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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die Wände um sie herum knirschten und ächzten. Dann rasselte es, und nach einem kurzen Gefühl der Schwere kam der Raum zur Ruhe.
    »Wohin wir auch unterwegs sind: Haltet die Augen offen«, sagte Mumm. »Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu, das spüre ich ganz deutlich.«
    Die Tür öffnete sich wieder. Mumms Blick offenbarte sich ein unterirdischer Nachthimmel. Sterne leuchteten um ihn herum und auch weiter unten…
    »Ich glaube, wir sind zu weit in die Tiefe vorgestoßen«, sagte er. Dann verarbeitete sein Gehirn die von den Augen übermittelten Informationen. Das bewegliche Zimmer hatte sie zur einen Seite einer riesigen Höhle gebracht. Er sah den Schein zahlloser Kerzen, die auf dem Boden der Kaverne einen Lichterteppich bildeten und auch in zahlreichen Galerien brannten. Als Mumm eine Vorstellung von den Ausmaßen gewonnen hatte, wurde ihm klar, dass sich viele der Kerzen bewegten.
    Die Luft war erfüllt von dem Geräusch tausender Stimmen, die gleich mehrere Echos warfen. Manchmal war ein einzelner Ruf oder ein Lachen erkennbar, doch abgesehen davon fühlte sich Mumm wie in einem endlosen akustischen Meer, das ans Ufer seiner Trommelfelle brandete.
    »Ich dachte immer, dein Volk lebt in kleinen Höhlen«, sagte er.
    »Und
ich
dachte, Menschen wohnen in kleinen Dörfern, Herr«, erwiderte Grinsi. Sie nahm eine Kerze aus dem großen Gestell neben der Tür und zündete sie an. »Und dann sah ich Ankh-Morpork.«
    Die Bewegungen der Lichter ergaben ein erkennbares Muster. Eine große Anzahl von ihnen strebte einer unsichtbaren Wand entgegen, wo sich in der Dunkelheit die Konturen einer Tunnelöffnung abzeichneten. Davor bildeten Lichter eine Reihe.
    Mumm stellte sich Leute vor, die etwas erreichen wollten, das eine Reihe anderer Leute… bewachte.
    »Die Zwerge dort unten sind nicht sehr glücklich«, sagte Mumm. »Sie scheinen eine aufgebrachte Menge zu bilden. Das sieht man daran, wie sie sich bewegen.«
    »Kommandeur Mumm?«
    Er drehte sich um und bemerkte mehrere Zwerge in der Düsternis. Jeder von ihnen hatte eine Kerze an seinem Helm befestigt, und vor ihnen stand ein weiterer Zwerg.
    Mumm hatte solche Zwerge in Ankh-Morpork gesehen, aber immer nur kurz – sie schienen ständig bestrebt zu sein, sich im Dunkeln zu verbergen. Dies war ein
Tiefenzwerg.
    Sein Mantel bestand aus sich schuppenartig überlappenden Lederteilen. Den Kopf zierte nicht der kleine runde Eisenhelm, von dem Mumm immer geglaubt hatte, dass Zwerge mit ihm zur Welt kamen, sondern ein spitz zulaufender Helm, der ebenfalls mit Lederklappen ausgestattet war. Die ganz vorn war nach oben gewölbt und festgebunden, damit der Zwerg die Welt sehen konnte, zumindest den unterirdischen Teil von ihr. Sein Erscheinungsbild entsprach dem eines wandelnden Kegels.
    »Äh, ja, das bin ich«, sagte Mumm.
    »Willkommen in Schmalzberg, Euer Exzellenz. Ich bin des Königs
Jar’ahk’haga,
was in deiner Sprache so viel bedeutet wie…«
    Mumms Lippen hatten sich schnell bewegt, als er zu übersetzen versuchte.
    »Ideenschmecker?«, fragte er.
    »Ha! So könnte man es auch ausdrücken, ja. Ich heiße Dee. Wenn du mir bitte folgen würdest… Es dauert nicht lange.«
    Die Gestalten schritten fort. Ein Zwerg gab Mumm mit einem sanften Stoß zu verstehen, dass er ihnen folgen sollte.
    Die Geräusche von tief unten wurden lauter. Jemand schrie etwas.
    »Gibt es ein Problem?«, fragte Mumm und schloss zu dem schnell gehenden Dee auf.
    »Wir haben keine Probleme.«
    Ah, er hat bereits gelogen, dachte Mumm. Wir sind diplomatisch.
    Er folgte Dee durch mehrere Höhlen beziehungsweise Tunnel – der Unterschied ließ sich kaum feststellen, denn in der Dunkelheit konnte sich Mumm nur auf sein Gefühl verlassen. Gelegentlich kamen sie am beleuchteten Eingang einer weiteren Höhle oder eines weiteren Tunnels vorbei, wo immer Wächter mit Kerzen auf den Helmen standen.
    Mumms gut funktionierendes Polizistenradar piepte unaufhörlich. Irgendetwas ging hier vor. Er spürte die Anspannung, nahm den Geruch stiller Panik wahr – wie Qualm hing er in der Luft. Ab und zu eilten andere Zwerge vorbei, geistesabwesend und mit irgendeiner Aufgabe betraut. Ja, etwas bahnte sich an. Die Leute wussten nicht, was sie als Nächstes tun sollten, und deshalb versuchten sie, alles gleichzeitig zu erledigen. Und mitten in diesem Durcheinander mussten Personen, die große Verantwortung trugen, ihre Arbeit unterbrechen, weil ihnen irgendein Idiot aus einer fernen Stadt Papiere

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