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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Preis für das beste Schwanzwedeln zu gewinnen.«
    »Wann hat er zum letzten Mal geschlafen?«, fragte Angua und bahnte sich einen Weg durch das Rudel.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Gaspode. »Während der letzten Tage waren wir praktisch immer unterwegs.«
    »Kein Schlaf, kein Essen, keine angemessene Kleidung«, fauchte Angua. »Dummkopf!«
    Einige Wölfe in der Nähe von Gavin knurrten und jaulten. Gaspode hockte sich neben Karottes Kopf und beobachtete, wie Angua… stritt.
    Die reine Wolfssprache beherrschte er nicht, außerdem spielten Gebärden und Körpersprache dabei eine größere Rolle als bei Hunden. Aber man musste keine Intelligenzbestie sein, um zu erkennen, dass die Dinge nicht besonders gut liefen. Ganz deutlich spürte Gaspode, wie die Anspannung immer weiter stieg. Wenn jetzt irgendetwas schief ging, hatte ein kleiner Hund vermutlich keine größere Überlebenschance als ein Kessel aus Schokolade auf einem sehr heißen Herd.
    Das Jaulen und Knurren wurde lauter. Ein Wolf – Gaspode gab ihm in Gedanken den Namen »Schwierig« – war nicht zufrieden. Einige andere Wölfe teilten seinen Standpunkt, und einer von ihnen fletschte Angua gegenüber die Zähne.
    Dann stand Gavin auf. Er schüttelte Schnee aus dem Fell, sah sich lässig um und trat Schwierig entgegen.
    Gaspode fühlte, wie sich alle Haare an seinem Leib aufrichteten.
    Die anderen Wölfe wichen zurück. Gavin schenkte ihnen keine Beachtung. Als ihn nur noch ein Meter von Schwierig trennte, neigte er den Kopf zur Seite und fragte: »Hrurrrm?«
    Es klang fast freundlich. Doch tief in Gaspodes Innern erklang ein dumpfes Echo, das übersetzt lautete: Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Die eine ist leicht, sogar sehr leicht.
    Die andere möchtest du sicher nicht kennen lernen.
    Einige Sekunden hielt Schwierig Gavins Blick stand, dann senkte er den Kopf.
    Gavin knurrte etwas. Sechs Wölfe, angeführt von Angua, liefen zum Wald.
    Zwanzig Minuten später kehrten sie zurück. Angua war wieder Mensch – oder hatte zumindest menschliche
Gestalt,
korrigierte sich Gaspode –, und die Wölfe zogen einen großen Hundeschlitten.
    »Wir haben ihn von einem Mann im Dorf hinter dem nächsten Hügel geliehen«, sagte Angua, als der Schlitten neben Karotte anhielt.
    »Nett von ihm«, erwiderte Gaspode und beschloss, nicht nach Einzelheiten zu fragen. »Es erstaunt mich, angespannte Wölfe zu sehen.«
    »Nun, dies
war
der leichte Weg«, sagte Angua.
    Seltsam, dachte Gaspode, als er neben dem schlummernden Karotte im Schlitten lag. Er hatte so großes Interesse gezeigt, als Stromer über das Heulen sprach und erwähnte, damit ließen sich Nachrichten bis in die Berge übermitteln. Man könnte glatt Verdacht schöpfen und sich fragen, ob er
wusste,
dass Angua ihm helfen würde, wenn er in ernste Schwierigkeiten geriet. Hatte er sich wirklich ganz darauf verlassen?
    Gaspode blickte unter der Decke hervor. Schnee geriet ihm in die Augen. Neben dem Schlitten, nur einen knappen Meter entfernt, lief Gavin und schien im silbrigen Mondschein zu glühen. Hier bin ich, dachte Gaspode. Eingeklemmt zwischen Menschen auf der einen und Wölfen auf der anderen Seite. Es ist ein Hundeleben.
     
    So lasse ich mir das Leben gefallen, dachte der amtierende Hauptmann Colon. Es gab kaum mehr Papierkram zu erledigen, und mit viel Mühe war es ihm gelungen, den ganzen Rückstand aufzuarbeiten. Außerdem ging es nicht mehr annähernd so laut zu wie früher.
    Als Mumm die Stadtwache geleitet hatte – Fred Colon dachte diesen Namen jetzt, ohne ihm ein »Herr« oder »Kommandeur« voranzustellen –, waren im Wachhaus immer so viele Stimmen erklungen, dass man kaum sein eigenes Wort verstand. Wie konnte man angesichts eines so ineffizienten Systems hoffen, irgendetwas zu erledigen?
    Erneut zählte er die Zuckerwürfel. Neunundzwanzig. Zwei hatte er für seinen Tee gebraucht, was bedeutete, dass alles in Ordnung war. Die Strenge zahlte sich aus.
    Colon ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit, so dass er nach unten ins Büro sehen konnte. Es war erstaunlich, wie gut man die Burschen auf diese Weise überraschen konnte.
    Stille und Ordnung herrschten. Es lagen keine Gegenstände auf den Schreibtischen – nichts erinnerte an das frühere Chaos.
    Colon kehrte zu seinem eigenen Schreibtisch zurück und zählte die Zuckerwürfel. Siebenundzwanzig.
    Ah-ha! Jemand versuchte, ihn um den Verstand zu bringen. Nun, den Spieß konnte er auch umdrehen.
    Erneut zählte er die Zuckerwürfel.

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