Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)

Karo,Kreuz und Pik wurden in Frankreich im fünfzehnten Jahrhundert geschaffen, von einem Ritter namens Étienne de Vignolles.«
    »Ein Ritter?«, erkundigte sich Totte.
    »Es war nicht irgendein Ritter. Es war einer der berühmtesten Ritter Frankreichs. Ein Mann, der persönlich mit Johanna von Orléans geritten ist«, erklärte der Diamant, dem die Veränderung in Tottes Haltung auffiel. »Es war ein Ritter, der sowohl der Kirche als auch dem König diente. Und angeblich, ich will nicht sagen, dass ich das glaube, haben beide Seiten, Kirche und König, Vignolles ihre größten Geheimnisse anvertraut, um seine Loyalität auf die Probe zu stellen. Vignolles war der auserwählte Ritter. Als es also darum ging, die Karten zu schmücken, womit er ein bleibendes Vermächtnis hinterließ, suchte er sich seine Symbole sehr sorgfältig aus. Heutzutage werden die meisten Historiker Ihnen erklären, dass diese vier Farben die vier Klassen der mittelalterlichen Gesellschaft repräsentierten. Herz war das Zeichen der Kirche, Karo waren Pfeilspitzen und repräsentierten Vasallen und Bogenschützen, Kreuz waren Eheleute oder Bauern, und Pik waren die Spitzen von Lanzen. Aus diesem Grund repräsentierten sie die Ritter und weiter gefasst auch den König. Andere sagen, Vignolles hätte nur ein Spiel erfunden oder die Symbole verrieten, wo die Loyalität des Ritters wirklich lag. Aber es gibt einige wenige, die hartnäckig behaupten, dass Vignolles, als er gezwungen war, sich zwischen Kirche und König zu entscheiden, eine verborgene Botschaft in den Karten versteckte.«
    »Ich verstehe nicht … Eine Botschaft an wen?«
    »An seine Standesgenossen, die Ritter. An alle, denen er sein Geheimnis anvertraute.« Der Diamant räusperte sich. »Haben Sie jemals die Bildkarten in einem Spiel genau untersucht? Warum hält der Karokönig zum Beispiel eine Axt in den Händen, während alle anderen Schwerter haben? Warum werden nur der Herzbube, der Pikbube und der Karokönig im Profil dargestellt, während alle anderen im Porträt gezeigt werden?«
    »Wollen Sie mir weismachen, dass es sich dabei um eine geheime Botschaft handelt?«
    »Totte, gerade Sie müssen wissen, wie viel Informationen im Laufder Geschichte verloren gehen. Heute sind gedruckte Karten wie diese alltäglich. Aber es ist bei diesen Karten nicht anders als damals bei der Dollar-Note. Als sie entworfen wurde, beschloss jemand, eine Pyramide mit dem allsehenden Auge auf die Rückseite zu drucken. All diese Symbole wurden nicht willkürlich ausgesucht. Man hat sie wegen ihrer Bedeutung gewählt.«
    »Das bedeutet nicht, dass es geheime Botschaften in Spielkarten gibt.«
    »Sind Sie sich dessen so sicher? Dann sehen Sie sich die hier an«, fuhr der Diamant fort. Er kniete sich wieder vor die Schublade des Schranks und durchsuchte die losen Karten in dem Ordner. Schließlich zog er einen modern anmutenden Herzkönig heraus.

    »In so ziemlich jedem Kartenspiel auf der ganzen Welt haben alle Bildkarten, Buben, Damen und Könige, sie alle haben zwei Hände. Nur der Herzkönig hat vier. Und zwei dieser Hände erstechen ihn mit einem Schwert, sodass es aussieht, als würde er sich selbst erstechen. Daher stammt auch der Ausdruck Suicide King. Aber sehen Sie genau hin. Die Ärmel passen nicht. Er sticht sich nicht selber, begeht auch keinen Selbstmord. Er wird von jemand anderem erstochen. Jemand, der so gut versteckt ist, dass der König ihn nicht kommen sieht.«
    Totte hob die Karte dichter vor sein Gesicht und studierte das Bild.
    »Jetzt sehen Sie es, nicht wahr? Die Ärmel passen zu einer anderenKarte im Spiel«, fuhr der Diamant fort. Er wirkte aufgeregt. »Und zwar zu den Ärmeln der Pik Dame.«
    »Also tötet das Pik das Herz?«
    »Oder, wie Vignolles es in seinen Originalsymbolen entworfen hatte, die Ritter, und damit der König, töten die Kirche.«
    »Aber Sie sagten, die Dame …«
    »Vergessen Sie die Dame. In den ersten Kartenspielen gab es keine Damen. Frauen wurden nicht als Teil der Gesellschaft betrachtet. Selbst die Buben wurden erst Jahre später eingeführt. In Vignolles ursprünglichem Kartenspiel also und in den Spielen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, hieß es nicht König, Dame, Bube, s ondern es gab König, Ritter, Knappe. Das war die Warnung, die Vignolles auf den Weg gebracht hatte. Die wahren Mörder der Kirche waren die Ritter des Königs. Also musste eine neue Armee aufgestellt werden, wenn das größte Geheimnis der Kirche