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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Es waren sechsundzwanzig – und jemand klopfte an die Tür.
    Sie schwang nach innen auf, und Colon wirbelte um die eigene Achse. Boshafter Triumph glitzerte in seinen Augen.
    »Ah-ha! Einfach so hereinplatzen, wie? Oh…«
    Das »Oh« fügte Colon hinzu, als er sah, wer angeklopft hatte: Der Golem Obergefreiter Dorfl. Er war größer als die Tür und stark genug, um einen Troll in Stücke zu reißen. Von dieser Möglichkeit hatte er nie Gebrauch gemacht, weil er an bestimmten moralischen Grundsätzen festhielt. Wie dem auch sei: Selbst Colon schreckte davor zurück, mit jemandem zu streiten, der zwei rot glühende Löcher dort hatte, wo man die Augen vermutete. Gewöhnliche Golems taten Menschen nichts zu Leide, weil magische Worte in ihrem Kopf sie daran hinderten. Bei Dorfl fehlten diese Worte, doch er verzichtete trotzdem darauf, irgendjemandem ein Leid zuzufügen – er hielt so etwas einfach nicht für richtig. Diese Tatsache ließ genug Platz für den beunruhigenden Gedanken, dass er seine Meinung vielleicht änderte, wenn man ihn mit ausreichendem Nachdruck provozierte.
    Neben dem Golem stand Obergefreiter Schuh und salutierte zackig.
    »Wir sind gekommen, um die Soldzettel zu holen, Herr«, sagte er.
    »Die was?«
    »Die Soldzettel, Herr. Für den monatlichen Sold. Wir bringen sie zum Palast und kehren mit dem Sold zurück, Herr.«
    »Davon weiß ich überhaupt nichts!«
    »Ich habe sie gestern auf deinen Schreibtisch gelegt, Herr. Von Lord Vetinari unterschrieben, Herr.«
    Colon konnte das kurze Flackern in seinen Augen nicht verbergen. Inzwischen hatte sich im Kamin ziemlich viel Asche angesammelt.
    Schuh folgte dem Blick des amtierenden Hauptmanns.
    »Ich habe nichts dergleichen gesehen«, sagte Colon. Die Farbe wich aus seinem Gesicht wie aus einem abgelutschten Eis am Stiel.
    »Ich habe dir die Zettel ganz bestimmt auf den Schreibtisch gelegt«, fuhr Obergefreiter Schuh fort. »So etwas vergesse ich nicht, Herr. Ich erinnere mich deutlich daran, dass ich zum Obergefreiten Besuch sagte: ›Waschtopf, ich gehe jetzt und lege die…‹«
    »Hör mal, ich bin ein sehr beschäftigter Mann, wie du siehst!«, schnappte Colon. »Lass die Sache von einem Feldwebel in Ordnung bringen!«
    »Es gibt nur noch einen Feldwebel, Herr, und der heißt Feuerstein«, erwiderte Obergefreiter Schuh. »Er verbringt die ganze Zeit damit, umherzustapfen und die Leute zu fragen, was er tun soll. Wie dem auch sei,
Herr:
Es ist die Pflicht des vorgesetzten Offiziers, die Soldzettel zu unterschreiben und…«
    Colon stand auf, stützte die Fingerknöchel auf den Schreibtisch und beugte sich vor. »Ach, es ist meine
Pflicht,
wie? Ich
muss
irgendwelche Zettel unterschreiben? Was für eine Frechheit. Die meisten von euch können froh sein, dass ihnen jemand einen Job gibt! Zombies, Irre, Rasenschmuck und Felsen – solch ein Haufen seid ihr! Mir reicht’s jetzt endgültig mit euch!«
    Schuh wich ein wenig zurück, um nicht vom Speichelregen getroffen zu werden. »Ich fürchte, dann muss ich mich in dieser Sache an die Wächtergilde wenden, Herr.«
    »Die Wächtergilde? Ha! Und seit wann gibt es eine Wächtergilde?«
    »Keine Ahnung. Wie spät ist es jetzt?«, fragte Korporal Nobbs und schlenderte herein. »Es müssen mindestens zwei Stunden vergangen sein. Morgen, Hauptmann.«
    »Was machst du hier, Nobby?«
    »Für dich heißt es Herr Nobbs, Hauptmann. Und ich bin Präsident der Wächtergilde, wenn du’s genau wissen willst.«
    »So eine verdammte Gilde gibt es überhaupt nicht!«
    »Damit ist alles in Ordnung, Hauptmann. Beim Palast registriert und so. Und die Wächter hatten es erstaunlich eilig, Mitglied zu werden.« Er hob sein schmutziges Notizbuch hervor. »Ich möchte einige Dinge mit dir klären, wenn du ein wenig Zeit hast. Nun, ich spreche von
einigen
Dingen, aber…«
    »Das brauche ich mir nicht bieten zu lassen!«, donnerte Colon. Sein Gesicht glühte scharlachrot. »Das ist Hochverrat! Ihr seid alle gefeuert! Ihr…«
    »Wir streiken«, sagte Nobby ruhig.
    »Ihr könnt nicht streiken, während ich euch entlasse!«
    »Unsere Streikzentrale befindet sich im Hinterzimmer des
Eimers
in der Schimmerstraße«, sagte Nobby.
    »He, das ist meine Kneipe! Ich verbiete euch, in meiner Stammkneipe zu streiken!«
    »Du findest uns dort, wenn du mit Verhandlungen beginnen willst. Kommt, Brüder. Wir sind jetzt ganz offiziell im Ausstand.«
    Sie marschierten hinaus.
    »Kommt bloß nicht zurück!«, rief Colon ihnen nach.
     
    Bums

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