Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)
er vielleicht noch perfekter, als wir gedacht haben«, erwidere ich. Ich muss nicht erklären, was ich meine. Totte weiß sehr genau, dass Präsident Garfield damals, vor all den Jahren, nicht an diesem Schuss hätte sterben müssen. Was ihn umgebracht hat, war die medizinische Unfähigkeit eines gewissen Dr. Willard Bliss, der seine nicht sterilisierten Finger in die Wunde steckte und dadurch eine Blutvergiftung verursachte. »Und noch etwas, Totte, war das nicht zufällig derselbe Dr. Bliss, der auch an Lincolns Totenbett gestanden hat? Ein außerordentlicher historischer Zufall.«
Totte antwortet nicht, als er in meine Straße einbiegt und vor meinem schmalen Reihenhaus hält. Er weiß, dass sich bei jedem gewaltsamen Tod eines Präsidenten Gerüchte bilden, irgendeine politische Gruppe hätte dahinter gesteckt.
Ich öffne die Wagentür, schnappe mir meine braune Ledertasche, trete in die Kälte hinaus und sehe dann zu Totte zurück. »Kann ich dir eine letzte Frage stellen?«
»Du willst wissen, wer jetzt den Culperring leitet.«
»Nein. Das heißt … Sicher, aber …«
»Du bist erst zwei Monate dabei, Beecher. Hab ein bisschen Geduld.«
»Das habe ich, aber …« Ich werfe einen Blick in den dunklen Himmel und blicke dann wieder in das Auto. »Sag mir eins, wenn ich an das denke, was du vorhin erzählt hast, darüber, wie agressiv der Culperring gewesen ist und wie dieser überaktive Kerl, der ihn geleitet hat, sie alle zur Strecke gebracht hat …« Ich starre Totte an, währendsein blindes Auge im Mondlicht schimmert. »Bist du wirklich sicher, Totte, dass der Culperring die Guten sind?«
Er grinst, und sein Merlinbart hebt sich dabei. »Beecher, ich würde nicht mitmachen, wenn wir nicht die Guten wären. Aber ich möchte noch etwas sagen. Wenn du dir mal die Geschichte ansiehst, weißt du, dass niemand immer nur der Gute sein kann.«
Er nimmt den Fuß von der Bremse und hofft, dass ich die Tür zuschlage. Aber ich halte sie fest und weigere mich, loszulassen. Bis vor zwei Monaten hatte ich bei der Arbeit einen ewigen Kalender aus Messing auf meinem Schreibtisch. Es war ein Kalender mit einer Papierrolle und einer eingebauten Uhr. Aber nach allem, was mit Clementine passiert ist, und nachdem Totte mich in den Culperring eingeladen hatte, sagte er, man müsse sich entscheiden. Entweder lebt man sein Leben nach der Uhr, oder man lebt es nach dem Kompass. Am nächsten Tag habe ich mir einen antiken Kompass mit Thermometer von Watkins & Hill aus dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts besorgt. Der steht heute auf meinem Schreibtisch.
»Nein, Totte. Wir müssen immer die Guten sein. Ich muss immer der Gute sein. Immer.«
Sein Bart rutscht noch höher. »Ich weiß, Beecher. Deshalb habe ich dich ausgesucht.«
Mit brummendem Motor verschwindet der Mustang die Straße hinauf.
Mein Verstand arbeitet ebenfalls auf Hochtouren, als ich nach meinen Schlüsseln suche und die Stufen zu meinem Reihenhaus hochgehe. Als ich bemerke, dass meine Vordertür bereits aufgesperrt ist, hört er abrupt damit auf.
Ich stoße die Tür vorsichtig an, und sie schwingt nach innen auf. Die Lampen in meinem Wohnzimmer sind angeschaltet. Und in meinem bequemen Clubsessel sitzt eine Frau mit kurzen blonden Locken.
Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, waren ihre Haare schwarz. Die silbernen Ringe auf Daumen und kleinen Fingern sind verschwunden. Ebenso wie das hübsche Holzarmband, das sie zu tragen pflegte.
Aber diese rotbraunen Augen kenne ich, seit ich zwölf Jahre alt war.
»Ich weiß, dass du mich am liebsten umbringen würdest«, sagt Clementine und hebt die Hände, als hoffte sie, mit mir Frieden zu schließen. »Bevor du etwas sagst, Beecher … Ich weiß, was mit deinem Vater passiert ist.«
49. KAPITEL
»Präsident Wallace war in Ihrer Kirche. Wollte er einen Rat von Ihnen?« A. J. stand in der Mitte der Krankenhauskapelle und machte jetzt einen Schritt auf den Rollstuhl des Pastors zu.
»Nein. Es war diese Nachweihnachtssache … Zu diesem Jahrestag, als Roosevelt Winston Churchill während des Krieges in die Kirche geführt hat. Jeder Präsident geht Weihnachten in die Kirche. Und deshalb ist auch Präsident Wallace …« Pastor Frick lehnte sich plötzlich nach hinten, und sein Gesicht wurde bleich.
»Stimmt etwas nicht, Sir?«
»An diesem Morgen, in meinem Büro, als der Angreifer von Blasphemie sprach … Glauben Sie, dass er auf den Weihnachtsbesuch des Präsidenten angespielt hat?«
»Ist
Weitere Kostenlose Bücher