Der fünfte Elefant
den kleinen Rüpeln«, meinte Sybil. »Du hast es ihnen gezeigt.«
Mumm blickte nach draußen und bemerkte am Rand der Menge eine schwarze Kutsche mit dunklen Fenstern. In ihrem düsteren Innern zeichneten sich die Konturen einer Gestalt ab. Die verunsicherten Wächter sahen dorthin und schienen neue Anweisungen zu erwarten. Eine Hand winkte träge.
Mumm zählte stumm. Nach elf Sekunden erschien ein rennender Inigo neben der Kutsche und sprang aufs Trittbrett.
»Euer Gnaden, die Wächter handelten offenbar auf eigene Faust und werden bestraft…«
»Nein, das stimmt nicht«, widersprach Mumm. »Ich habe ihnen in die Augen gesehen. Jemand hat ihnen einen
Befehl
gegeben.«
»Dennoch wäre es in diplomatischer Hinsicht eine gute Idee, die Erklärung zu akzep…«
»Damit die armen Burschen an ihren Daumen aufgehängt werden?«, fragte Mumm. »Nein. Kehr zurück und teil demjenigen, der die Befehle erteilt, Folgendes mit: Meine Leute können sich frei in dieser Stadt bewegen, und dabei spielt es nicht die geringste Rolle, wer sie sind und welche Gestalt sie haben.«
»Ich glaube nicht, dass du das
verlangen
kannst, Herr…«
»Die Wächter trugen Waffen von Burlich-und-Starkimarm, Herr Schaumlöffel. In Ankh-Morpork hergestellt. Das gilt auch für die Soldaten am Tor. Handel, Herr Schaumlöffel. Darum geht es doch bei der Diplomatie, oder? Geh jetzt zurück und sprich mit der Person in der schwarzen Kutsche. Anschließend solltest du dir ein schnelles Pferd leihen, denn bis dahin haben wir sicher schon eine gute Strecke zurückgelegt.«
»Vielleicht könntest du warten…«
»Käme mir nicht in den Sinn.«
Die Kutsche befand sich bereits außerhalb der Stadttore, als Schaumlöffel erneut zu ihr aufschloss.
»Deine Forderungen werden erfüllt, Herr«, schnaufte er, und für eine Sekunde zeigte sich in seinem Gesicht so etwas wie Bewunderung.
»Gut. Sag Detritus, er soll die Kutsche erneut drehen.«
»Du lächelst, Sam«, sagte Sybil, als sich Mumm zurücklehnte.
»Ich habe gerade gedacht, dass ich mich an das diplomatische Leben gewöhnen könnte«, erwiderte Mumm.
»Es gibt da noch eine andere Sache«, sagte Inigo und stieg ein. »Sie betrifft ein… historisches Artefakt, das den Zwergen gehört. Nach einem Gerücht…«
»Wann wurde die Steinsemmel gestohlen?«
Inigos Mund blieb offen. Nach einigen Sekunden schloss er ihn und kniff die Augen zusammen.
»Woher in aller
Welt
weißt du davon, Euer Gnaden? Mmph?«
»Ich habe es am Kribbeln in meinen Daumen gemerkt«, antwortete Mumm mit ausdrucksloser Miene. »Ich habe sehr seltsame Daumen.«
»Tatsächlich?«
»Oh, ja.«
Hunde hatten ein viel leichteres Sexleben als Menschen, fand Gaspode. Darüber konnte er sich freuen, wenn es ihm jemals gelang, eins zu bekommen.
Hier würden sich derartige Hoffnungen bestimmt nicht erfüllen, so viel stand fest. Die Wölfinnen schnappten nach ihm, wenn er ihnen zu nahe kam, und das waren nicht nur Warnungen. Er musste sehr vorsichtig sein.
Einer der seltsamsten Aspekte des menschlichen Sex bestand darin, dass er auch dann eine große Rolle spielte, wenn die Leute voll angezogen waren und sich an einem Feuer gegenübersaßen. Der Sex kam in dem zum Ausdruck, was die betreffenden Personen sagten und worüber sie schwiegen, wie sie sich ansahen und wann sie den Blick abwandten.
Im Verlauf der Nacht hatten die Rudel gewechselt. Die Berge waren jetzt höher, der Schnee frischer. Die meisten Wölfe wahrten einen gewissen Abstand zu dem Feuer, das Karotte angezündet hatte. Sie hielten sich fern genug, um zu betonen, dass sie sehr stolze und wilde Geschöpfe waren, die so etwas nicht nötig hatten. Gleichzeitig blieben sie den Flammen nahe genug, um ihre Wärme zu spüren.
Gavin saß abseits der anderen. Sein aufmerksamer Blick wanderte zwischen Angua und Karotte hin und her.
»Gavins Verwandte
hassen
meine Familie«, sagte Angua. »Ich habe bereits betont, dass die Wölfe immer leiden, wenn Werwölfe zu mächtig werden. Werwölfe können Jägern leichter entkommen. Deshalb sind Wölfen Vampire lieber. Vampire lassen sie in Ruhe. Manchmal machen Werwölfe auf Wölfe
Jagd
.«
»Das wundert mich«, erwiderte Karotte.
Angua zuckte mit den Schultern. »Warum? Sie jagen auch Menschen. Wir sind keine netten Leute, Karotte. Ganz im Gegenteil: Wir sind schrecklich. Doch mein Bruder Wolfgang ist etwas
Beso
n
deres.
Vater hat Angst vor ihm, und Mutter ebenfalls, obwohl sie es nicht zugibt. Aber sie glaubt, er gibt dem
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