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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zum Königsmörder wurde.«
    Das musste ja kommen, dachte Mumm. »Ja, Steingesicht Mumm«, sagte er so ruhig wie möglich. »Ich habe die Vorwürfe gegen ihn immer für ein wenig unfair gehalten. Immerhin war es nur ein König. Ich meine, er machte kein
Hobby
daraus.«
    »Aber du hältst nicht viel von Königen«, sagte der Zwerg.
    »Ich begegne nur selten welchen«, erwiderte Mumm und hoffte, dass dies eine diplomatische Antwort war. Der König schien sich damit zufrieden zu geben.
    »Ich habe Ankh-Morpork einmal besucht, als ich ein junger Zwerg war«, sagte er und ging zu einem langen Tisch, auf dem sich Schriftrollen stapelten.
    »Äh, tatsächlich?«
    »Rasenschmuck – so hat man mich dort genannt. Und außerdem – wie hieß das Wort noch? – Pimpf. Einige Kinder warfen Steine nach mir.«
    »Tut mir Leid.«
    »Du willst mich vielleicht darauf hinweisen, dass so etwas heute nicht mehr geschieht.«
    »Es geschieht nicht mehr so oft. Aber es gibt immer Idioten, die nicht mit der Zeit gehen.«
    Der König bedachte Mumm mit einem durchdringenden Blick. »Ach? Die Zeit… Jetzt ist es immer die Ankh-Morpork-Zeit, nicht wahr?«
    »Wie bitte?«
    »Wenn die Leute sagen: ›Wir müssen mit der Zeit gehen‹, so meinen sie in Wirklichkeit: ›Ihr müsst euch uns anpassen.‹ Es
gibt
Stimmen, die behaupten, Ankh-Morpork sei eine Art Vampir. Die Stadt beißt, und durch ihren Biss wird man so wie sie. Und sie saugt. Unsere besten Kräfte gehen nach Ankh-Morpork, um dort in erbärmlichen Verhältnissen zu leben. Wir trocknen hier langsam aus.«
    Mumm wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Eins stand fest: Die kleine, jetzt am Tisch sitzende Gestalt war wesentlich intelligenter als er, wenn auch vor allem deshalb, weil seine eigene Intelligenz momentan nicht heller strahlte als eine Ein-Cent-Kerze. Ihm fiel auch auf, dass der König schon seit einer ganzen Weile nicht mehr geschlafen hatte.
    Mumm beschloss, ehrlich zu sein.
    »Darauf kann ich keine Antwort geben, Herr«, sagte er und griff zu einer Variante seiner So-spreche-ich-mit-Vetinari-Methode. »Aber…«
    »Ja?«
    »Ich würde mich fragen… Ich meine, wenn ich König wäre… dann würde ich mich fragen, warum die Zwerge lieber in erbärmlichen Verhältnissen in Ankh-Morpork leben, als daheim zu bleiben… Herr.«
    »Ah. Sagst du mir jetzt, wie ich denken soll?«
    »Nein, Herr. Ich sage dir nur, wie ich denke. Überall in Ankh-Morpork gibt es Zwergenkneipen, und dort hängen Bergbauinstrumente an den Wänden, und jeden Abend trinken dort Zwerge Bier und singen traurige Lieder darüber, wie gern sie in den Bergen Gold schürfen würden. Aber wenn man ihnen dann sagt ›In Ordnung, das Stadttor steht weit offen, geht nur und schickt gelegentlich eine Postkarte‹, so heißt es: ›Oh, ja, am liebsten würde ich sofort aufbrechen, aber wir haben gerade die neue Werkstatt eingerichtet. Vielleicht ziehen wir im
nächsten
Jahr nach Überwald.‹«
    »Sie kehren in die Berge zurück, um zu sterben«, sagte der König.
    »Sie
leben
in Ankh-Morpork.«
    »Welchen Grund gibt es dafür, deiner Meinung nach?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht hat ihnen niemand erklärt, wie man hier lebt.«
    »Und jetzt wollt ihr unser Gold und Eisen«, sagte der König. »Können wir denn
nichts
behalten?«
    »Auch darauf weiß ich leider keine Antwort, Herr. Ich bin nicht für diesen Job ausgebildet.«
    Der König brummte etwas, und ein ganzes Stück lauter sagte er: »Ich kann dir keine Begünstigungen anbieten, Euer Exzellenz. Dies sind schwierige Zeiten.«
    »Meine eigentliche Aufgabe besteht darin, Dinge herauszufinden«, sagte Mumm. »Wenn ich irgendwie helfen kann…«
    Der König gab die Papiere zurück. »Deine Beglaubigungsschreiben, Euer Exzellenz. Ihr Inhalt ist zur Kenntnis genommen!«
    Und damit ist mir der Mund gestopft, dachte Mumm.
    »Ich möchte dir noch eine Frage stellen«, fuhr der König fort.
    »Ja, Herr?«
    »Waren es
wirklich
dreißig Männer und ein Hund?«
    »Nein. Es waren nur sieben Männer. Einen von ihnen habe ich getötet, weil mir keine Wahl blieb.«
    »Wie starben die anderen?«
    »Äh, sie fielen den Umständen zum Opfer, Herr.«
    »Na schön. Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Guten Morgen, Fräulein Kleinpo.«
    Grinsi wirkte verblüfft.
    Der König bedachte sie mit einem kurzen Lächeln. »Ah, die Rechte des Individuums, eine berühmte Erfindung aus Ankh-Morpork – so heißt es jedenfalls. Danke, Dee, Seine Exzellenz möchte jetzt gehen. Du

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