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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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rasselte nicht, und es pochte kein einziger Huf –, dass Mumm unwillkürlich zur Seite sprang.
    Die schwarzen Pferde trugen schwarze Federn auf den Köpfen. Die Kutsche selbst war ganz offensichtlich ein Leichenwagen, und in den traditionellen langen Fenstern steckten jetzt geschwärzte Scheiben. Niemand saß auf dem Kutschbock; die Zügel waren einfach locker um das Messinggeländer geschlungen.
    Die Tür schwang auf. Eine verschleierte Gestalt beugte sich vor. »Euer Exzellenz? Darf ich dich zur Botschaft zurückbringen? Du wirkst sehr erschöpft.«
    »Nein, danke«, erwiderte Mumm grimmig.
    »Bitte entschuldige das ganze Schwarz«, sagte Lady Margolotta. »Ich fürchte, bei solchen Gelegenheiten erwartet man das…«
    Mit der Geschwindigkeit des Zorns schwang sich Mumm nach oben und in die Kabine.
    »Sag
du
mir, wie
irgendjemand
einen vertikalen Wasserfall hochschwimmen kann«, knurrte er und fuchtelte mit dem Zeigefinger unter Lady Margolottas Nase. »In Hinsicht auf den Mistkerl hätte ich praktisch
alles
geglaubt, aber selbst er hätte das nicht fertig bringen können.«
    »Es ist zweifellos ein Rätsel«, erwiderte die Vampirin ruhig, als die kutscherlose Kutsche weiterrollte. »Vielleicht lautet die Erklärung ›übermenschliche Kräfte‹?«
    »Und jetzt lebt er nicht mehr, worüber sich auch die Vampire freuen, nicht wahr?«
    »Ich glaube, sein Ende ist ein Segen für das ganze Land.« Lady Margolotta lehnte sich zurück. Ihre Ratte mit der Schleife um den Hals lag auf einem rosaroten Kissen und beobachtete Mumm argwöhnisch. »Wolfgang war ein sadistischer Mörder, ein Irrer, der sogar seiner eigenen Familie Angst machte. Delfine – Entschuldigung, ich meine Angua – wird jetzt Ruhe finden. Ich habe sie immer für eine intelligente junge Dame gehalten. Sie hat eine gute Entscheidung getroffen, dieses Land zu verlassen. Die Dunkelheit ist dadurch etwas weniger Furcht erregend, die Welt ein etwas besserer Ort.«
    »Und ich habe dir Überwald gegeben?«, fragte Mumm.
    »Oh, mach dir nichts vor. Dieses Land ist nur ein kleiner Teil von Überwald. Und jetzt werden sich hier einige Dinge ändern. Du warst wie ein Hauch frischer Luft.«
    Lady Margolotta holte eine lange Spitze aus ihrer Handtasche und schob eine schwarze Zigarette hinein. Sie entzündete sich von selbst.
    »Wie du habe ich Trost in einem… anderen Laster gefunden«, fuhr sie fort. »Schwarzer Scopani. Der Tabak wird in völliger Finsternis angebaut. Du solltest ihn mal probieren. Man könnte Dächer damit abdichten. Soweit ich weiß, dreht Igor daraus Zigarren, indem er die Blätter zwischen seinen Oberschenkeln rollt.« Sie blies Rauch von sich. »Besser gesagt, zwischen irgendwelchen Oberschenkeln. Natürlich tut mir die Baronin Leid. Für einen Werwolf muss es sehr schwer sein, sich damit abzufinden, ein Ungeheuer großgezogen zu haben. Was den Baron betrifft… Gib ihm einen Knochen, und für die nächsten Stunden ist er zufrieden.« Eine weitere Rauchwolke. »Gib auf Angua Acht. Glückliche Familie ist kein sehr populäres Spiel bei den Untoten.«
    »Du hast ihm bei der Rückkehr geholfen! So wie auch mir!«
    »Oh, er wäre ohnehin zurückgekehrt, früher oder später. Irgendwann, wenn du ihn nicht erwartet hättest. Er wäre Anguas Fährte gefolgt, wohin auch immer sie führte. Es war besser, dass die Dinge heute endeten.« Lady Margolotta sah durch den Rauch und bedachte Mumm mit einem anerkennenden Blick. »Du kannst gut mit Zorn umgehen, Euer Gnaden. Du sparst ihn auf, bis du ihn brauchst.«
    »Du konntest nicht wissen, dass ich ihn besiegen würde. Du hast mich allein im Schnee zurückgelassen. Ich war nicht einmal bewaffnet!«
    »Havelock Vetinari hätte keinen Narren nach Überwald geschickt.« Noch mehr Rauch wogte in der Luft. »Zumindest keinen
dummen
Narren.«
    Mumm kniff die Augen zusammen. »Du bist ihm
begegnet,
nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Und du hast ihn all das gelehrt, was er weiß, stimmt’s?«
    Lady Margolotta blies Rauch durch die Nase und gab ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Wie bitte? Du glaubst,
ich
hätte ihn unterrichtet? Meine Güte… Wenn du dich fragst, welche Vorteile ich aus dieser Sache ziehe… Ich habe eine kleine Atempause bekommen. Ein wenig Einfluss. Politik ist interessanter als Blut, Euer Gnaden. Und sie macht viel mehr Spaß. Hüte dich vor den reformierten Vampiren, Herr – das Verlangen nach Blut ist nur ein Verlangen, und mit der notwendigen Sorgfalt kann es in andere Kanäle gelenkt werden.

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