Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
war alles? Hat er ihnen irgendetwas gegeben oder ein Geschenk mitgebracht?«
»Dieses Gebet war das Geschenk«, erklärte der Pastor. Zwischen seinen Brauen bildete sich eine Falte. »Danach kamen seine Leute und … Sie wissen ja, wie sie ihn hin und her hetzen. Mittlerweile war das Weihnachtsfoto von den drei Religionen bei einem Gottesdienst bereits um die ganze Welt gegangen. Und für einige bedeutete das, er hatte endlich sein wahres, blasphemisches Gesicht gezeigt.«
A. J.s Handy vibrierte. Die Anruferkennung sagte ihm, dass es derAnruf war, auf den er wartete. Er bedeutete dem Pastor mit erhobenem Finger zu schweigen, drückte das Telefon ans Ohr und nahm das Gespräch an. »Sie haben es gefunden?«, erkundigte er sich.
»Sie haben es gerade hereingebracht. Es hat den ganzen Tag gedauert, den Tatort zu untersuchen«, sagte D. C. Police Officer Saif Carvalho am anderen Ende. Officer Carvalho spielte seit drei Jahren Karten mit einem der engsten Freunde von A. J., und jetzt endlich hatte er sich für den Secret Service beworben. Wie A. J. wusste, brauchte jeder einen Kumpel, der schon dabei war.
»In einem Punkt hatten Sie recht«, sagte Carvalho. Er bezog sich auf die Pistole, mit der der Angreifer auf Pastor Frick geschossen hatte. »Es war eine alte Waffe.«
»Wie alt?«
»Ein Museumsstück. Damit meine ich, über hundert Jahre alt. Laut einem der Detectives, einem Waffennarr, nennt sich das Ding British Bulldog Pistol.«
A. J. spürte, wie sich seine Nackenhärchen aufrichteten. Nach dem, was Beecher in St. John’s gefunden hatte, hatte er den anderen Mord untersucht. Eine British Bulldog Pistol hatte Präsident Garfield getötet.
Dieser Hundesohn!
Was zum Teufel hat Palmiotti uns da eingebrockt?
A. J. rannte zur Tür, ohne sich von dem Pastor zu verabschieden. Es ging nicht nur darum, Attentate nachzustellen. Präsident Wallace hatte Zeit mit Pastor Frick in der Foundry Church verbracht, und er hatte auch Gottesdienste in St. John’s besucht. Jetzt wusste A. J., wo der Hase im Pfeffer lag. Die Pastoren waren nur Fingerübungen gewesen, eine Art Zielübung. Und dank Pastor Frick wusste A. J. auch, was alle Opfer gemeinsam hatten: Sie alle kannten Präsident Wallace persönlich.
Er stürmte aus der Kapelle und rannte in den langen Krankenhausflur, während er eine Nummer auf seinem Telefon eintippte. Es wurde Zeit, die großen Figuren auf dem Schachbrett zu bewegen.
A. J. lief durch den Gang und konzentrierte sich auf sein Telefon, deshalb achtete er nicht auf seine Umgebung. Daher sah er den einzelnenMann nicht, der sich im Geschenkladen des Krankenhauses herumdrückte.
Der Mann passte sehr gut in ein Krankenhaus. Er sah aus wie ein Angestellter oder ein Arzt, vor allem wegen des Ausweises, den er an sein Revers geklemmt hatte.
Es war zudem ein Ausweis von einem Krankenhaus: St. Elizabeths.
Dieser Mann trank Kaffee aus einer Tasse, die er mit beiden Händen hielt, und betrachtete A. J. Er registrierte die Tatsache, dass der Agent es eilig hatte, und die Art und Weise, wie er so eindringlich in sein Telefon flüsterte.
Also war der Secret Service mit von der Partie. Sie hatten das Muster erkannt. Und das Wichtigste war, sie kannten jetzt auch das letzte Ziel des Ritters: den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Das würde Nico nicht besonders gefallen.
50. KAPITEL
St. Elizabeths Hospital
Washington D. C.
»Apfel oder Orange, Jerome?«, rief Rupert fast eine Stunde später, als er den Saftkarren in das Zimmer des alten Mannes schob. Der hatte seit fast zwei Jahren nicht einmal auch nur Hallo gesagt, ganz zu schweigen davon, dass er die Frage Apfel oder Orange je beantwortet hätte. Heute war Jeromes erste Nacht in dem neuen Gebäude.
»Ich habe gehört, der Orangensaft wäre heute Nacht besser. Kein Fruchtfleisch, kein Eis«, fuhr Rupert fort.
Aber wie immer blickte Jerome nicht einmal hoch. Er starrte einfach nur auf den einzigen Teil der Zeitung, den er überhaupt las: die bunten Werbebeilagen.
»Schlaf gut, Jerome. Und«, sagte Rupert, »deine Schwester liebt dich.« Er hielt das Versprechen, das er Jeromes Familie gegeben hatte.
Natürlich hatte jede Familie besondere Wünsche, und Rupert konnte sie nicht alle erfüllen, nicht einmal den größten Teil davon. Aber in Ruperts Augen war es bei Schwestern etwas anderes.
Denn seine eigene Schwester hatte ihm geholfen, ihre harte Kindheit in Baltimore zu überstehen. Und bis zum heutigen Tag war seine Schwester der
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