas mit diesem Mord zu tun?«, frage ich, immer noch mit gedämpfter Stimme. Ich biege scharf nach links ab und folge Totte, bis er an unserem üblichen Versteck stehen bleibt, einem rostigen Metalltisch am Ende der Reihe.
»Schließlich hatte sie auch etwas mit dem letzten Mord zu tun, oder etwa nicht?«, erkundigt sich Totte. »Beim letzten Mal hat sie dich und deinen Job im Archiv benutzt, um Präsident Wallace zu erpressen. Dann hat sie Palmiotti erschossen, ist mit den Beweisen für die Körperverletzung, die der Präsident begangen hat, verschwunden und hat dabei fast dein Leben ruiniert. Willst du wirklich herausfinden, was ihr als Zugabe einfällt?«
»Du weißt nicht, ob es eine Zugabe gibt.«
»Beecher, ihr Vater ist Nico Hadrian.« Er spielt auf den Attentäter an, der einmal versucht hat, einen Präsidenten zu erschießen, und jetzt in der psychiatrischen Klinik von St. Elizabeths in Sicherungsverwahrung sitzt. »Du weißt, dass Clementine zurückkommt. Sie weiß vom Culperring. Wenn sie also immer noch hinter dem Präsidenten her ist …«
»Sie war nicht hinter ihm her. Sie hat ihn nur erpresst, um Informationen über ihren Dad zu bekommen.«
»Und das glaubst du? Hat sie nicht auch behauptet, dass sie an einem gerade erst diagnostizierten Krebs sterben werde und dass dein eigener toter Vater in Wirklichkeit noch am Leben sei?«
»Was meinen Vater angeht, hat sie gelogen!«
»Das weiß ich, und mir ist auch klar, wie sehr dich das verletzt hat. Es ist nicht so, dass Clementine Leute nur manipuliert, Beecher … Sie ist eine Jägerin, genauso wie ihr Dad. Sie hatte es auf den Präsidenten abgesehen, hat Palmiotti getötet und wird es, ohne mit der Wimper zu zucken, noch einmal versuchen. Der einzige Grund, warum sie sich damals an dich gewendet hat, war der, dass sie einen Sündenbock brauchte. Genauso wie jetzt.« Tottes grauer Bart schimmert in der Dunkelheit zwischen den Regalen. »Nun komm schon, du weißt doch, dass es nur eine Frage der Zeit war. Clementine hat den Präsidentennicht wegen Geld erpresst. Sie wollte Informationen über ihren eigenen Dad, und du weißt genau, dass sie immer noch scharf auf diese Informationen ist. Wenn sie also dem Präsidenten etwas anbieten oder es dir einfach nur heimzahlen will, weil du sie beim letzten Mal aufgehalten hast, wäre das hier doch der ideale Weg, das zu bewerkstelligen. Dem Präsidenten zu helfen, dir einen Mordfall anzuhängen, aus dem du nicht mehr herauskommst. Sie muss nur Kontakt zu ihrem alten Freund Marshall aufnehmen …«
»Sie sind keine alten Freunde«, wende ich ein.
»Soll das heißen, sie kannten sich nicht?«
»Selbst wenn sie sich gekannt haben, nahe standen sie sich nicht.«
Totte denkt nach, während er diese Informationen verarbeitet. »Dir ist schon klar, dass deine Heimatstadt ein Nest voller Verrückter ist, oder?«
Ich nicke, während ich immer noch Tottes Telefon in der Hand halte und auf Marshalls Foto starre. Sowohl die wächserne Haut seines Gesichtes als auch sein schlaffes rechtes Auge machen Marshall mindestens zehn Jahre älter, als er ist. Und auch als ich bin. Und vor allem macht es ihn zu einem Opfer, das zehnmal mehr gelitten hat.
»Glaubst du denn, dass der Präsident Marshall zu dem hier angestiftet hat? Ich meine, falls Clementine nichts damit zu tun hat?«, erkundigt sich Totte.
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur eins: Zwei Minuten, nachdem du mir erzählt hast, dass der Präsident mich erledigen wird, werde ich plötzlich eines Verbrechens beschuldigt, das eigentlich von der Washingtoner Polizei bearbeitet werden sollte, magischerweise jedoch in den
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